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Titel: Die andere Hälfte der Hoffnung
Titel: Die andere Hälfte der Hoffnung
Autorin: Mechtild Borrmann
Erscheinungsdatum: 27.08.2014
Verlag: Droemer Verlag
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag und Lesebändchen
Handlungsort: Zyfflich und Düsseldorf/Deutschland, Kiew und Prypjat/Ukraine
Handlungszeit: 2010
Eine junge Frau, barfuß, im Kleid, eilt auf dem Cover des
Buchs „Die andere Hälfe der Hoffnung“ von Mechtild Borrmann über ein Feld. In
der Erzählung ist der Boden sogar gefroren, während Tanja auf diese Weise auf
den Hof des verwitweten Matthias Lessmann im niederrheinischen Zyfflich, nahe
der niederländischen Grenze, ankommt. Schnell merkt dieser, dass Tanja von zwei
Männern verfolgt wird. Er gewährt ihr Schutz und erfährt, dass sie aus Kiew in
der Ukraine kommt und mit ihrer Freundin in Deutschland einen Job zur
Finanzierung des Studiums angenommen hat, dann aber zwangsprostituiert wurde
und ihr nun die Flucht gelungen ist. Ihre Sorge gilt ihrer Freundin ohne die
sie nicht nach Hause zurückkehren möchte. Sie bittet Matthias, ihre Freundin zu
suchen.
Unterdessen wartet in der Entfremdungszone von Tschernobyl
eine Mutter auf die Rückkehr ihrer Tochter. Der Leser erfährt mehr über das
Leben von Walentyna, die während des Reaktorunfalls im Jahr 1986 in
unmittelbarer Nähe als Krankenschwester gearbeitet hat. Sie hat seit Monaten
nichts mehr von ihrer Tochter gehört, die zum Studium nach Deutschland gereist
ist. Ihren Kummer hat sie Leonid Kyjan geschildert, der als Ermittler bei einer
Sondergruppe der Kiewer Miliz arbeitet. Zu Ermittlungen in einem Fall von
vermutetem Menschenhandel reist er nach Düsseldorf.
Das Buch schildert nicht nur einen Kriminalfall in der
Gegenwart, sondern auch die Lebensgeschichte von Walentyna. Die Autorin greift
zu einem besonderen Darstellungsstil, indem sie Waltentyna ihre Erinnerungen
für ihre Tochter während ihrer einsamen Tage in der Sperrzone mit einem Bleistift
in einem Heft aufzeichnen lässt. Diese Abschnitte sind im Buch kursiv gedruckt.
Auf berührende Weise beschreibt sie ihre Ausbildung in der Sowjetunion, wie sie
ihren Mann kennenlernt und mit ihm schließlich in das privilegierte Prybjat zieht,
in dessen Nähe es zu dem Nuklearunfall kam. Diese Beschreibung hat mir die
Erinnerung an das Ereignis zurückgebracht. Doch der Unfall passierte damals in
der für mich weit entfernten Ukraine. Nun aber war ich an der Seite von
Walentyna, die erst so nach und nach begreift, welche Gefahr und vor allem
welche Nachwirkungen der Unfall auf die dort Anwesenden haben wird. Sie kann
aufgrund der staatlichen Reglementierungen nicht so handeln, wie sie möchte,
jede ihrer Handlungen hätte Konsequenzen innerhalb der Familie gehabt.
In der Gegenwart erzählt Mechtild Borrmann glaubhaft über
Menschenhandel und Zwangsprostitution, die durch Bestechlichkeit, Gier und
Machtkampf innerhalb der Miliz gefördert werden. Da ich eine junge Kiewerin in
Tanjas Alter kenne, ging mir auch dieses Schicksal sehr nahe. Geschickt sind
alle drei Erzählebenen miteinander verknüpft, führen aber nicht unbedingt zu
dem vom Leser gewünschten Ende.
Mich konnte das Buch durch die authentischen Charaktere,
durchaus realistischen Darstellungen und einem schlichten, aber ergreifenden
Erzählstil überzeugen. Gerne empfehle ich das Buch weiter.