Sonntag, 26. August 2012

[Rezension Hanna] Petra Schier - Das Haus in der Löwengasse


~ Inhalt ~



Nach dem frühen Tod ihrer Eltern wächst Pauline im Haushalt ihres Onkels auf, der ihr als Arzt eine umfassende Bildung zukommen lässt. Als dieser überraschend verstirbt und ein Cousain sein Vermögen erbt, ist Pauline auf sich gestellt. In Bonn findet sie eine Anstellung als Gouvernante, wird jedoch gegen ihren Willen zur Geliebten des Hausherrn und verliert nach der Entdeckung durch seine Frau ihre Anstellung. Ohne Arbeitszeugnis und der Stadt verwiesen findet sie in Köln zunächst nur eine Anstellung als Magd. Bald jedoch wird der Textilfabrikant Julius Reuther auf sie aufmerksam. Er stellt sie erneut als Gouvernante für seine Kinder ein, jedoch nicht ganz ohne Hintergedanken…


~ Meinung ~



Das Cover ist recht schlicht gehalten und passt sehr gut zur Geschichte. Entsprechend dem Titel zeigt es den Eingang zu einem Haus, das durch die Ausstattung mit einem Eingangstor und der auf einer Säule stehenden Figur ein Haus der Oberschicht des 19. Jahrhunderts gut repräsentiert. Vom Haus selbst sieht man nicht viel, durch den Bildrand abgeschnitten und vom Tor verborgen macht es einen geheimnisvollen Eindruck. Was Pauline hier wohl erleben wird?

Der Einstieg in die Geschichte hat mir gut gefallen. Für den Leser beginnt die Handlung mit Paulines Eintreffen in Köln, was davor geschah erfährt er recht schnell in Form kurzer Rückblenden. Man befindet sich daher von Anfang an mitten in der Geschichte, welche dementsprechend schnell an Tempo gewinnt und Pauline als Magd in den Haushalt Marius Steins, eines Kolonialwarenhändlers, führt. Nach nur zehn Seiten beginnt Paulines erster Tag als Magd und die Erzählung geht richtig los.

Als Magd unter der Aufsicht Ariane Steins tut sich Pauline zu Beginn schwer. Schnell erfährt der Leser, dass es zwischen der Anstellung einer Gouvernante und einer Magd sehr große Unterschiede gibt, nicht nur was die Aufgaben, sondern auch was die Behandlung angeht. So muss sie in einem Hängeboden über dem Hausflur schlafen, hat nur jeden zweiten Sonntag einen Nachmittag frei und muss in der restlichen Zeit sämtliche anfallenden Arbeiten erledigen. Während der Leser viele interessante Einblicke in das Leben einer Magd im 19. Jahrhundert erhält, mausert sich Pauline bald zur vorbildlichen Angestellten, da ihre Angst vor einem erneuten Verlust ihrer Anstellung groß ist. Wohl fühlt sie sich bei den Steins jedoch nicht, und ihre Bildung bleibt weitestgehend ungenutzt.

Durch einen Zufall lernt sie schließlich den verwitweten Julius Reuther kennen, der ihr Talent erkennt und sie erneut als Gouvernante anstellt. In seinem Haushalt kann Pauline endlich von ihrer Bildung profitieren. Wem Pauline bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht ans Herz gewachsen ist, den wird sie spätestens mit ihren Versuchen, Ordnung ins Hause Reuther zu bringen, ein Schmunzeln entlocken. Ihre Erziehungsanstrengungen gegenüber Ricarda und Peter, den Kindern des Hauses, sind interessant zu verfolgen. Auch Julius Reuther, der sich zunächst unnahbar gibt, zeigt bald, dass sich unter seiner harten Schale ein weicher Kern verbirgt, sodass Paulines Sympathie ihm gegenüber ebenso allmählich wächst wie die der Leser. Gefühlvoll beschreibt Petra Schier die vorsichtige Annäherung beider, die jedoch keine Zukunft zu haben scheint. Oder etwa doch?

~ Fazit ~



„Das Haus in der Löwengasse“ konnte mich voll überzeugen. Spannend und gefühlvoll beschreibt Petra Schier die Ereignisse in der Löwengasse, die sich im Verlaufe des Buches zuspitzten und mich schließlich um Paulines und Julius‘ Schicksal haben bangen lassen. Durch humorvolle Szenen und Einblicke in das Leben der Oberschicht im 19. Jahrhundert wird die Handlung abgerundet. Ich gebe daher eine klare Kaufempfehlung!



*Werbung* Weitere Informationen zum Buch


Taschenbuch: 352 Seiten
Verlag: rororo
Link zur Buchseite des Verlags




Samstag, 25. August 2012

[Rezension Hanna] Julie Otsuka - Wovon wir träumten


Inhalt

Das Buch beschreibt die Geschichte einer Gruppe Japanerinnen, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts mit dem Schiff nach Amerika übersetzen, um dort ihnen über eine Heiratsvermittlung angepriesene Japaner zu heiraten. Statt wohlhabenden, attraktiven Männern erwartet die meisten jedoch harte Feldarbeit oder der Status eines Dienstmädchens. Jede Japanerin versucht auf ihre Weise, sich an das neue Land und die neuen Lebensumstände zu gewöhnen. Nach dem Angriff auf Pearl Harbour und der folgenden Internierung sind sie jedoch gezwungen, alles erneut aufzugeben.

Meinung



In leisen Tönen beschreibt Julie Otsuka eindrucksvoll das Schicksal japanischer Einwanderinnen. Ihre Träume und Hoffnungen werden ebenso greifbar wie die anschließende Ernüchterung und ihre Versuche, sich in dieser gänzlich fremden Welt zu orientieren und einzurichten. Aufgeteilt ist das Buch daher auch in verschiedene Abschnitte, die den Weg der Japanerinnen einteilen. Von der Schiffspassage über die erste Nacht mit ihren neuen Männern, ihrer neuen Arbeit, der ersten Schwangerschaft und dem Aufziehen der Kinder bis hin zum Ausbruch des Krieges und der Internierung wird ihr Schicksal umfassend beschrieben.

Ganz besonders hervor sticht der Schreibstil Otsukas. Das Buch ist aus der Schicht einer ganzen Gruppe Japanerinnen geschrieben, die sich auf dem Schiff auf dem Weg nach Amerika kennen lernen. Ihre Geschichte wird nicht pauschalisiert, sondern die Verschiedenheit ihrer Wege herausgestellt, denn auch wenn viele Schicksale sich ähneln, so hat doch jede von ihnen ihre ganz eigene Geschichte erlebt. Viele Sätze beginnen daher mit „die meisten von uns“ oder „einige von uns“. Mit dem Satzbeginn „eine von uns“ werden aber auch Aspekte einer individuellen Geschichte in den Vordergrund gestellt. Hier schließt sich in Kursivzeichen auch oft ein Kommentar der Betroffenen an, der in diesem Moment die einzelne Person für den Leser greifbar macht.

Im Anhang findet sich eine lange Liste mit Quellen, die Otsuka für ihre Recherche verwendet hat. Dies schlägt sich im Buch wieder, es macht einen sehr fundierten und recherchierten Eindruck. Otsuka hat versucht, nichts zu beschönigen, nichts zu verschweigen und einen möglichst realistischen Einblick zu schaffen. Dies ist ihr meiner Meinung nach gut gelungen. 

Fazit




Insgesamt hat Otsuka mit „Wovon wir träumten“ ein beeindruckendes Werk über das meist traurig und nachdenklich stimmende Schicksal japanischer Einwanderinnen geschaffen, in dem aber stets ein Funken Hoffnung erhalten bleibt. Durch ihren besonderen Schreibstil zieht sie den Leser in den Bann der Geschichte und konnte mich voll überzeugen.


*Werbung* Weitere Informationen zum Buch

Gebundene Ausgabe: 160 Seiten
Verlag: Mareverlag
Link zur Buchseite des Verlags


-->