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Titel: Der Klang der blauen Muschel
Autorin: Beatrix Mannel
Erscheinungsdatum: 11.08.2014
Verlag: Diana Verlag
rezensierte Buchausgabe: Taschenbuch
Handlungsorte: München, Samoa, San Francisco (USA)
Handlungszeit: 1905-1906
„Der Klang der blauen Muschel“ von Beatrix Mannel ist ein
historischer Liebesroman, der den Leser mitnimmt auf eine traumhafte
samoanische Insel und ins quirlige San Francisco zu Beginn des 20.
Jahrhunderts. Sehr schön finde ich die Übersichten auf der ersten sowie der
letzten Umschlagseite die zeigen, in welchem Teil der Erde Samoa sich befindet
beziehungsweise welche Orte die deutschen Samoainseln Savaii und Upolo umfassen.
Die jungen Münchner Zwillingsschwestern Henriette und Sophie
sind den Konventionen ihrer Zeit unterworfen. Doch nachdem Henriette einen
Anfall von „automatischem Schreiben“ hatte, finden sie eine Möglichkeit an mehreren
Séancen teilzunehmen mit dem Wunsch nach Aufklärung des seltsamen Phänomens.
Das Medium ist jedoch krank und steckt Sophie
mit Tuberkulose an, so dass diese einige Wochen später nicht an der
Auswanderung ihrer Familie nach Samoa teilnehmen kann. Ihr Vater hat dort mit
den Erlösen aus seinen Goldfunden am Klondike eine Plantage gekauft.
Auf Samoa würde Henriette sich gern mit Samoanern in ihrem
Alter befreunden, doch das wird nicht gern gesehen. Daher trifft sie sich
heimlich mit ihnen und lauscht interessiert den Schilderungen von deren
samoanischen Gepflogenheiten. Dabei erhält sie eine wunderbare blaue Muschel geschenkt,
deren Rauschen nicht jeder wahrnehmen kann. Auch zu dem chinesischen
Hausmädchen entwickelt sie eine Beziehung und staunt ebenfalls über deren
Erzählungen über Sitten und Gebräuche ihres Volkes.
Bereits kurze Zeit nach ihrem Eintreffen auf der Insel
verlangt Henriettes Vater von ihr, dass sie sich mit einem Mann namens Hofmann verheiratet
soll, bei dem er seit seiner Zeit am Klondike noch eine Schuld zu begleichen
hat, wobei er sich nicht genau über seine Verpflichtung ausspricht. Obwohl Hofmann
ihr äußerlich gut gefällt, wird er immer zudringlicher und Henriette deckt bei
ihm eine Lüge nach der anderen auf. Der Verrat von Hofmann geht so weit, dass
er ein absolutes Tabu der Samoaner bricht, und einer ihrer samoanischen
Freunde, Sohn eines Dorfverwalters das Vergehen zu rächen hat. Verzweifelt
versucht sie einen Ausweg zu finden. Doch ihr Plan bringt weiteres Unglück mit
sich und sie flieht nach San Francisco zu ihrer Tante, die dort ein eignes Hotel
führt. Mit kleinen Zuverdiensten spart sie eine Überfahrt für Sophie. Diese hat
während ihrer Krankheit auch einiges erlebt und sich weiterentwickelt. So haben
die Geschwister sich eine Menge zu erzählen. Doch Henriette holt in San
Francisco die Vergangenheit, die sie durch ihre Flucht abzustreifen gehofft hatte,
wieder ein.
Beatrix Mannel versteht es, den Leser in ihre mystisch
angehauchte Geschichte hineinzuziehen. Bereits das Cover des Buchs, lädt den
Leser förmlich ein, den Weg zum Meer entlangzulaufen. Der Pfad erscheint wie
eine Einladung, in den Roman einzutreten. Mit einem leicht und flüssig zu
lesenden Schreibstil baut sie von Beginn an Spannung auf. Was ist es, was
Henriette da ohne ihren Willen auf Papier schreibt? Henriette versteht die
Worte in einer fremden Sprache nicht. Doch diese Episode ist faszinierend und
ich habe schnell weitergelesen, um zu erfahren, ob die Zwillingsschwestern den
Sinn des Geschriebenen herausfinden werden. Vorher jedoch überschlagen sich die
Ereignisse, denn die Familie der beiden wandert nach Samoa aus und Sophie
bleibt in München zurück. Noch mehr Abwechslung erhält der Roman dadurch, dass
die Autorin ab einem gewissen Erzählfortschritt Kapitel einfügt, die aus der
Sicht des jungen Münchner Fotografen Julius erzählt werden. Wie dieser zu den
Schwestern in Beziehung steht, erfährt man im Laufe der Story und trägt noch
mal zum Spannungsaufbau bei.
Eine ganz große wichtige Rolle spielt auch die blaue Muschel
in diesem Roman. Sie ist neben dem automatischen Schreiben ein weiteres
mystisches Element und zeugt von der Fantasie der Autorin, die den Leser
verzaubert. Doch nicht nur hiermit kann Beatrix Mannel punkten, sondern auch
mit vielen Riten und Legenden aus Samoa und China, die sie geschickt in die
Geschichte einwebt. Des Weiteren basiert der Roman auf einem gut recherchierten
welthistorischen Hintergrund. Sehr bemerkenswert finde ich das eingefügte
Glossar, in der der Leser nochmals die relevantesten im Roman vertretenen
historisch verbürgten Personen und Ereignisse, sowie im Buch erwähnte
bedeutende Orte und Bräuche nachlesen kann.
Es hat sich ausgezahlt, dass die Autorin vor Ort recherchiert
hat, denn so hat sie in ihren detaillierten Beschreibungen der Handlungsorte
auch ihre Empfindungen weitergeben können, die den Leser in die Erzählung
hineinziehen.
Obwohl Henriette und Sophie Zwillingsschwestern sind, ist
Sophie im Vergleich etwas schlanker und draufgängerischer als Henriette, die
den Mut und die aufmunternde Weise ihrer Schwester auf Samoa sehr vermisst.
Beide haben ein sympathisches Wesen, ganz im Gegensatz zu ihrem Vater. Vor
allem aber ist Hofmann bei weiterem Kennenlernen ein unangenehmer Mensch. Die
Tante der beiden Schwestern in San Francisco scheint zunächst eine
selbständige, modern eingestellte Frau zu sein, die sich zunächst aber auf die
Seite ihres Bruders stellt, weil sich Henriette ihr nicht rechtzeitig
anvertraut hat. Dies gibt dem Buch nochmals eine neue Wendung. Der tapfere
samoanische Prinz, das kluge chinesische Hausmädchen und der treue Fotograph
Julius sind nur einige der abwechslungsreich gestalteten Figuren dieses Romans.
„Der Klang der blauen Muschel“ ist ein faszinierender Roman,
der einen mit den Charakteren hoffen lässt. Wer allerdings einen mystischen
Touch nicht mag, sollte hier nicht zum Leser werden. Für alle anderen Leser
historischer Romane gebe ich gerne eine klare Leseempfehlung.