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Dienstag, 30. Dezember 2014

[Rezension Hanna] Die Tuchvilla - Anne Jacobs


Inhalt
Im Herbst 1913 wird die Waise Marie das neue Küchenmädchen in der imposanten Tuchvilla der Familie Melzer in Augsburg. Damit steht sie in der Hierarchie der Bediensteten ganz unten und muss sich deren Achtung erst erkämpfen. Doch bald erregt sie das besondere Interesse der Tochter des Hauses. Katharina wird in der kommenden Ballsaison in die Gesellschaft eingeführt, während ihre ältere Schwester Elisabeth noch immer auf einen Antrag wartet. Auch deren Bruder Paul wird bald auf Marie aufmerksam. Doch warum reagiert sein Vater so ungehalten, wenn das Gespräch auf sie kommt?

Meinung
Das Cover des Buches verspricht eine Familiengeschichte vor winterlicher Kulisse. Das Buch beginnt zwar im Herbst, spielt dann aber tatsächlich lange Zeit im verschneiten Augsburg und endet im Juni 1914 kurz nach dem Attentat von Sarajewo. In diesem Zeitraum wird man als Leser Zeuge all der kleinen und großen Dramen, die sich unter den Bediensteten und der Familie Melzer abspielen.

Marie ist die zentrale Person der Geschichte, und das Buch beginnt mit ihrer Ankunft in der Tuchvilla. Von Beginn an merkt man, dass sie ein für ein Küchenmädchen großen Stolz besitzt und sich nicht unterkriegen lässt. Schnell lernt man aber auch andere Charakterzüge kennen, erfährt mehr über ihr künstlerisches Talent und ihre Aufrichtigkeit. Auch die Mitglieder der Familie Melzer und die anderen Bediensteten werden ausführlicher vorgestellt. Dabei erhalten vor allem die Familienmitglieder mehr Tiefe, während die Bediensteten eher einfach gestrickt sind.

Das Erzähltempo des Buches ist ruhig. Es gibt einige größere und abrupte Umbrüche, den Großteil des Buches machen aber kleinere Veränderungen und alltägliche Höhen und Tiefen aus. Obwohl das Buch immer wieder Sprünge macht, nicht zu sehr lange in einer Szene verharrt und mit einem dreiviertel Jahr einen überschaubaren Zeitraum umfasst, kommt es im Nu auf 700 Seiten, da zahlreiche Erzählstränge über die verschiedensten Charaktere immer wieder aufgegriffen und weitergeführt werden. Auch wenn ich immer wieder Probleme hatte, mich in die Personen einzufühlen und ihre Entscheidungen nachzuvollziehen, lässt sich das Buch zügig lesen und konnte dabei unterhalten.

Das Buch spielt zu einer Zeit, in der es klare Regeln für Erziehung und Haushaltsführung gab, doch vor allem die jungen Leute begehren gegen diese starren Vorschriften auf. So erlebt man als Leser eine Zeit des Umbruchs, in der es immer wieder zu emotionalen, auch romantischen Momenten kommt. Historische Ereignisse werden dabei eher zur Nebensache, denn die Verstrickungen innerhalb der Tuchvilla und vor allem der Weg der Waisen Marie stehen im Mittelpunkt dieser Geschichte.

Fazit
„Die Tuchvilla“ bietet eine Wohlfühl-Familiengeschichte, in der die Liebe nicht nur fällt, wohin sie will, sondern auch ein Geheimnis aufgedeckt werden will. Zwar fiel es mir immer wieder schwer, mich in die Charaktere hineinzuversetzen, diese machen aber innerhalb kurzer Zeit interessante Wandlungen durch. Für eine gemütliche Winterlektüre ist das Buch bestens geeignet.

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Taschenbuch: 704 Seiten
Erscheinungsdatum: 15. Dezember 2014
Verlag: Blanvalet Taschenbuch Verlag
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