Mittwoch, 25. Februar 2015

[Rezension] Judith Winter - Lotusblut

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Titel: Lotusblut
Autorin: Judith Winter
Erscheinungsdatum: 01.02.2015
Verlag: dtv Verlag
rezensierte Ausgabe: Taschenbuch
Handlungsort: Frankfurt/Main
Handlungszeit: Gegenwart




„Lotusblut“ von Judith Winter ist der zweite Fall für die Frankfurter Ermittlerinnen der Abteilung für Kapitaldelikte Emilia Capelli und Mai Zhou, die zunächst auf der Suche nach der 10-jährigen, aus Tibet stammenden Kaylin sind. Diesmal wurde für das Cover eine Libelle gewählt, die im Englischen „Dragonfly“ heißt. Dieses Insekt steht für Beharrlichkeit, den die beiden Ermittlerinnen im vorliegenden Fall benötigen.  Hierin findet sich aber auch der Bezug zum aufzuklärenden Verbrechen dieses Thrillers, denn der Mörder ist in der Gedankenwelt von  Kaylin ein Drache. Der Titel dagegen deutet an, aus welchem Bereich der Welt einige Personen wie beispielsweise Kaylin gebürtig sind. Ihre Herkunft führt den Leser nach Asien, dort wird der weiße Lotus in verschiedenen Ländern als Symbol der Reinheit angesehen. Wird Blut dieses Bild, wie auf dem Titel, beflecken?

Der Unternehmer  Peter Klatt  und seine Frau werden in einem Hotelzimmer erschossen. In ihrem Zimmer anwesend ist Kaylin, die Tochter eines asiatischen Geschäftspartners. Sie bleibt unbehelligt, weil sie vor dem Mörder fliehen konnte.  Nachdem Emilia und Mai sie gefunden haben, können sie ihre Identität zunächst nicht ermitteln, da sie bei der Befragung schweigt. Als die Kriminalabteilung schließlich ihre Eltern ermittelt hat, flieht sie erneut, auf der Suche nach einer Bezugsperson, der sie sich anvertrauen kann.  Davon können natürlich die Ermittlerinnen nichts wissen und suchen nicht nur nach dem Mörder des Ehepaars, sondern auch danach, warum Kaylin im Hotelzimmer anwesend war und sie nicht zu ihren Eltern zurück möchte.

Für das Verständnis des vorliegenden beschriebenen Falls ist es nicht unbedingt nötig den ersten Band „Siebenschön“ gelesen zu haben, doch es ergänzt das Gesamtbild, das man als Leser vom Verhältnis zwischen Emilia und Mai erhält, in passender Weise. Es scheint fast, als ob die beiden ein gewisses Vertrauen zueinander gefunden haben, doch allein die Tatsachen, dass sie sich nach einem halben Jahr Zusammenarbeit immer noch siezen, erhält eine imaginäre Grenze aufrecht, die nicht so leicht zu überwinden scheint. Gleichzeitig zeugt sie aber auch vom gegenseitigen Respekt der beiden voreinander. Zu den weiteren Kollegen der Abteilung hat vor allem Emilia ein eher kumpelhaftes Verhältnis, auch weil sie schon länger in der Abteilung arbeitet als Mai, die ebenfalls mit ihren Arbeitskameraden lockerer umgeht als mit Emilia. Hier bleibt noch Raum für weitere Annäherungen in weiteren Fällen, die die beiden zu lösen haben werden. Und wer weiß,  vielleicht werden sie dann noch zu Freundinnen.

Dem eigentlichen aufzuklärenden Fall hat die Autorin einen Prolog vorausgeschickt, bei dem sie beschreibt, wie Emilia und ihre Freundin als Kinder eine im Wasser treibende Leiche finden. Dieses Kapitel hat mit den Ermittlungen wenig zu tun, führt den Leser aber zu den bis heute noch vorhandenen Ängsten der Kommissarin. Vor allem aufgrund des Alters von Kaylin fühlt sie sich an dieses Ereignis in ihrem eigenen Leben nachdrücklich erinnert. Im folgenden Verlauf der Geschichte ist jedes Kapitel mit Zeit und Ort versehen, so dass der Leser stets den Überblick behält. Grundsätzlich erzählt Judith Winter im Perfekt, wechselt aber zwischendurch immer mal zu den Geschehnissen die Kaylin gerade erlebt und in Folge dessen sind diese Abschnitte im Präsens geschrieben. Hierbei lässt die Autorin das Mädchen sich auch an ihre Vergangenheit zurückerinnern. Ihre Kindheit bleibt dabei aber etwas nebulös.

Wie beim ersten Band kommen die beiden Ermittlerinnen bei ihrer Arbeit nur dadurch weiter, indem jede ihren eigenen Ideen nachgeht und dadurch auch riskiert, ihren Vorgesetzten zu verärgern. Der Thriller ist fein konstruiert, mit einigen unvorhersehbaren Wendungen. Da sowohl Emilia und Mai wie auch der Leser sehr lange nicht wissen, wer der Mörder ist und warum er gemordet hat, ist in dieser Zeit nicht auszuschließen, dass ein weiterer Mord geschehen könnte. Das erhält den Spannungsbogen. Insgesamt hat mir das Buch gut gefallen und ich empfehle es gerne an Thrillerfans weiter. 



Mittwoch, 11. Februar 2015

[Rezension Hanna] Die Stadt der besonderen Kinder - Ransom Riggs




Inhalt
Jacob und die besonderen Kinder aus Miss Peregrines zerstörter Zeitschleife sind den Wights nur knapp entkommen. Sie konnten sich aufs englische Festland retten, werden aber weiterhin verfolgt. Damit Miss Peregrine wieder ihre menschliche Gestalt annehmen kann, müssen sie nun eine andere Ymbryne finden, die ihr helfen kann. Doch wo suchen, wenn die meisten von ihnen schon gefangen wurden? Die Kinder begeben sich auf eine abenteuerliche Reise, stets auf der Flucht vor Wights und Hollows, und machen dabei so manche besondere Bekanntschaft…

Meinung
Nachdem mich der erste Teil der Reihe, „Die Insel der besonderen Kinder“, bereits vor einer ganzen Weile begeistern konnte, habe ich mich riesig über die Nachricht gefreut, dass nun auch die Fortsetzung übersetzt wurde. Auch wenn nur die allerwichtigsten Ereignisse des Vorgängers kurz aufgegriffen werden, habe ich mich schnell wieder in der Geschichte zurechtgefunden. Der mitreißende Schreibstil des Autors katapultierte mich gleich mitten auf eine stürmische See, und von der ersten Seite an fieberte ich mit Jacob und seinen Freunden um eine erfolgreiche Flucht und Miss Peregrines Rettung.

Die kurze Übersicht über alle wichtigen Personen am Buchanfang hat mir sehr dabei geholfen, die besonderen Kinder und ihre Fähigkeiten schnell einordnen zu können. Die außergewöhnlichen Charaktere habe ich in Windeseile wieder in mein Herz geschlossen. Viele von ihnen bekommen in diesem Teil die Gelegenheit, zu zeigen, was in ihnen steckt. Es machte Spaß zu beobachten, wie sie alle ihr Bestes geben, um die Gruppe zu schützen und ihre Headmistress zu retten. Jakob selbst macht ebenfalls eine große Entwicklung durch, auch wenn er dabei immer wieder von Zweifeln geplagt wird.

Auf ihrer Flucht machen Miss Peregrines Kinder einige neue, besondere Bekanntschaften. Diese Charaktere bleiben Nebenfiguren, aber auch hier hat der Autor seiner Fantasie in Bezug auf besondere Talente freien Lauf gelassen und den Figuren kleine, aber entscheidende Rollen zugewiesen. Wie auch im Vorgänger rankt sich die Geschichte zudem um zahlreiche mysteriöse Fotografien, was das Buch erneut zu einem außergewöhnlichen Leseereignis machte. Ich hätte mir allerdings noch richtungsweisendere Entwicklungen gewünscht, denn gerade weil der Autor sich so viel Zeit für die einzelnen Charaktere und ihre Fähigkeiten nimmt, kommt die eigentliche Handlung eher langsam voran. Die explosiven Entwicklungen auf den allerletzten Seiten machten mir jedoch schon jetzt große Lust auf den dritten und finalen Teil, in dem Ransom Riggs hoffentlich noch einmal alles aus seiner Geschichte herausholt.

Fazit
„Die Stadt der besonderen Kinder“ schließt spannend an seinen Vorgänger an und bietet nicht nur eine gefährliche Flucht vor Wights und Hollows, sondern gibt den Charakteren auch zahlreiche Gelegenheiten, sich weiterzuentwickeln und ihre besonderen Fähigkeiten einzusetzen. Die Kinder habe ich dabei mehr und mehr ins Herz geschlossen und mich daher gefreut, dass der Autor dem Leser die Gelegenheit gibt, die einzelnen Charaktere ausführlicher kennen zu lernen. Diese außergewöhnliche Fantasyreihe kann ich daher nur weiterempfehlen!

*Werbung* Weitere Informationen zum Buch

Hardcover: 480 Seiten
Erscheinungsdatum: 2. Februar 2015
Verlag: Knaur
Handlungszeit: 1940er Jahre
Handlungsort: England
Link zur Buchseite des Verlags

Dienstag, 10. Februar 2015

[Rezension] Lauren Graham - Lieber jetzt als irgendwann

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Titel: Lieber jetzt als irgendwann
Autorin: Lauren Graham
Übersetzerin: Susanne Goga-Klinkenberg
Erscheinungsdatum: 22.01.2015
Verlag: Fischer Taschenbuch
rezensierte Buchausgabe: Taschenbuch
Handlungsort: Taschenbuch
Handlungszeit: 1995



New York, Broadway – davon träumen sicher viele Schauspieler und Schauspielerinnen. An diesem Handlungsort  spielt der Roman  „Lieber jetzt als irgendwann“ von Lauren Graham. Mit weit geöffneten Armen scheint die junge Frau auf dem Cover das Leben der brodelnden Stadt in sich aufzunehmen, und das möchte auch Frances Banks, genannt Franny, mit ihren 27 Jahren gerne tun. Sie hat sich ein dreijähriges Ultimatum gesetzt. In dieser Zeit will sie erreichen, dass sie von den Einnahmen aus ihrer Tätigkeit als Schauspielerin leben kann. 

Franny ist zu Beginn der Erzählung bereits seit zwei Jahren in der Stadt und lebt eigentlich nur von ihrem Job als Kellnerin. Inzwischen besucht sie aber eine Schauspielschule und erhält bei einem Showcase die Möglichkeit ihr Talent zu zeigen. Nach einem solchen Event bekunden Agenten ihr Interesse an den jeweiligen Darstellern. Doch ihr geschieht ein Missgeschick.  Allerdings wird sie von gleich zwei Agenten kontaktiert. Ist das nun endlich ein Durchbruch? 
 
Das Buch spielt im Jahr 1995, also zu der Zeit in der auch die Autorin darauf gehofft hat, ihr Talent beweisen zu können.  Man merkt es dem Roman an, dass er von jemand geschrieben wurde, der sich in der Schauspielszene auskennt. Obwohl die Figur der Franny nur fiktiv ist, stecken eigene Erfahrungen, die Lauren Graham auf ihrem eigenen Weg gemacht hat, mit in diesem Charakter. Daher wirkt er sehr authentisch. Frances Banks ist eine liebenswerte  Protagonistin. Auch ihre beiden Mitbewohner sind sympathisch. Leider erfährt man über Jane wie auch über Frannys Freund wenig über ihre Vergangenheit. 

Franny erzählt ihre Geschichte in der Ich-Form, so dass man auch ihre Gedanken und Empfindungen nachvollziehen kann. Sie wäre nicht in New York, wenn sie nicht an ihr Schauspieltalent glauben würde, doch nach so langer Zeit ohne Angebote hat ihr Selbstvertrauen gelitten. Sie hat sich verliebt, muss dann aber feststellen, dass die Beziehung nicht so ist wie von ihr erhofft. Dennoch lässt sie sich nicht unterkriegen, selbst dann nicht, als ihr alternativer Lebensplan zu scheitern scheint. Der Roman macht Mut nicht aufzugeben. Die Erzählung lässt sich leicht lesen, auch dank einer guten Übersetzung. Eine nette, auflockernde Idee der Autorin sind die immer mal wieder eingefügten Filofaxseiten aus dem Kalender von Franny mit Terminen, Einkaufslisten und kleinen Zeichnungen. 

„Lieber jetzt als irgendwann“ ist ein realistisch geschriebenes Buch, zwar ohne großen Tiefgang aber mit hohem Unterhaltungswert.  

Montag, 9. Februar 2015

[Rezension] Ian McEwan - Kindeswohl

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Titel: Kindeswohl
Autor: Ian McEwan
Übersetzer: Werner Schmitz
Erscheinungsdatum: 09.01.2015
Verlag: Diogenes Verlag
rezensierte Ausgabe: Rezensionsexemplar
Handlungsort: London/England
Handlungszeit: Gegenwart


Fiona May ist Ende 50 und Richterin am High Court in London. Als ihr Mann mit ihr reden möchte, um ihre Zustimmung zu einer außerehelichen Affäre zu erhalten, überdenkt sie gerade einen aktuellen Gerichtsfall. Sie spricht sich dagegen aus und verweist ihren Mann der gemeinsamen Wohnung, wenn er seinem Verlangen nachgehen möchte. Dann erhält sie den Fall des siebzehnjährigen Jungen Adam, der Bluttransfusionen benötigt um zu genesen. Seine Eltern und er lehnen die Blutübertragungen aus religiösen Gründen ab. Um die unverfälschte Meinung des Jungen einzuholen, begibt sie sich, was eher ungewöhnlich ist, zu ihm ins Krankenhaus. Die Unterhaltung berührt sie tief und hallt in ihr nach. Zu Hause wartet nur eine leere Wohnung auf sie, es ist nicht der gewohnte Alltag in dem sie ankommt. Dennoch hat sie eine Entscheidung zu treffen, die sie routiniert auf Basis der Gesetze angeht. Doch damit ist der Fall für sie nicht abgeschlossen, denn der Junge ist ihr nicht nur dankbar, sondern hat auch ihre Argumentationsweise schätzen gelernt. Er sucht den weiteren Austausch mit ihr.

Ian McEwan nimmt den Leser als allwissender Erzähler mit in die Gedankenwelt der Fiona Maye. So nach und nach erzählt er nicht nur die gegenwärtigen Ereignisse, sondern auch Szenen der Jugend Fionas, die dazu führten, dass sie den Beruf der Richterin ergriffen hat. Der Gerichtsfall Adam ist nicht der einzige den der Autor beschreibt. Es sind aus meiner Sicht schwierige Urteile die Fiona zu sprechen hat nach bestem Wissen und Gewissen, die mir eine Menge Respekt für Fiona und damit dem Autor gegenüber abverlangt haben. Die Fälle sind fiktiv, doch meines Erachtens nach kommt Ian McEwan zu konkludenten Entscheidungen auf der Basis des englischen Rechts. Im Vordergrund steht immer das Wohl des Kindes. 

Die Sprache des Romans ist bildhaft in ihren Beschreibungen der Personen und der Umgebung. Dadurch konnte ich mir die Szenen sehr gut vorstellen. Fiona scheint als Richterin brillant, doch ihr Mann bringt sie in eine ungewöhnliche Lage, die sie fassungslos macht. Ihre Gedanken arbeiten, doch um zu entscheiden, ob sie die Affäre ihres Ehemannes akzeptieren soll ohne die Ehe zu beenden findet sie keine gesetzliche Grundlage. Ein Hintergedanke blitzt auf, ob sie in ihrem Alter noch begehrenswert ist. Doch auf privater Ebene geht es nicht um Recht und Gerechtigkeit. Ihre Beziehung zu Adam führt zu einem unbedachten Moment der ihre innere Haltung auf privater Ebene verändert.  Der Roman ist in weiten Teilen kühl und rational, doch unter der Oberfläche von Fiona ist eine angreifbare Frau zu entdecken – ein lesenswertes Buch!

Sonntag, 8. Februar 2015

[Rezension] Graeme Simsion - Der Rosie-Effekt

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Titel: Der Rosie-Effekt - Noch verrückter nach ihr
Autor: Graeme Simsion
Übersetzerin: Annette Hahn
Erscheinungsdatum: 28.10.2014
Verlag: Fischer Krüger Verlag 
rezensierte Ausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag
Handlungsort: New York/U.S.A.
Handlungszeit: Gegenwart



„Der Rosie-Effekt“ von Graeme Simsion spielt wenige Monate nach dem Vorgängerband „Das Rosie-Projekt“. Die beiden Protagonisten des ersten Buchs, der kühl rational denkende Genetiker Don Tillman und seine ihm frisch angetraute Frau Rosie, sind nach New York gezogen. Dort möchte Rosie ihre Doktorarbeit zu Ende schreiben. Beide arbeiten abends stundenweise in einer Bar, da die Miete und das Leben vor Ort teuer sind. Und dann wird Rosie schwanger, außerhalb der Planung die Don für die nächsten Monate gemacht hat. Doch woher nur das Geld für eine größere Wohnung nehmen? Zum Glück hat Don Dave, der zu seinen sechs Freunden gehört und hm glücklicherweise in Verbindung mit einem Gefallen eine neue Unterkunft besorgen kann. Dann kündigt Gene, seines Zeichens Psychologieprofessor und schon in das Rosie-Projekt involviert, seinen Besuch an. Er hat sich von seiner Frau getrennt und möchte längere Zeit bei Don wohnen, doch mit Rosie versteht er sich nicht besonders. Don muss nun nicht nur Rosies Zustimmung zu Genes Aufenthalt in der gemeinsamen Wohnung erwirken, sondern vor allem beginnen sich bestmöglichst auf seine Rolle als Vater vorzubereiten. 

Mit seiner bereits im ersten Buch hervorstechenden logischen Denkweise macht sich Don an die Lösung seiner Probleme. Da ihm empathische Fähigkeiten weitgehend fehlen, kann er nur durch Beobachtung lernen oder sich das nötige Wissen anlesen. Weil Don in der Ich-Form erzählt, kann der Leser genau nachverfolgen, welche Gedanken ihn bei seinen Planungen beschäftigen. Er erfasst alles strukturiert, nach Möglichkeit  in Auflistungen und Tabellen. Sein oft auf seine Mitmenschen ungewöhnlich wirkendes Verhalten bringt ihn in manche schwierige Situation. Man kann ihm nicht richtig böse sein kann, egal wie er sich verhält. Eigentlich sollte er darauf vertrauen, dass Rosie ihn inzwischen gut genug kennengelernt hat um seine Reaktionen einschätzen kann. Doch Dons allererstes Anliegen ist es, jeglichen Stress von Rosie fern zu halten um dem Kind nicht zu schaden. Und nun macht er sich daran, bestimmte Dinge zu verheimlichen. Dadurch sind Missverständnisse nahezu vorprogrammiert. 

Die sympathische Rosie hat sich ein Baby gewünscht, doch die Schwangerschaftshormone machen ihr nicht nur physisch sondern auch psychisch zu schaffen. Dadurch gelingt es ihr nicht immer, Verständnis für ihren Mann aufzubringen. Der Autor belastet die Beziehung zwischen Don und Rosie sehr, so dass es schließlich für Don zum Rosie-Effekt kommt: wahre Freude im Beisammensein erkennt man erst in der Bedrohung ihn zu verlieren. Auch Dons Freunde Gene und Dave sorgen für manch humorvolle Szene. Trotzdem stimmen einige Themen im Buch, mit denen Don sich auf seine Weise ernsthaft auseinanderzusetzen weiß , den Leser nachdenklich.  

Insgesamt gesehen ist „Der Rosie-Effekt“ ein würdiger Nachfolger für „Das Rosie-Projekt“. Die Figur des Don ist zwar nicht mehr so überraschend, aber Graeme Simsion hat auf besondere Art und Weise alltägliche Probleme und Lösungen von Don, seinen Freunden und Bekannten zusammengestellt, die ineinandergreifen und so ein rundes Ganzes als Erzählung ergibt. Von mir gibt es eine uneingeschränkte Leseempfehlung für dieses Buch.

Ingrids Rezension zum Buch "Das Rosie-Projekt": KLICK!


Montag, 2. Februar 2015

[Rezension] Sue Monk Kidd - Die Erfindung der Flügel

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Titel: Die Erfindung der Flügel
Autorin: Sue Monk Kidd
Übersetzerin: Astrid Mania
Erscheinungsdatum: 19.01.2015
Verlag: btb Verlag 
rezensierte Ausgabe: Leseexemplar
(Haupt-)Handlungsort: Charlston/South Carolina, USA
Handlungszeit: 1803-1838



„Die Erfindung der Flügel“ von Sue Monk Kidd erzählt aus dem Leben  der Schwestern Sarah und Angelina, genannt Nina, Grimké, die sich für die Abschaffung der Sklaverei  und für Frauenrechte in den Vereinigten Staaten von Amerika vor ungefähr zweihundert Jahren eingesetzt haben. Das Cover ist eher schlicht gehalten. Orangefarbene Streifen auf hellem Untergrund stehen symbolisch für Gegensätze wie den von hell- und dunkelhäutigen Menschen oder Frauen und Männern. 

Schwarzdrosseln, auch bekannt als Amseln, fliegen vorbei. Sie sind Teil der Familiengeschichte von Hetty, die von ihrer afrikanischen Mutter Charlotte den Namen Handful erhielt. Die Autorin erzählt ihre Geschichte parallel zu der von Sarah. Der Titel des Buchs bezieht sich auf eine afrikanische Legende nach der die Menschen einst fliegen konnten und durch die Sklaverei diese Fähigkeit verloren. Sarah und Hetty sind Menschen, die versuchen ihre Flügel wieder zu erlangen.
 
Sarah Grimké wohnt mit ihrer Familie zu Beginn des 19. Jahrhunderts in Charleston in South Carolina und erhält zu ihrem elften Geburtstag die Sklavin Hetty für persönliche Dienste von ihren Eltern geschenkt. Hettys Mutter wohnt ebenfalls im Haus der Grimkés und ist eine begabte Näherin. Als Sarah Hetty die Freiheit schenken will, wird ihr dies verboten. Doch als kleine Genugtuung bringt sie ihr heimlich lesen und schreiben bei, bis beide dabei erwischt und bestraft  werden. Sarahs großer Wunsch ist es, so wie ihr Vater Jurist zu werden, doch als Frau bleibt ihr dieser Beruf verwehrt. 

Sue Monk Kidd erzählt in diesem Roman von dem streng reglementierten Leben in den Südstaaten, an das sich sowohl die aus besserem Hause kommenden Grimké-Schwestern  wie auch die Sklavin Hetty zu richten hatten. Jedes Aufbegehren gegen die Herrschaft bringt Strafe für Hetty und jedes Aufbegehren gegen das für sie vorgesehene gewöhnliche Leben als Haushaltsvorstand und Mutter ebenso wie ihre Haltung gegen die Sklaverei bringt Strafe für Sarah. Ausgezeichnet mit einem hohem Einfühlungsvermögen und Sinn für Gerechtigkeit erkennt Sarah schon früh, dass die Sklaven von ihren Besitzern, darunter natürlich ihre eigene Familie, für ihre Zwecke ausgenutzt werden. Im Laufe der Zeit erkennt sie sich selbst als dem männlichen Geschlecht unterlegen und beginnt sich für die Gleichberechtigung der Frauen einzusetzen.  Die Autorin schildert den langen Weg, den sowohl Sarah wie auch Nina gehen müssen um Menschen zu finden, die ihre Ideen teilen und Unterstützung zu finden beziehungsweise deren Gedanken sie aufnehmen können um sie ihrerseits zu verbreiten.

Sue Monk Kidd ist eine hervorragende Symbiose zwischen Realität und Fiktion gelungen. Dank einer ausgezeichneten Recherche vermittelt sie dem Leser die historischen Daten und füllt sie in glaubhafter Weise mit vielen detailliert geschilderten Situationen mit Leben aus. Da Sarah wie auch Hetty jeweils in der Ich-Form erzählen, gelingt es dem Leser nicht nur an der Seite der beiden Frauen die beschriebenen Ereignisse zu erleben, sondern auch deren Gedanken zu teilen. Gerade weil beide so verschieden sind und sich gegen ihre gesellschaftliche Stellung auflehnen, manchmal aber auch nachgeben müssen, bleibt der Roman abwechslungsreich. Wie bei jeder Biografie kann man natürlich nachlesen, wie das Leben von Sarah und Nina historisch verbürgt verlaufen ist, doch gerade die parallel erzählte Geschichte von Hetty bringt unerwartete Wendungen in die Erzählung. Neben den ernsten Themen entbehrt das Buch aber auch nicht freundlichere Abschnitte, wenn die Autorin über die Liebe schreibt oder das Nähen von Quilts. Gleichermaßen wird der Leser emotional berührt.

Wer diesen Roman liest, wird an eine vergessene  Episode der Geschichte erinnert, die gerade uns Europäern in dieser Form kaum präsent ist. Von Sklaven, die auf Plantagen gearbeitet haben, hat fast jeder schon gehört, aber hier wird vor allem das Leben der Stadtsklaven geschildert. Die Art und Weise der Darstellung führt dazu, dass die Auseinandersetzung mit dem Abolitionismus und dem beginnenden Feminismus noch einige Zeit in den Gedanken des Lesers nachhallt. Ich kann dieses Buch allen geschichtlich Interessierten sehr empfehlen.  




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