Samstag, 8. August 2015

[Rezension Hanna] Das Lied, das uns trägt - Alison Love


Inhalt
London, 1937: Antonio ist ein italienischer Einwanderer, der mit seiner Familie und seiner schwangeren Frau in Soho. Neben der Arbeit im Kiosk seines Vaters verdient er als Sänger zusätzliches Geld. Als er eines Abends im Paradise Ballroom auftritt, begegnet er der Tanzdame Olivia. Berühmt ist sie für ihren Tango, doch er trifft sie im Hinterhof, wo sie unter den Schmerzen einer kürzlich erfahrenen Abtreibung leidet. Ein halbes Jahr später treffen sie sich erneut: Olivia ist inzwischen die Frau eines wohlhabenden Londoners, der Antonios Gesangstalent fördern will. Der aufziehende Krieg beeinflusst so manches Schicksal. Welchen Weg werden Olivia, ihr Mann Bernard, Antonio, seine Schwester Filomena und sein Bruder Valentino einschlagen?

Meinung
Als ich das Buch zum ersten Mal in die Hand nahm und den Klappentext las, erwartete ich eine Liebesgeschichte, die mich in prunkvolle Ballsäle führt und die aufgrund des aufziehenden Krieges dramatische Wendungen bereithält. Die eine, klassische Liebesgeschichte gibt es hier aber gar nicht. Vielmehr ist Antonio die Schlüsselperson, und das Buch berichtet von seinem Schicksal sowie dem der Menschen in seinem Umfeld.

Auch wenn bei diesem Buch viele Personen zu Wort kommen, kann ich nicht behaupten, dass ich eine davon voll und ganz sympathisch fand. Vielmehr haben sie alle ihre Ecken und Kanten, ihre Momente, in denen sie von Vorurteilen, Hochmut, Neid oder angetrieben werden. Auch wenn ich es erst einmal ungewöhnlich fand, die Ereignisse unter diesen Voraussetzungen zu verfolgen, so stiegen im Laufe der Zeit doch einige Charaktere in meiner Gunst, während andere diese gänzlich verloren. Gerade das machte die Sache wieder interessant.

Am meisten begeistern konnte mich die für mich gänzlich neue Sicht, mit der dieses Buch auf den Beginn des zweiten Weltkrieges schaut. Wie schwierig in dieser Zeit die Situation der Italiener in England war, war mir vorher nicht bewusst. Antonio, seine Familie und seine italienischen Bekannten reagieren alle höchst unterschiedlich auf den aufziehenden Krieg, sodass man anhand einiger Beispiele miterlebt, wie es den italienischen Einwanderer in dieser Zeit ergangen ist. Ganz anders sieht die Situation für Olivia und Bernard aus, die als reiche Londoner ganz andere Sorgen haben.

Die angekündigte Romantik kam für meinen Geschmack ein wenig zu kurz. Stattdessen begleitet der Leser die Charaktere auf ihren verschlungenen Wegen, ohne allzu tiefe Einblicke in ihre Gefühlswelt zu erhalten. Einige Wendungen konnten mich sowohl positiv als auch negativ überraschen. Über manche Fügungen des Schicksals habe ich mich gefreut, andere musste ich erst einmal verdauen. Indem es immer wieder Zeitsprünge von ein paar Monaten gibt, bleibt die Handlung in Bewegung und lässt bis zum Schluss keine Langeweile aufkommen.

Fazit
„Das Lied, das uns trägt“ bietet eine für mich völlig neue Sicht auf den zweiten Weltkrieg, die mich fesseln konnte. Über das Schicksal italienischer Einwanderer in London wusste ich bislang nichts, und die historischen Informationen habe ich deshalb interessiert aufgesogen. Die Charaktere selbst sind allesamt alles andere als perfekt und ließen leider nur selten tiefe Einblicke in ihre Gefühlswelt zu. Dennoch wird man schnell neugierig, wohin ihre Entscheidungen sie führen werden. Insgesamt vergebe ich daher drei Sterne und empfehle das Buch vor allem an Leser weiter, die sich für das historische Setting dieses Romans interessieren.

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Tiel: Das Lied, das uns trägt
Autorin: Alison Love
Übersetzerin: Susanne Goga-Klinkenberg
Taschenbuch: 400 Seiten
Erscheinungsdatum: 23. Juli 2015
Verlag: FISCHER Taschenbuch
Handlungszeit: 1937-1947
Haupthandlungsort: London
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