Sonntag, 3. Mai 2015

[Rezension Hanna] Vom Inder, der mit seinem Fahrrad bis nach Schweden fuhr, um dort seine große Liebe wiederzufinden - Per J. Andersson



Inhalt
Als Pikay als kastenloses Kind im Dschungel Indiens geboren wird, scheint ein Regenbogen über seinem Dorf, und ihm wird prophezeit, dass er als Erwachsener mit Farben arbeitet wird. Außerdem würde er sich mit einem Mädchen verheiraten, dass nicht aus dem eigenen Land kommt. Die Prophezeiung wird sich einmal als erstaunlich zutreffend beweisen, doch zu seiner Geburt ahnte wohl noch keiner, was Pikay auf dem Weg dorthin erlebt. In der Schule wie ein Mensch zweiter Klasse behandelt verliert er doch nie seinen Durchhaltewillen. Schließlich schafft er es als Künstler nach Neu-Delhi. Doch auch hier erwartet ihn ein Leben der Extreme zwischen Anerkennung und Armut. Dieses wird völlig auf den Kopf gestellt, als er eines Tages der Schwedin Lotta begegnet. Um mit ihr zusammen zu sein, begibt er sich auf eine waghalsige Reise.

Meinung
Der Titel des Buches legt nahe, dass sich zwischen den Buchdeckeln eine Liebesgeschichte mit einem langen Reisebericht verbirgt. Das ist nicht ganz falsch, jedoch erwartet den Leser noch sehr viel mehr. In diesem Buch wird die Lebensgeschichte Pikays erzählt, und deshalb beginnt die Geschichte auch mit dem Tag seiner Geburt im Dschungel Indiens.

Wenn ich an Indien denke, habe ich zunächst Bilder von Millionenstädten im Kopf. In den Dschungel Indiens einzutauchen war daher eine interessante Erfahrung, die mich das Land von einer neuen Seite hat kennen lernen lassen. Die Atmosphäre wurde vom Autor gut eingefangen. Weitab von den Millionenstädten wird dem Leser durch diverse Erlebnisse Pikays schnell ins Bewusstsein gerufen, dass hier das Kastensystem noch tief im Denken verwurzelt ist. Pikay wird als „Unberührbarer“ daher ständig als Mensch zweiter Klasse behandelt, was für ihn alles andere als einfach ist. Beeindruckend fand ich es, wie er sich trotz allen Schikanen nicht unterkriegen lässt.

Pikays außergewöhnliche künstlerische Begabung ist sicherlich nicht ganz unschuldig an dem Weg, den er einschlagen kann. Ohne diese hätte er es vermutlich nie bis nach Neu-Delhi geschafft, wo ihn eine gänzlich andere Welt erwartet. Die Millionenstadt steht in absolutem Kontrast zum Leben im Dschungel, und Pikays Status als „Unberührbarer“ interessiert hier nur eine Minderheit. Doch das schafft noch lange nicht alle Probleme aus der Welt. Der Leser begleitet Pikay bei einem Leben der Hochs und Tiefs, denn trotz der Aufmerksamkeit, die er sogar von hochrangigen Persönlichkeiten erhält, hat er immer wieder mit Armut und Obdachlosigkeit zu kämpfen. Auch emotional durchlebt Pikay daher Höhen und Tiefen und berichtet offen davon, mehrfach sogar kurz vor dem Selbstmord gestanden zu haben. Als sein Leben sich endlich auf einem stetigen Weg nach oben befindet, wirbelt sein Aufeinandertreffen mit Lotta alles einmal mehr durcheinander.

Das Buch ist vom Autor Per J. Andersson geschrieben und daher aus der dritten Perspektive verfasst. Dadurch hatte ich nicht das Gefühl, hautnah an Pikays Leben teilzuhaben. Dem Autor ist es aber gelungen, Pikay eine Stimme zu geben und mir den Eindruck zu vermitteln, als würde Pikay selbst mir seine Lebensgeschichte erzählen. In kurzen Zwischenkapiteln lernt man auch Lotta vor ihrer Begegnung mit Pikay kennen und es wird berichtet, wie sich ihre Faszination für das Land Indien entwickelt hat.

Die lang erwartete Fahrradtour nimmt schließlich das letzte Buchdrittel ein. Hier ist der Titel des Buches ein wenig irreführend, denn Pikay legt weite Strecken mit dem Fahrzeug zurück, nutzt aber auch Flugzeug, Bus und Bahn. Nichtsdestotrotz hat mich der Bericht über seine Reise beeindruckt, denn er hat auf dem Weg viel erlebt. Besonders interessant fand ich es, dass der Fokus nicht nur auf den Strapazen der Reise lag, sondern auch über die deutlichen Unterschiede in der Gastfreundlichkeit der Länder, durch die er reist. Nach Pikays Ankunft in Schweden wird seine Geschichte zügig zu Ende erzählt und konzentriert sich vor allem auf seine Gewöhnung an das fremde Land, während man zum Beispiel nur durch die Fotos am Ende des Buches erfährt, dass Pikay und Lotta in Schweden geheiratet haben.

Fazit
„Vom Inder, der mit dem Fahrrad nach Schweden fuhr, um dort seine große Liebe wiederzufinden“ erzählt die ungewöhnliche Lebensgeschichte des Inders Pikay. Als „Unberührbarer“ im indischen Dschungel aufgewachsen, lässt er sich trotz Schikanen nicht unterkriegen und schafft es als Künstler bis nach Neu-Delhi, wo die Begegnung mit der Schwedin Lotta ihn zu einer einzigartigen Reise bewegt. Mich hat Pikays Lebensweg beeindruckt und mir interessante Einblicke in das Leben in Indien geboten, sodass ich es sehr gerne weiterempfehle!

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Titel: Vom Inder, der mit seinem Fahrrad bis nach Schweden fuhr, um dort seine große Liebe wiederzufinden
Autor: Per J. Andersson
Übersetzerin: Susanne Dahmann
Klappenbroschur: 336 Seiten
Erscheinungsdatum: 2. April 2015
Verlag: Kiepenheuer & Witsch
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