Samstag, 16. November 2024

Rezension: Herzklopfen im Handgepäck von Sarah Saxx

 


Rezension von Ingrid Eßer

Titel: Herzklopfen im Handgepäck
Eine Adventsromance zum Aufreißen in 24 Teilen
Autorin: Sarah Saxx
Erscheinungsdatum: 30.08.20204
rezensierte Buchausgabe: Hardcover
ISBN: 9783629010612
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Das Buch „Herzklopfen im Handgepäck“ von der Österreicherin Sarah Saxx ist ein Adventskalender mit einer Erzählung in Romanform, die auf 24 Tage aufgeteilt ist. Das Cover sorgt beim Betrachten dafür, dass man wünscht, eine weiße Weihnacht in den Bergen zu erleben. Der Titel glitzert festlich in erhabenen Buchstaben. Das Buch ist gefüllt mit ansprechenden bunten Illustrationen, die zur Geschichte passen. Vom Auto, welches vor einer Schneelandschaft ins Bild fährt, sieht man über die Tage hinweg immer mehr. Wie bei einem Daumenkino ergibt sich daraus eine eigene kleine Story. Verschiedene Rezepte zu Getränken und Gerichten, die im Buch eine Rolle spielen, finden sich ebenfalls zwischen den Kapiteln. Außerdem gibt es die Idee zu einem Spiel im größeren Kreis.

Der Roman enthüllt sich Tag für Tag erst nach dem Aufreißen oder -schneiden der perforierten Seiten, das geht auch mit einem Finger ganz gut. Meist sind es zwei Doppelseiten, die es täglich zum Lesen gibt. Gleich zu Beginn ist eine Playlist aufgeführt, die beim Hören für eine romantische Stimmung sorgt. Neben Merle als Protagonistin gibt es auch noch Lucas als Hauptfigur, die beide in der Ich-Form erzählen. Wer gerade an der Reihe ist, erfährt man am unteren Rand des jeweiligen Kalenderblatts.

Die in München lebende Merle und ihre drei Freundinnen Lia, Steffy und Viola haben schon vor einiger Zeit geplant, kurz vor dem Weihnachtsfest in die österreichischen Alpen zu fahren und dort in einer Berghütte die Festtage zu verbringen. Auch Steffys Bruder Jonas, Violas Freund Finn und Henry, ein Freund der jungen Männer, sind mit dabei. Erst vor Ort erfährt Merle, dass Jonas ebenfalls Lucas eingeladen hat. Vor ein paar Monaten ist Merle durch ihn in eine Situation gekommen, die sie beschämt hat. Daher stellt sie sich ihm gegenüber nun stur, ein Verhalten, dass Lucas nicht verstehen kann.

Im Laufe der nächsten Tage verfolgte ich ungeduldig, ob Merle Lucas gegenüber weiterhin unnahbar bleibt. Ihr Verhalten warf bei mir mehrere Fragen auf. Ob die beiden sich wieder annähern würden? Ob aus der Sympathie zu Henry oder Jonas mehr als Freundschaft werden könnte? Das Miteinander der Freunde und Freundinnen wirkt realistisch. Ihre Handlungen und Gefühle lassen sich leicht nachvollziehen. Obwohl Merle zunächst ablehnend auf Lucas reagiert, verläuft die Geschichte im friedvollen weihnachtlichen Sinne, auch weil die Charaktere sich respektvoll verhalten.

„Herzklopfen im Handgepäck“ von Sarah Saxx verbreitet als buchiger Adventskalender eine romantische Atmosphäre zur Weihnachtszeit mit einer Enemies-to-lover-Geschichte, die begleitet wird von schönen Illustrationen und Rezepten. Ich habe das Buch gerne genutzt und mich über die angenehme Lesezeit gefreut. 

Rezension: Tage einer Hexe von Genoveva Dimova


 Tage einer Hexe
Autorin: Genoveva Dimova
Übersetzer:innen: Andrea Wandel und Wieland Freund
Hardcover: 464 Seiten
Erschienen am 19. Oktober 2024

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Das neue Jahr steht kurz bevor, und die Hexe Kosara vertreibt sich die Zeit beim Kartenspielen in der einzigen geöffneten Schenke von Chernograd. Ein Fremder sitzt mit am Tisch, der sie überreden will, um ihren Hexenschatten zu spielen. Doch ohne ihren Schatten verliert eine Hexe ihre Magie und verschwindet allmählich – ein zu hoher Preis für Kosara. Dann schlägt es Mitternacht, und für die nächsten zwölf Tage werden die Monster durch die Stadt ziehen, unter ihnen auch der Zmey, der Zar aller Monster. Er hat noch eine Rechnung mit Kosara offen. Sie gerät in Bedrängnis und tauscht ihren Schatten gegen die Sicherheit von Belograd, der Stadt hinter der die Monster abwehrenden Mauer – mit dem Plan, ihn sich schnellstmöglich zurückzuholen. Doch das gestaltet sich schwieriger als gedacht…

Eine Hexenfantasy, die sich an slawischer Mythologie bedient – das klang nach einem Roman ganz nach meinem Geschmack. Das Buch startet temporeich und spannend mit dem Beginn eines neuen Jahres und damit der Zeit der Schmutzigen Tage. Das bedeutet, dass zwölf Tage lang Monster wie Upire (Untote), Ruskalas (Geister von Untoten) und Rubas (monströse Vögel) ihr Unwesen in der Stadt treiben. Als Hexe ist Kosara gut gerüstet, ihre Schutzkreise können die Monster abwehren. Sie fürchtet sich lediglich vor dem Zmey, dem Zar der Monster. Die gemeinsame Geschichte der beiden wird zunächst nur angedeutet und ich war neugierig, mehr darüber zu erfahren.

Schon nach wenigen Seiten findet sich Kosara ohne Schatten auf der anderen, monsterfreien Seite der Mauer wieder. Es dauert jedoch nicht lang, da möchte sie am liebsten gleich wieder zurück und gegen den Zmey vorgehen. Vor diesem Hintergrund fand ich die Entscheidung, ihren Schatten herzugeben, sehr überstürzt und irrational – das ist aber auch die einzige Kritik, die ich an der Geschichte habe und schließlich müssen die Ereignisse irgendwie in Gang kommen. Was folgt ist eine aufregende Spurensuche, bei der ich immer wieder von Charakteren überrascht wurde und actionreiche Monsterkämpfe miterleben durfte. Besonders gut gefallen hat mir Kosaras ungewöhnliches Bündnis mit Asen, einem Polizisten aus Belograd, der offensichtlich etwas verheimlicht und seine ganz eigene Agenda verfolgt. Ich wurde von diesem Roman bestens unterhalten und vergebe daher eine große Leseempfehlung an alle Fans des Genres!

Donnerstag, 14. November 2024

Rezension: Spellshop von Sarah Beth Durst

 


Rezension von Ingrid Eßer

Titel: Spellshop - Vom Zauber der kleinen Dinge
Autorin: Sarah Beth Durst
Übersetzerin aus dem Amerikanischen Englisch: Aimée de Bruyn Ouboter
Erscheinungsdatum: 25.09.2024
Verlag: Fischer Tor (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag
ISBN: 9783596710942
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Ein gemütlich aussehendes Häuschen mit altem Baumbestand und eine fliegende Katze auf einer endlos erscheinenden Treppe: das Cover des Buchs „Spellshop“ von der US-Amerikanerin Sarah Beth Durst ist einnehmend. Doch nicht nur der Auftritt nach außen hin ist magisch, sondern ebenfalls die Geschichte. Zurecht lautet der Untertitel „Vom Zauber der kleinen Dinge“. Beim Lesen des Titels fragte ich mich als Leserin unwillkürlich, welche Zauber in dem süßen Haus wohl angeboten würden und welche Person diese verkauft. Ob er, sie oder es selbst Magie anwendet und Gutes oder Böses im Sinn hat? Ich würde es bald erfahren.

Der Roman beginnt zunächst in Alyssium, der Hauptstadt des Inselreichs. Dort ist die blauhaarige Protagonistin Kiela Orobidan seit zehn Jahren in der Abteilung Natur der Bibliothek angestellt, wo es ihr möglich ist, zurückgezogen ihrer Arbeit nachzugehen und zu leben. Als im Land eine Revolution ausbricht und die Bibliothek in Flammen aufgeht, gelingt es ihr, einige Kisten mit Zauberbüchern, die sonst nur die Elite der Gesellschaft einsehen darf, zu retten. Mit einem Schiff flieht sie zur Insel Caltrey, auf der sie bis zum zehnten Lebensjahr aufgewachsen ist. An ihrer Seite ist das menschlich agierende Spinnenkraut Caz, das aus einem missglückten Zauberspruch hervorgegangen ist. Auf Caltrey werden die beiden freundlich empfangen und ziehen in das Cottage, das einmal Kielas verstorbenen Eltern gehört hat.

Die Protagonistin bleibt am Anfang den Inselbewohnern gegenüber misstrauisch. Sie hat Angst vor Strafe, welche deutlich spürbar ist, denn sie hat die Zauberbücher eigenmächtig mitgenommen. Bereits kurz nach ihrer Ankunft bemerkt sie, dass Flora und Fauna auf der Insel geschädigt sind, wodurch es den Einwohnern deutlich schlechter geht als früher, weil sich damals die Magie auf den Inseln besser verteilt hat. Spannung in der Geschichte entsteht dadurch, dass Kiela gerne helfen möchte. Zaubern ist streng verboten und ihr ist bewusst, wie schwierig es ist, aber sie würde es sich zutrauen. Sie zerbricht sich den Kopf darüber, auf welche Weise es ihr gelingen könnte, unentdeckt hilfreiche Sprüche anzuwenden. Aber nicht nur das lässt sie zögern, sondern auch die Folgen von fehlerhaftem Zaubern. Sie ist hin und hergerissen.

Der Charme der Erzählung ergibt sich aus dem liebevollen Zusammenspiel der Figuren. Kiela entwickelt sich in Folge ihrer Erfahrungen, die sie auf der Insel sammelt, stetig weiter. Ein gutaussehender, früherer Nachbarssohn beeindruckt Kiela mit seiner ruhigen, vor allem zu Beginn manchmal unbeholfenen, aber tatkräftigen Weise. Die ungewöhnlich aussehende Bäckerin und zwei ihrer Kundinnen haben eine herzliche und offene Art. Jedoch zeigt sich, dass jede Figur in ihrer Vergangenheit ihr Päckchen zu tragen hatte. Obwohl die Protagonistin weiterhin zurückgezogen leben wollte, kommt ihre Gesinnung diesbezüglich aufgrund der Freundlichkeit ihrer Mitmenschen ins Wanken. Natürlich gibt es auch unzufriedene und argwöhnische Personen. Anhand des Umgangs mit ihnen, erlebt Kiela ein Wohlgefühl, das durch Zusammenhalt entsteht. Seepferde, Wolkenbären und andere Ungewöhnlichkeiten sind abwechslungsreich und sorgen für einige Wendungen.

Sarah Beth Durst sorgt mit ihrem ruhig erzählten Fantasyroman „Spellshop“ für behagliche Lesestunden mit einzigartigen, liebenswerten ProtagonistInnen. Gerne vergebe ich eine Empfehlung an Lesende des Genres.

Sonntag, 10. November 2024

Rezension: Im Nordlicht von Miriam Georg

 


Rezension von Ingrid Eßer

Titel: Im Nordlicht (Band 2 von 2 der Nordwind-Saga)
Autorin: Miriam Georg
Erscheinungsdatum: 15.10.2024
Verlag: rororo (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Taschenbuch mit Klappen
ISBN: 9783499012303
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Im zweiten Band der „Nordwind-Saga“ von Miriam Georg, der „Im Nordlicht“ betitelt ist, weicht die Darstellung des Schicksals der Protagonistin Alice in ihren jungen Jahren ein wenig vor dem dramatischen Geschehen in der Familie von John Reeven, dem weiteren Protagonisten des Romans, zurück. Immer noch sucht Alice nach ihrer Tochter Rosa, versieht aber weiterhin ihren Dienst im Haus der Villa der Reevens, um vor der anstehenden Gerichtsverhandlung eine gute Reputation vorweisen zu können. Für Alice ist es eine emotionale Herausforderung an ihrer Arbeitsstätte ständig auf John zu treffen, den sie liebt, von dem sie aber weiß, dass er seine Verlobte Evelyn heiraten wird. Sie ist sich bewusst, dass ihre Liebe nicht sein darf, weil sie in eine andere Gesellschaftsschicht hineingeboren wurde. John und sie bemühen sich um einen respektvollen Umgang miteinander und darum, ihre Gefühle im Beisein von anderen zu unterdrücken.

Von Beginn des Buchs an, ergeben sich in Fortsetzung des ersten Bands einige Fragen, die eine hintergründige Spannung aufkommen lassen, wie beispielsweise, ob es der Schwester von John besser gelingt als Alice, sich gegen ihren Ehemann gegen Übergriffen zur Wehr zu setzen. Des Weiteren ist offen, ob es Johns Bruder Julius gelingt, seine Ehe mit Marlies zu retten, die sich ihm gegenüber gefühlskalt gibt. Letztlich schließt sich für mich als Leserin auch die Lücke, die im Lebenslauf von Alice noch offen ist. Außerdem gibt es Neuigkeiten zum entlassenen Dienstmädchen Sala. Um die gesamten Verwicklungen richtig einordnen zu können, sollte man meines Erachtens nach den ersten Teil der Serie gelesen haben.

Miriam Georg gelingt es mit Feingefühl dem Lesenden die Beweggründe ihrer Figuren für ihr Handeln offenzulegen. Während sich die Tragik im ersten Teil hauptsächlich durch die Schilderung der Kindheit und Jugend von Alice ergab, muss diesmal die gut betuchte Bankiersfamilie Reeven mehrere Schicksalsschläge einstecken, wodurch sich zeigt, dass Glück nicht mit Geld zu kaufen ist. Insgesamt ist die Stimmung im gesamten Roman recht bedrückend. Dank guter Recherche basieren die Beschreibungen der Autorin auf vergleichbaren Geschehnissen, gegebenen Konventionen und geltenden Gesetzen. Sie lotet die Möglichkeiten aus, die Frauen in der damaligen Zeit besaßen, um eine gleichberechtigte Ehe zu führen.

In ihrem Roman „Im Nordlicht“, der bis auf die Rückblicke in die Vergangenheit von Alice vor Kriegsbeginn im Jahr 1914 spielt, lässt Miriam Georg noch einmal die Gegensätzlichkeiten der Gesellschaftsschichten in Hamburg, aber auch die Unterschiede in der Gesetzgebung für Mann und Frau deutlich werden. Die vielen tragischen Begebenheiten sind ergreifend. Die Cliffhanger aus dem ersten Band werden bis zum Ende hin weitgehend geklärt. Der Schluss ermöglicht eine Fortsetzung der Dilogie. Gerne vergebe ich eine Leseempfehlung.

Mittwoch, 6. November 2024

Rezension: Gegenspieler - Bischoff und Pirlo ermitteln von Arno Strobel und Ingo Bott


 

Rezension von Ingrid Eßer

Titel: Gegenspieler - Bischoff und Pirlo ermitteln
Autoren: Arno Strobel und Ingo Bott
Erscheinungsdatum: 16.10.2024
rezensierte Buchausgabe: Klappenbroschur
ISBN: 9783596710485

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Wenn der derzeitige Fallanalytiker Max Bischoff aus der Reihe „Mörderfinder“ von Thrillerautor Arno Strobel und die Strafverteidiger Dr. Anton Pirlo und Sophie Mahler aus der Serie „Pirlo“ von Schriftsteller und Strafverteidiger Dr. Ingo Bott gemeinsam ermitteln, dann wird hieraus der Kriminalfall „Gegenspieler – Bischoff und Pirlo ermitteln“. Handlungsort ist selbstverständlich Düsseldorf, denn dort spielen auch beide Serien.

Max Bischoff hat in der Pirlo-Reihe bereits Erwähnung gefunden. Dieses Mal wird Bischoff von Sophies Vater beauftragt, der seine Tochter bittet, mit diesem zusammenzuarbeiten. Sophies Vater ist einer der Partner der Düsseldorfer Kanzlei Müller & Mahler mit Sitz an der Königsallee. Zum großen Entsetzen aller, wird Karl Müller, ebenfalls Partner der Kanzlei und Patenonkel von Sophie, tot in seinem Auto aufgefunden. Die Polizei geht davon aus, dass er sich umgebracht hat, denn in wenigen Tagen hätte er vor Gericht in Sachen umstrittener Steuersparmodellen aussagen sollen. Von den Kanzleiangehörigen glaubt so recht niemand, dass er Selbstmord begangen hat. Das Blatt wendet sich, als ein weiteres Mitglied der Kanzlei ermordet wird. Jedoch gerät schließlich Sophies Vater unter Verdacht und Pirlo benötigt gute Gründe, um ihn vor Gericht verteidigen zu können.

Wer sowohl die Bücher der „Mörderfinder“-Serie als auch die der „Pirlo“-Reihe kennt wie ich, wird in der Geschichte Stilelemente aus beidem wiederfinden. Bischoff versetzt sich gerne in den Kopf des Mörders und versucht auf diese Weise, die Gedanken des Täters nachzuvollziehen, warum und wie dieser ein Verbrechen begangen hat. Das ist auch im vorliegenden Fall so, aber Bischoff hat es diesmal nicht einfach, weil er kaum Ansatzpunkte findet. Horst Böhmer, sein früherer Kollege beim Mordkommissariat, von dem er bisher immer wieder gute Tipps erhalten hat, schweigt zu den polizeilichen Erkenntnissen. Erst spät zieht Bischoff den Psychologen Marvin Wagner hinzu, mit dem er bald die Privatdetektei WaBi Investigations eröffnen wird (Mörderfinder – Das Muster des Bösen, ET 02/2025).

Sophie Mahler nimmt in „Gegenspieler“ eine größere Rolle ein als ihr Kanzleipartner Pirlo, denn sie ist persönlich betroffen. Nicht nur, dass ihr Patenonkel verstorben ist und ihr Vater unter einen gewissen Verdacht gerät, sondern auch weil ihre Mutter unter äußerster Anspannung steht und noch mehr Alkohol trinkt als bisher. Der Fall konzentriert sich im Privaten auf Sophies Familie, so dass die Brüder von Pirlo und seine Kontakte zu diversen Clans nur eine nebensächliche Rolle spielen. Pirlo ist als Figur auch hier der manchmal planlos erscheinende, mit unkonventionellen Methoden arbeitende und mit einnehmenden Wesen ausgestattete Strafverteidiger, als der er auch in der eigenen Reihe auftritt.  

Während es Pirlo darum geht, für seinen Mandanten einen Freispruch zu erwirken oder eine Einstellung des Verfahrens ist es Bischoff wichtig, denjenigen zu finden, der die Taten tatsächlich begangen hat. Die für den Lesenden verständlich geschilderte und authentisch dargestellte Strafverteidigung ihren Raum in der Geschichte benötigt, ist die Spannung anders wie den Thrillern des Mörderfinders und erscheint im Vergleich mit der Reihe nicht ganz so hoch.

Wortgefechte zwischen Bischoff und Pirlo sorgen für Abwechslung und sind titelgebend für „Gegenspieler – Bischoff und Pirlo ermitteln“, was dem vorliegenden Fall einen eigenwilligen Charakter verleiht und ihn von den jeweiligen Reihen der ermittelnden Charaktere abhebt. Einige Wendungen sind unerwartet und sorgen jeweils für eine nötige Neuausrichtung der beiden Titelfiguren und Sophie Mahler mit deren Hoffnung darauf, den Täter endlich zu stellen. Ich mag das Wendecover mit der Klappe, die sich um den seitlichen Buchschnitt legen lässt. Gerne vergebe ich eine Leseempfehlung an Lesende von Kriminalromanen.  


Samstag, 2. November 2024

Rezension: Der gelbe Regenmantel von Alexa Hennig von Lange mit Bonnie & Buttermilk

 


Rezension von Ingrid Eßer

Titel: Der gelbe Regenmantel 
Geschichten übers Geborgensein
Autorin: Alexa Hennig von Lange
Illustrationen: Bonnie & Buttermilk
Erscheinungsdatum: 14.10.2024
Verlag: Dumont (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag
ISBN: 9783755820062
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Geborgensein ist etwas Schönes. Geborgensein bedeutet Liebe, Schutz und Sicherheit. Die Schriftstellerin Alexa Hennig von Lange hat sich gemeinsam mit den Fashion-Designerinnen Kathinka Oettrich und Eike Braunsdorf, die ihre Entwürfe unter dem Namen Bonnie & Buttermilk gestalten und vertreiben, Gedanken zu Erinnerungen an die Kindheit gemacht. Auf diese Weise entstand die Idee, ihre LeserInnen auf Instagram zu fragen, in welchen Momenten sie sich in ihrer Kindheit geborgen gefühlt haben.

Alexa Hennig von Lange hat sechs dieser Erinnerungen aufgegriffen und in berührende Kurzgeschichten umgesetzt. Die Hauptfigur reist jedes Mal gedanklich in die Vergangenheit zu einem Punkt, an dem sich etwas ereignet hat, an das er oder sie sich gerne erinnert und sich wohl gefühlt hat. Verbunden sind die Rückblicke mit der Gegenwart in unserer oft hektischen Zeit. Als Lesende erkennt man die ein oder andere Situation vielleicht auch selbst. Die titelgebende Geschichte handelt beispielsweise von einem überlasteten Paar mit mehreren Kindern, eine andere erzählt von einer abenteuerlichen Hochzeitreise. Der Text ist einfach zu lesen und erleichtert es dadurch, sich in die beschriebene Lage als Kind hineinzuversetzen.

Jeweils zwei bis vier bunte aufmunternde Illustrationen von Bonnie & Buttermilk begleiten die einzelnen Geschichten. Sie wirken der beim Lesen aufkommenden Wehmut nach der Kindheit entgegen. Auch die Abbildung auf dem Cover wurde von dem Fashion-Duo entworfen. Die Bindfäden des Regens sind nicht nur optisch, sondern auch haptisch auf dem Cover des Umschlags und der Rückseite spürbar und glänzen im Licht. Das Buch wurde von Andrea Lehmann gestaltet.

„Der gelbe Regenmantel“ ist ein Hardcover mit Schutzumschlag und orangefarbenem Leseband, das Geschichten von Alexa Hennig von Lange enthält übers Geborgensein. Beim selbst lesen kann man sich zu schönen Erinnerungen in der Kindheit mitnehmen lassen. Dieser von Bonnie & Buttermilk wunderschön und ansprechend illustrierte Band eignet sich aber auch gut als Geschenk.


Sonntag, 27. Oktober 2024

Rezension: Das dünne Pferd von Stefanie vor Schulte

Das dünne Pferd
Autorin: Stefanie vor Schulte
Hardcover: 256 Seiten
Erschienen am 21. August 2024

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Die Pflegekraft Aria macht sich gemeinsam mit ihrer Kollegin Marion und fünfzehn Kindern, die von ihren Eltern vergessen wurden, auf den Weg ans Meer. Dort haben sie ein ehemaliges Hotel gekauft, in dem sie unterkommen wollen. Die Welt steht am Abgrund und niemand weiß, wie und wie lange es weitergehen wird. In Einstadt angekommen werden die Frauen und Kindern von den ortsansässigen Cowboys mit Argwohn beäugt. Lediglich Jenny, die Schwester ihres Anführers, kann eine Eskalation der Situation verhindern. Als Marion an einem schwer zugänglichen Strandabschnitt in der Nähe des Hotels ein dünnes Pferd entdeckt, ist sie gewillt, dieses zu retten. Doch dazu benötigt sie Unterstützung – wird sie die Einstädter überzeugen können, ihr zu helfen?

Als Leserin wurde ich auf den ersten Seiten ohne große Erklärungen gleich mitten ins Geschehen hineingeworfen und begleitete Aria, Marion und die Kinder bei ihrem Weg aus der Klinik ans Meer. Schnell merkte ich, dass ich mich in einem dystopischen Szenario wiederfand, wobei nicht genau erklärt wird, was eigentlich geschehen ist. Die Welt scheint am Abgrund zu stehen und Aria ist fest entschlossen, die Kinder und später auch das Pferd zu retten und zu beschützen, solange es geht.

Im Interview hat die Autorin berichtet, sich an Bildern entlangzuschreiben, die sie vor sich sieht. Diese Herangehensweise ist beim Lesen des Romans zu spüren. Sie schafft mit ihren Worten kraftvolle und lebendige Szenen, die im Kopf bleiben. Zwischen diesen gibt es unterschiedlich große Zeitsprünge, der Fokus liegt mehr darauf, einzelne starke Momente einzufangen als den Leser durch den Fluss an Ereignissen zu führen. Mich hat Stefanie vor Schulte mit dieser Erzählweise sehr gut abholen können.

Aria ist eine Person, die über viel mentale Stärke und einen unbeugsamen Willen verfügt. Was sie sich einmal in den Kopf gesetzt hat möchte sie auch erreichen. Sie hat die Kinder ans Meer gebracht, und nun möchte sie auch das Pferd retten, obwohl wenn sie dafür viel Unverständnis erntet. Kurze Rückblicke geben einen Einblick in prägende Momente ihrer Jugend und machen noch verständlicher, warum sie gewisse Entscheidungen trifft. Auch die weiteren Frauenfiguren im Buch sind interessant und anpackend und nicht bereit, sich dem Willen der Männer zu beugen. Ich habe sie gerne auf einer Suche nach einem Platz in der untergehenden Welt begleitet. Mir hat dieser aufs Wesentliche beschränkte Roman, der bewusst nicht alles erklärt, sondern einzelne starke Bilder schafft, die nachhallen, sehr gut gefallen.

Freitag, 25. Oktober 2024

Rezension: Sing, wilder Vogel, sing von Jacqueline O'Mahony

 


Rezension von Ingrid Eßer

Titel: Sing, wilder Vogel, sing
Autorin: Jacqueline O'Mahony
Übersetzung aus dem irischen Englisch: pociao und Roberto de Hollanda 
Erscheinungsdatum: 25.09.2024
rezensierte Buchausgabe: Leseexemplar
ISBN des Hardcovers: 9783257073096
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In ihrem historischen Roman „Sing, wilder Vogel, sing“ erzählt Jacqueline O`Mahony von der Irin Honora, die sich nach Freiheit von allen Zwängen sehnt, die sie persönlich einengen. Dabei versucht sie, ihre Identität zu bewahren. Die Protagonistin lebt im Jahr 1849 an der irischen Westküste. Land und Unterkünfte sind dort von englischen Gutsherren gepachtet. Wer nicht rechtzeitig zahlt, dem wird der Besitz weggenommen. Am Tag von Honoras Geburt ist ein Rotkehlchen ins Zimmer geflogen, was im Dorf als Fluch gilt, der nun auf ihr liegt.  William zu heiraten, den Sohn eines im Dorf angesehenen Bürgers, erscheint ihr als glücklicher Umstand. Doch eine Hungersnot nimmt ihr all das, für welches es sich bisher für sie zu leben lohnte. Aus der prekären Lage heraus entwickelt sie einen Plan, mit einem Schiff von der drei bis vier Tagesmärsche entfernten Hafenstadt Westport nach New York zu fahren. Er gelingt und zunächst fühlt sie sich freier, bis die Realität sie einholt und sie das Schicksal erneut hart trifft. Ihr wird bewusst, dass sie noch nicht am Ende ihrer Reise angelangt ist.

Die Geschichte beginnt mit einem Prolog, in dem Honora sich fünf Jahre nach ihrem Aufbruch in Irland im Westen der USA befindet. Von einem Mann erhält sie Avancen. Erst später konnte ich die Szene richtig zuordnen. Vorerst gab mir die Szene das Wissen darum, dass die Protagonistin die furchtbaren Geschehnisse in Irland überlebt hat, die die Autorin im Folgenden schildert. Der Roman beruht auf wahren Begebenheiten. Sie sind unter dem Begriff „Doolough Famine Walk“ in die Geschichtsbücher eingegangen.

Honora hat früh gelernt, sich um sich selbst zu kümmern, weil ihre Mutter bei ihrer Geburt gestorben ist. Die Arbeit ist schwer und ihr Körper vom Hunger ausgezehrt. Doch ohne zurückzublicken lebt sie für den Augenblick, ohne sich beirren zu lassen. Sie weiß, dass viele der Dorfbewohner sie für seltsam halten, aber gerade ihre Beharrlichkeit, ihre Wut gegen Ungleichbehandlung und ihr Wildheit, die sie in die Natur zieht, geben ihr die Kraft bis an die Grenze des Erträglichen zu gehen.

Jacqueline O*Mahony thematisiert in ihrem Roman den Kampf der Protagonistin gegen die ihr auferlegten Zwänge, die nicht nur durch Gesetze, sondern auch durch Konventionen gegeben sind. Es ist tiefbewegend, davon zu lesen, wie gering die englischen Landlords das Leben ihrer Untergebenen schätzen. In Amerika, dem Land der von Honora erhofften unbegrenzten Möglichkeiten, erkennt sie schnell, dass der von ihr ersehnten Freiheit durch ihre Armut Grenzen gesetzt sind und sie dadurch bald zum Spielball in den Händen ihrer Vorgesetzten wird. Später wird sie durch Androhungen eingeschränkt. Sie strebt nicht nur danach, im eigenen Ermessen gehen zu können, wohin immer sie will, sondern sie wünscht sich auch, dass ihre inneren Werte von anderen erkannt werden.

„Sing, wilder Vogel, sing“ ist ein Roman voller Drama, aber mit dem Flair des Abenteuers. Die irische Autorin Jacqueline O*Mahony schreibt berührend und aufwühlend. Sie bleibt nah am Charakter ihrer Protagonistin, die mit Hartnäckigkeit und Hoffnung im Herzen nach Eigenständigkeit im Leben sucht und sich dabei weiterentwickelt. Sehr gerne empfehle ich das Buch weiter.


Donnerstag, 17. Oktober 2024

Leseempfehlung: Beklaute Frauen von Leonie Schöler


Leseempfehlung von Ingrid Eßer

Titel: Beklaute Frauen 
Denkerinnen, Forscherinnen, Pionierinnen: Die unsichtbaren Heldinnen der Geschichte
Autorin: Leonie Schöler
Erscheinungsdatum:  28.02.2024
Verlag: Penguin
ISBN: 9783328603239

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In ihrem Buch „Beklaute Frauen“ schreibt Leonie Schöler über unsichtbare Heldinnen der Geschichte in verschiedensten Bereichen. Dabei bezieht sie gelegentlich auch andere benachteiligte Personengruppen mit ein. Sie hat mich mit ihrer Darstellung der Fakten beeindruckt. Ich mochte ihren Schreibstil, der flüssig lesbar ist. Sie versteht es, am Beginn der Kapitel Einleitungen zu schreiben, die mich neugierig machten und schafft dadurch eine fast spielerische Wissensvermittlung. Natürlich hatte ich bereits gelegentlich von benachteiligten Frauen in unserer Geschichte gelesen, aber die ausgewählten Beispiele im Buch ließen mich immer wieder staunen.

Auf über vierzig Seiten finden sich im Anhang Anmerkungen mit Belegen zu den Beschreibungen der Geschehnisse. Leonie Schöler wählt Frauen der Geschichte aus, die berühmte Ehemänner, Väter oder Kollegen haben. Die Einstellungen dieser prominenten Männer zu Frauen stimmte mich nachdenklich. Es sind Wissenschaftlerinnen, Künstlerinnen und Kämpferinnen, die im Schatten von Männern standen, die wie selbstverständlich für ihre eigenen Leistungen Ruhm und Ehre erwarteten. Die Auswahl konnte nur beispielhaft erfolgen, denn die Liste der beklauten Frauen in der Geschichte der letzten 200 Jahre, auf der die Betrachtungen im Buch fokussieren, würde den Rahmen des Buchs sprengen. Im letzten Kapitel beschreibt die Autorin, dass Künstliche Intelligenzen geschlechtsspezifische Vorurteile haben. Das Problem ist bekannt, aber bei der Entwicklung gegen diesen Trend hapert es immer noch. Ich empfehle die faszinierende Lektüre uneingeschränkt weiter.


Montag, 14. Oktober 2024

Rezension: Die Froschprinzessin - Märchen aus aller Welt kuratiert und kommentiert von Cornelia Funke

 


Rezension von Ingrid Eßer

Titel: Die Froschprinzessin - Märchen aus aller Welt
kuratiert und kommentiert von Cornelia Funke
illustriert von Julia Plath
übersetzt von Tobias Schnettler
Erscheinungsdatum: 25.09.2024
Verlag: Fischer Sauerländer (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover
ISBN: 9783737372633

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Das Buch „Die Froschprinzessin“ aus dem Verlag Fischer Sauerländer beinhaltet eine Sammlung von Märchen aus aller Welt. Die bekannte deutsche Kinder- und Jugendbuchautorin Cornelia Funke hat die Geschichten kuratiert. Mit beeindruckenden Farbillustrationen wurden sie von Julia Plath versehen, die beim Projekt für Künstler:innen von Cornelia Funke zu den Resident:innen in der Toskana gehört.

Der vorliegende Band von nicht ganz 200 Seiten umfasst Erzählungen aus verschiedenen Kulturkreisen, die nicht nur für Jugendliche, sondern auch für Erwachsene interessant sind. Neben einigen aus Europa, sind Erzählungen aus Russland, Vietnam und Japan vertreten. Die Konzeptionistin verweist in einem Kommentar darauf, dass asiatische Märchen nicht wie fast jedes westliche mit einem Erfolg endet, was an den unterschiedlichen sozialen Konventionen liegt.

Obwohl Cornelia Funke im Vorwort bekennt, dass sie keine Anhängerin von Märchen ist, besitzt sie eine umfassende Sammlung. Die Erzählungen sind bereits 2018 in englischer Sprache erschienen. In ihren Kommentaren zu den jeweiligen Geschichten stellt die Kuratorin mehrfach Bezug zu ihrem Roman „Reckless“ her, für den sie ebenfalls viele Märchen gelesen hat.

Bei ihrer Auswahl der insgesamt dreizehn Märchen hat Cornelia Funke nach solchen gesucht, die ihr eher unbekannt erschienen und deren Held oder Heldin ihr rebellischer vorkam als in anderen Erzählungen, die hauptsächlich die Werte patriarchaler Gesellschaften zu festigen versuchen. Die im Buch befindlichen lösen sich aus dieser Tradition nicht vollständig. Letztlich hat aber die Neugier der Kuratorin und der Zufall Feder geführt bei der Zusammenstellung der Sammlung.

Von den Geschichten im Buch „Die Froschprinzessin“ kannte ich mit „Die sechs Schwäne“ nur eins, von den anderen habe ich mich gerne mystisch umgarnen und auf Abenteuer mitnehmen lassen. Nach dem Vorwort von Cornelia Funke muss ich jedoch zugeben, dass ich mit noch mehr aufsässigen Figuren und heldenhaften Frauen gerechnet hätte. Der Band ist prächtig illustriert und eignet sich auch als Geschenk für Märchenfans.

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