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Titel: Die Hure und der MeisterdiebAutorin: Bettina Szrama
Erscheinungsdatum: 08.08.2011
Buchausgabe: Taschenbuch
Verlag: Gmeiner Verlag
ISBN: 9783839212141
Preis: 12,90 Euro
Der historische Roman „Die Hure und der Meisterdieb“ von
Bettina Szrama ist im Gmeiner-Verlag erschienen und umfasst 371 Seiten mit 11
Kapiteln, einem Nachwort der Autorin, Lektüreempfehlungen und einer Liste der
wichtigsten handelnden Personen und deren Funktionen. Das Cover zeigt eine Frau
mit freudigem Lachen angesichts des zu erwartenden Geldes, das der
„Heiratsvermittler“ für sie im Beutel bereit hält, der leider vom Titelaufdruck
überdeckt wird. Durchaus treffend wird hier die Verführbarkeit einer Frau in
der frühen Neuzeit durch Gold und Edelsteine gezeigt. Diese Frau steht als
Synonym für die Titelheldin des Romans Anna, die ursprünglich sich als Hure
verdingende bildhübsche Gattin des begüterten Hamburger Weinhändlers von Sien.
Der Roman beginnt im Jahr 1695. Anna ist ihrem Ehemann
weggelaufen und hat sich einer Truppe wandernden Komödianten angeschlossen. Doch
ihr Mann findet sie in Leipzig und fordert von ihrem neuen Liebhaber
Satisfaktion. Sie entzieht sich den beiden durch ihre Flucht. Etwa zur gleichen
Zeit blickt Nickel List in sicherer Entfernung
auf seine brennende Schankwirtschaft, die er selbst angezündet hat um
sich an seiner 2. Frau zu rächen, die mit ihrem Geliebten im Ehebett ruht.
Nickel macht sich auf den Weg zu seiner vorherigen Wirkungsstätte Beutha, wo er
ebenfalls eine Gaststube betrieben hat. Auf diesem Weg begegnet er Anna, die
sich jedoch maskiert zunächst als junger Mann Hannes ausgibt und als Knecht in
seinen Dienst tritt. In Beutha erwartet die beiden in der Schänke ein alter
Bekannter von List, der sich, als Rosshändler getarnt, den Weg in die
Wohnung begüterter Bürger sucht um diese
zu bestehlen. Dem Bekannten gelingt es, Nickel dazu zu überreden, sein Partner
zu werden. Damit beginnt die zweifelhafte Karriere des Nickel List als
Meisterdieb. Er setzt sein Können in der Schlüsselherstellung dazu ein, Nachschlüssel
aufgrund von Wachsabdrücken zu fertigen. Damit macht er sich zum Anführer einer
Bande von Dieben und wird aufgrund seines steigenden Bekanntheitsgrads von
weiteren dubiosen Gaunern in anderen deutschen Kleinstaaten kontaktiert um mit
ihnen zusammenzuarbeiten. Anna scheint er in Liebe ergeben und er ist bereit
sich an jedem, ihm angebotenen Beutezug zu beteiligen, um sein eigenes und ihr kostspieliges
Leben zu finanzieren. Als Deckung gibt er sich mit fortschreitender Zeit als
feiner Herr von der Mosel aus. Stets hat er mit Verrat, Neid und Missgunst zu
rechnen bis er schließlich nicht mehr weiß, wem er noch vertrauen kann. Er
sehnt sich nach einem ruhigen, ehrlichen Leben in dem er seinen Studien
nachgehen kann, aber selbstverständlich ohne Mangel zu leiden. Daher sieht er
den Raubzug um die Goldene Tafel der Michaeliskirche in Lüneburg als Höhepunkt
und Ende seiner Diebeslaufbahn. Doch ihm und seinen Helfern und Helfershelfern sind
die Gesetzesvertreter längst auf den Fersen.
Die von Bettina Szrama erzählte Geschichte beruht zum
größten Teil auf historischen Begebenheiten wie auch der Text auf der Buchrückseite
den Leser informiert. Ohne aufgesetzte historische Sprache liest sich der Roman
sehr flüssig. Die Örtlichkeiten wurden von der Autorin mit den heutigen
Bezeichnungen versehen, so dass der Leser die verschiedensten Reisen der
Personen leicht nachvollziehen kann. Stets weiß sie, manchmal in kleinen
Nebensätzen, darüber zu informieren, wo man sich gerade befindet. Bei den ständigen
Bewegungen unterschiedlichen, umherziehenden Räuberbanden ist dies
unerlässlich. Ein wichtiges Augenmerk setzt die Autorin auf die Beschreibung
ihrer Charaktere, in dem sie deren Beweggründe für einen liederlichen Lebenswandel detailliert
darstellt. Sie versucht zu erklären, warum Nickel in Anna verliebt war.
Die Schere zwischen Arm und Reich stellt die Erlaubnis für
die Räuber dar, sich vom Reichtum zur Beseitigung ihrer Bedürftigkeit zu
bedienen. Für Nickel List, von dem sich übrigens ein kleines Foto auf dem
Vorsatzblatt befindet, ist die zunehmende Größe seiner Bande ein
Versorgungsproblem. Oftmals bleibt ihm kaum ein Gewinn an einem Raubzug wenn
die Hehler ihm nur einen Bruchteil des Werts der Ware bieten. Ein großer Teil
der Beute wird für die Reisen, die Aufenthalte in Schänken und ständigen
Saufgelage verbraucht. Der Leser weiß nicht recht, ob er Anna sympathisch
finden soll, weil sie berechnend ihre Gunst demjenigen schenkt, der ihr an Gold
und Geschmeide am meisten zu bieten hat. Nickel dagegen ist der Intellektuelle,
der aufgrund seiner geringen Herkunft kein Studium aufnehmen konnte, als Soldat
nicht seine Berufung gefunden hat und von seiner zweiten Frau betrogen wurde.
Er ist dein Gentleman-Dieb, stets bemüht auf seinen Raubzügen weder zu morden noch
zu verletzen und immer besorgt um seine Vertrauten. Leider hat er in einem
Handgemenge zwei Menschen erschossen. Er selbst würde gerne seinen Gewinn im Stillen mehren, aber dazu ist
nicht genug für ihn übrig. Bettina Szrama weiß den Leser auf seine Seite zu
ziehen. Durch die historische Authentizität ist das Ende jedoch unabänderlich.
Entlang der Historie entfaltet sich ein Roman, der trotz
einer frühen Verfolgung durch die Gesetzeshüter nicht mit erstaunlichen
Wendungen im Geschehen geizt, wodurch die Diebe sich der Strafbarkeit lange
entziehen können. „Die Hure und der Meisterdieb“ ist ein sehr gut
recherchierter Roman, der aufgrund der geschichtlichen Grundlage eine kleine
Länge im Mittelteil aufweist, aber dennoch sehr unterhaltend ist. Ich kann das
Buch allen Fans des Genres empfehlen, vor allem solchen die Freude am
verbürgten Leben historischer Personen haben.