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Montag, 2. Februar 2015

[Rezension] Sue Monk Kidd - Die Erfindung der Flügel

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Titel: Die Erfindung der Flügel
Autorin: Sue Monk Kidd
Übersetzerin: Astrid Mania
Erscheinungsdatum: 19.01.2015
Verlag: btb Verlag 
rezensierte Ausgabe: Leseexemplar
(Haupt-)Handlungsort: Charlston/South Carolina, USA
Handlungszeit: 1803-1838



„Die Erfindung der Flügel“ von Sue Monk Kidd erzählt aus dem Leben  der Schwestern Sarah und Angelina, genannt Nina, Grimké, die sich für die Abschaffung der Sklaverei  und für Frauenrechte in den Vereinigten Staaten von Amerika vor ungefähr zweihundert Jahren eingesetzt haben. Das Cover ist eher schlicht gehalten. Orangefarbene Streifen auf hellem Untergrund stehen symbolisch für Gegensätze wie den von hell- und dunkelhäutigen Menschen oder Frauen und Männern. 

Schwarzdrosseln, auch bekannt als Amseln, fliegen vorbei. Sie sind Teil der Familiengeschichte von Hetty, die von ihrer afrikanischen Mutter Charlotte den Namen Handful erhielt. Die Autorin erzählt ihre Geschichte parallel zu der von Sarah. Der Titel des Buchs bezieht sich auf eine afrikanische Legende nach der die Menschen einst fliegen konnten und durch die Sklaverei diese Fähigkeit verloren. Sarah und Hetty sind Menschen, die versuchen ihre Flügel wieder zu erlangen.
 
Sarah Grimké wohnt mit ihrer Familie zu Beginn des 19. Jahrhunderts in Charleston in South Carolina und erhält zu ihrem elften Geburtstag die Sklavin Hetty für persönliche Dienste von ihren Eltern geschenkt. Hettys Mutter wohnt ebenfalls im Haus der Grimkés und ist eine begabte Näherin. Als Sarah Hetty die Freiheit schenken will, wird ihr dies verboten. Doch als kleine Genugtuung bringt sie ihr heimlich lesen und schreiben bei, bis beide dabei erwischt und bestraft  werden. Sarahs großer Wunsch ist es, so wie ihr Vater Jurist zu werden, doch als Frau bleibt ihr dieser Beruf verwehrt. 

Sue Monk Kidd erzählt in diesem Roman von dem streng reglementierten Leben in den Südstaaten, an das sich sowohl die aus besserem Hause kommenden Grimké-Schwestern  wie auch die Sklavin Hetty zu richten hatten. Jedes Aufbegehren gegen die Herrschaft bringt Strafe für Hetty und jedes Aufbegehren gegen das für sie vorgesehene gewöhnliche Leben als Haushaltsvorstand und Mutter ebenso wie ihre Haltung gegen die Sklaverei bringt Strafe für Sarah. Ausgezeichnet mit einem hohem Einfühlungsvermögen und Sinn für Gerechtigkeit erkennt Sarah schon früh, dass die Sklaven von ihren Besitzern, darunter natürlich ihre eigene Familie, für ihre Zwecke ausgenutzt werden. Im Laufe der Zeit erkennt sie sich selbst als dem männlichen Geschlecht unterlegen und beginnt sich für die Gleichberechtigung der Frauen einzusetzen.  Die Autorin schildert den langen Weg, den sowohl Sarah wie auch Nina gehen müssen um Menschen zu finden, die ihre Ideen teilen und Unterstützung zu finden beziehungsweise deren Gedanken sie aufnehmen können um sie ihrerseits zu verbreiten.

Sue Monk Kidd ist eine hervorragende Symbiose zwischen Realität und Fiktion gelungen. Dank einer ausgezeichneten Recherche vermittelt sie dem Leser die historischen Daten und füllt sie in glaubhafter Weise mit vielen detailliert geschilderten Situationen mit Leben aus. Da Sarah wie auch Hetty jeweils in der Ich-Form erzählen, gelingt es dem Leser nicht nur an der Seite der beiden Frauen die beschriebenen Ereignisse zu erleben, sondern auch deren Gedanken zu teilen. Gerade weil beide so verschieden sind und sich gegen ihre gesellschaftliche Stellung auflehnen, manchmal aber auch nachgeben müssen, bleibt der Roman abwechslungsreich. Wie bei jeder Biografie kann man natürlich nachlesen, wie das Leben von Sarah und Nina historisch verbürgt verlaufen ist, doch gerade die parallel erzählte Geschichte von Hetty bringt unerwartete Wendungen in die Erzählung. Neben den ernsten Themen entbehrt das Buch aber auch nicht freundlichere Abschnitte, wenn die Autorin über die Liebe schreibt oder das Nähen von Quilts. Gleichermaßen wird der Leser emotional berührt.

Wer diesen Roman liest, wird an eine vergessene  Episode der Geschichte erinnert, die gerade uns Europäern in dieser Form kaum präsent ist. Von Sklaven, die auf Plantagen gearbeitet haben, hat fast jeder schon gehört, aber hier wird vor allem das Leben der Stadtsklaven geschildert. Die Art und Weise der Darstellung führt dazu, dass die Auseinandersetzung mit dem Abolitionismus und dem beginnenden Feminismus noch einige Zeit in den Gedanken des Lesers nachhallt. Ich kann dieses Buch allen geschichtlich Interessierten sehr empfehlen.