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Titel: Die Betrogene
Titel: Die Betrogene
Autorin: Charlotte Link
Erscheinungsdatum: 02.09.2015
Verlag: Blanvalet Verlag
rezensierte Ausgabe: Leseexemplar
(Haupt-)Handlungsort: Scalby/England
Handlungszeit: 2014
Im Buch „Die Betrogene“ von Charlotte Link ist dem
Klappentext zufolge Kate Linville, Ende 30 und Beamtin der Metropolitan Police,
die Titelfigur. Wie sich im Verlauf der Handlung herausstellt, ist sie jedoch
nicht die einzige. Kate ist die Protagonistin des ersten Handlungsstrangs
dieses Thrillers. Das Cover des Buchs
führt zu einer parallelen Handlung. Auf der Vorderseite ist ein abgelegenes
Gehöft mit Haus und Scheune zu sehen. Dunkle Wolken am Himmel künden Unheil an.
In eine solch abgelegene Gegend zieht sich der Drehbuchautor Jonas Crane mit
seiner Familie zurück, um Abstand zu seinem stressigen Alltag zu gewinnen. Die
Autorin verbindet beide Erzähllinien zu einer komplexen, anhaltend spannenden
Story.
Kate Linvilles Vater, ein ehemaliger DCI, wurde auf grausame
Weise ermordet. Einige Wochen später kommt Kate wieder nach Scalby um den
Nachlass zu regeln. Der Täter wurde bisher nicht gefunden. Es besteht eine
Vermutung jemand, den Kates Vater in früheren Zeiten des Mordes überführt hat, die
Tat begangen hat. Wenig später wird die Sekretärin einer Grundschule im nahen
Hull, ebenso grausam ermordet, von Kate aufgefunden kurz nachdem sie das
Gespräch mit ihr gesucht hat. Kate kann es nicht glauben, aber ihr Vater hatte
vor einigen Jahren eine Affäre mit ihr, während ihre Mutter eine schwere Zeit
aufgrund ihrer Krebserkrankung hatte. Der zuständige Ermittler ordnet die
sofortige öffentliche Fahndung nach dem Tatverdächtigen mit Veröffentlichung
seines Fotos an. Dieser ist nach der Entlassung aus dem Gefängnis vor einigen
Monaten untergetaucht. Doch nun befürchtet er von seiner Umgebung erkannt zu
werden und sucht nach einem abgelegenen Versteck.
Die Autorin schafft in ihrem Thriller durchgehend
interessante Charaktere, die eingewoben sind in eine von Beginn an spannende
Handlung. Im Prolog geht es um eine fünfjährigen Jungen, der sich auf einer ins
Weite laufenden Landstraße auf seinem neuen Fahrrad als Rennfahrer fühlt. Doch
dann geschieht etwas. Diese Episode sollte der Leser nicht aus seinen Gedanken
lassen, denn hierin liegt der Schlüssel für die Morde. Und dieser Schlüssel
heißt Rache.
Die Charaktere, die die Autorin hier schafft, sind
abwechslungsreich und interessant gestaltet. Kate Linville ist eher unauffällig,
Single ohne Kinder, keine festen Freunde. Sie wundert sich selbst, warum sie es
bis nach Scotland Yard geschafft hat. Sie fühlt sich vom Leben betrogen. Ihr
Vater war ihr einziger Halt im Leben. Bei der Aufklärung seines Tods stellt sie
ihr eigenes Anliegen vor jeden offiziellen Vorgang zur Ermittlung und handelt
wiederholt auf eigene Faust. Sie muss sich ordentlich anstrengen, um den Leser
von ihren Qualitäten zu überzeugen. Die im landläufigen Sinne Betrogene ist
Kates Mutter. In ihrer Hintergrundstory verarbeitet die Autorin anscheinend den
Krebstod ihrer Schwester.
DCI Caleb Hale aus Scalby, ehemaliger Alkoholiker, ist mit
der Aufklärung des Mords an Kates Vater beauftragt. Mit ihm bangt der Leser um
einen Rückfall in die Abhängigkeit, weil die Fallermittlungen nicht schnell genug
zum gewünschten Ergebnis führen. Mit viel Engagement dabei ist DC Jane Scapin,
die sich auch im Fall der verschwundenen Familie Crane hervortut. Allerdings
ist ihre Arbeitszeit eingeschränkt, da sie geschieden ist und ein
pflegebedürftiges Kind zu Hause auf sie wartet.
Parallel zu den Mordermittlungen erzählt Charlotte Link von
der Familie Crane, die nach Jahren der Kinderlosigkeit einen Jungen zur
Adoption erhalten hat. Fünf Jahre danach erscheint die leibliche Mutter bei
ihnen, um ihr Kind zu sehen. Wird sie Ansprüche an das Ehepaar stellen und
wären diese haltbar? Der geplante Urlaub auf dem einsam gelegenen Gehöft
scheint eine gute Idee. Bis die Familie unerwünschten Besuch erhält, weil der
Tatverdächtige im Mordfall Linville sich vor der Öffentlichkeit verbergen
möchte.
An vielen Stellen in diesem Thriller bangt und hofft der
Leser mit den Figuren der Geschichte. Obwohl es einige scheinbar brauchbare
Ansatzpunkte und auch immer wieder frische Ideen gibt, laufen die Ermittlungen anfangs
ins Leere. Der Schauplatz wechselt in unregelmäßiger Reihenfolge zwischen den
beiden Handlungssträngen. Einige Kapitel enden mit einem Cliffhanger, der zum
schnellen Weiterlesen bewegt. Die Autorin schafft es, den Spannungsbogen
durchgehend hoch zu halten und sorgt am Ende für eine überraschende Lösung des
Falls.
Das Buch ist feinste Meisterarbeit. Mich konnte es von
Beginn an überzeugen. Ein Muss für Krimifans! Gerne vergebe ich hierzu eine
Leseempfehlung.