Autorin: Morgan Dick
Übersetzerin aus dem Englischen: Wibke Kuhn
Erscheinungsdatum: 18.02.2024
ISBN: 9783446281097
Michelle Morris, die Mickey gerufen wird, ist 33 Jahre alt
und Vorschullehrerin. Nachdem sich ihre Eltern vor langer Zeit getrennt haben, hat
sie den Mädchennamen ihrer Mutter angenommen. Charlotte Kowalski, genannt Arlo,
ist 25 Jahre alt und Psychologin. Die beiden sind Halbschwestern, ohne dass sie
sich je kennengelernt haben. In ihrem Debütroman „Mickey und Arlo“ macht die
Kanadierin Morgan Dick sie zu ihren Protagonistinnen. Die Covergestaltung in Rotorange
mit grün ist lebhaft und verströmt Freude und Energie. Die zwei Frauen neben
der Tür drücken Abweisung aus. Beides spiegelt die Charakteristik des Romans in
Teilen wider.
Als der Vater von Mickey und Arlo stirbt, überbringt der
Anwalt Tom Samson als Erbverwalter der älteren Tochter die Nachricht, dass sie
mehrere Millionen Dollar erhalten wird. Daran ist die Bedingung gebunden, dass
sie sieben Psychotherapiestunden absolviert. Damit möchte der Vater
sicherstellen, dass Mickey ihre Probleme aufarbeitet, die er dadurch entstanden
glaubt, dass er die Familie verlassen hat. Mickey sucht sich eine Praxis und
beginnt ihre Therapie bei der dort angestellten Arlo. Die Frauen wissen zu
Beginn der Behandlungsstunden nicht, dass sie verwandt sind. Im Gegensatz zu
ihrer Schwester erbt die Psychologin kein Geld, obwohl sie ihren Vater
aufopferungsvoll bis zum Ende gepflegt hat. Beiden ist nicht bewusst, dass jede
von ihnen viel größere Sorgen hat als das Ableben des Vaters.
Morgan Dick schlägt in ihrem Roman zunächst heitere Töne an,
wenn Mickey darüber nachdenkt, ob und wann sie Alkohol konsumieren kann. Eine
bestimmte Begebenheit in der Vorschule, in der sie unterrichtet, bringt ihr
berufliche Probleme ein. Sie hält sich für emotional gefestigt genug, um damit allein
klarzukommen, denn sie glaubt, dass sie von früheren Therapien immer noch
profitiert. Auch Arlo hat Sorgen im Beruf. Genau wie ihre Schwester weigert sie
sich, Hilfe zu suchen, um den Konflikt aufzuarbeiten, weil sie sich durch ihre
Ausbildung für belastbar hält.
In der Erzählung kommt es immer wieder zu amüsanten
Situationen, die auch mal über die Strenge schlagen. Demgegenüber stehen die schmerzlichen Empfindungen der Schwestern,
die jedoch zunehmend selbst reflektieren und sich für die Meinung von anderen öffnen.
Obwohl beide den Tod des Vaters auf verschiedene Weise verarbeiten, lernen sie
im Laufe dieses Prozesses schöne als auch belastende Erinnerungen zuzulassen.
„Mickey und Arlo“ von Morgan Dick ist ein Roman, der sich mit
Tiefgang dem Thema des Alkoholismus widmet. Genauso wie es oft in der Realität
geschieht, wird das Problem immer wieder überspielt. Gleichzeitig zeigt die Geschichte
die unterschiedlichen Möglichkeiten, sich mit der Verarbeitung des Tods einer
nahestehenden Person auseinanderzusetzen. Dennoch gibt die Autorin durch
vergnügliche Momente den Schilderungen eine gewisse Leichtigkeit. Gerne vergebe
ich eine Leseempfehlung.