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Meinung
Nach den ersten überwältigenden Tagen voller neuer Eindrücke
beginnt für Mae ihr Einsatz in der Customer Experience. Hautnah verfolgte ich,
wie sie ihre Hauptaufgabe kennenlernt, die Beantwortung von Kundenanfragen.
Doch damit ist es nicht getan. Bald wird ein weiterer Bildschirm aufgestellt,
auf dem sie mit ihrem Vorgesetzten kommuniziert. Einer, mit dem sie im sozialen
Netzwerk des Circle agieren kann, denn Partizipation ist alles. Einer, der den
Rang ihrer sozialen Aktivität anzeigt, ein Armband für Vitalfunktionen und
Schritte misst, ein Kopfhörer, mit dem sie Fragen beantwortet… immer mehr Technologie
kommt hinzu, die immer mehr Möglichkeiten der Kommunikation, aber auch der
Überwachung bietet. Hat Mae anfangs noch den Campus um fünf Uhr verlassen und
sich aus dem sozialen Netzwerk ausgeklinkt, wird sie bald eindringlich gebeten,
den Circle an ihrem Leben teilhaben zu lassen. Immer stärker wird sie ein Teil
der Gemeinschaft, will dazugehören, und muss schließlich entscheiden, was ihr
im Leben wichtig ist.
Besonders fasziniert hat mich, wie schleichend die
Entwicklung vor sich geht. Wo ist die Grenze, an der man zugeben sollte, dass
es zu viel wird? Mit wie viel Transparenz und Überwachung kann man selbst
leben? Der Autor nahm mich mit in eine Welt, die sich gar nicht so sehr von
unserer heutigen unterscheidet. Die technischen Innovationen, die beschrieben
werden, gibt es zum Teil schon oder es ist nicht unwahrscheinlich, dass sie
bald möglich sind. Doch sollte man sie wirklich in dem Ausmaß einsetzen, wie
der Circle es tut? Könnte es passieren, dass ein Unternehmen in unserer Zukunft
tatsächlich eine solche Macht entwickelt, und wie viel Macht haben
Technologiekonzerne heute schon? Wie viel in diesem Buch wird in zehn, zwanzig,
dreißig Jahren Realität sein?
Die eindringliche, nüchterne Sprache des Buches hat mich
immer tiefer in die Geschichte hineingezogen. Nur wenige Bücher haben es
bislang geschafft, mich so sehr zum Nachdenken zu bringen wie dieses. Obwohl
ich es nun seit ein paar Tagen ausgelesen habe, beschäftigt es mich noch immer
sehr. Dave Eggers zeigt zahlreiche Möglichkeiten auf, wie eine flächendeckende
Überwachung realisiert werden kann, wie das Wissen und die Erfahrungen eines
jeden der ganzen Welt zugänglich gemacht werden können. Gleichzeitig
präsentiert er Charaktere, die von dem, was sie tun und wofür sie stehen,
vollkommen überzeugt sind. Oder kommt bei dem einen oder anderen nicht doch ein
leiser Zweifel auf…? Gerade die Tatsache, dass die Ideen nicht von Grund auf
schlecht sind, sondern man es damit zu weit treiben kann, macht es schwer, die
Grenze zwischen Richtig und Falsch zu finden.
Erwartet keine actionreiche Geschichte, keine großen
Emotionen. Hier wartet eine kühle Welt der Technologie auf euch, die auf
völlige Transparenz ohne Geheimnisse und auf maximale sozial Vernetzung
zusteuert. Kann und will man so etwas? Findet am besten selbst heraus, wo eure
Schmerzgrenze der Überwachung liegt – lest dieses Buch, von mir gibt es dafür
eine ganz klare Leseempfehlung.
*Werbung* Weitere Informationen zum Buch
Gebundene Ausgabe: 560 Seiten
Erscheinungsdatum: 14. August 2014
Erscheinungsdatum: 14. August 2014
Verlag: Kiepenheue & Witsch
Link zur Buchseite des Verlags
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