Titel: Der Mittagstisch
Autorin: Ingrid Noll
Erscheinungsdatum: 26.08.2015
Verlag: Diogenes Verlag (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover Leinen mit Schutzumschlag
Handlungsort: an der Bergstraße gelegen
Handlungszeit: Gegenwart
Eine der Zofen Bathsebas, die da auf dem Cover des Buchs
„Der Mittagstisch“ von Ingrid Noll zu sehen ist, dreht leicht amüsiert ihren
Kopf zum Betrachter hin, nachdem sie ihre Herrin zum Bad begleitet und den um
ihre Gunst buhlenden David im Hintergrund wahrgenommen hat. Vielleicht ahnt sie
bereits, wie diese Erzählung enden wird. Ein Schelm, wer diese Szene auf den
vorliegenden Roman bezieht! Doch eine kleine Gemeinsamkeit ist nicht von der Hand
zu weisen, wenn auch die Geschlechter dabei vertauscht sind. Der Autorin
gelingt es im leichten Plauderton, die Protagonistin Nelly ihre Geschichte selbst
erzählen zu lassen.
Nelly ist eine alleinerziehende Mutter zweier Kinder im
Grundschulalter. Nach einer mehrjährigen Romanze mit dem nordamerikanischen
Kindsvater, ist dieser von heute auf morgen in die USA abgereist und hat
seitdem kein Lebenszeichen mehr geschickt. Glücklicherweise hat sie von ihren
Großeltern ein Haus geerbt, in dem sie nun einen Mittagstisch anbietet. Angefangen
hat es mit ihrer Freundin, die Lehrerin an der benachbarten Schule ist und der
sie ein warmes Essen in der Mittagspause anbieten wollte. Diese hat dann eine
Freundin mitgebracht, die es wiederum ihrem verwitweten Vater erzählt hat,
alles unter dem Siegel der Verschwiegenheit, denn offiziell darf es die
Teilnehmerrunde nicht geben, weil Nelly keine Konzession dafür hat. Nachdem sie
sogar in die Vergrößerung ihres Mittagsmahls investiert hat, erscheint unter
anderem der Elektriker Markus mit seiner Freundin, die beide in der
Nachbarschaft arbeiten.
Nelly mag Markus sehr, er sieht ihrem Ex-Freund sogar etwas
ähnlich, doch der Elektriker ist nur um seine Freundin besorgt. Eine
Lebensmittelallergie der Freundin möchte die Köchin ausnutzen, um sie
kurzfristig zu ärgern. Leider verläuft die Ausführung des Plans nicht so wie gewünscht.
Und dann holt auch noch die Vergangenheit Nelly ein und stellt sich ihrer
erträumten Zukunft entgegen. Bis sie sich aus der Reserve holen und zu einer
spontanen Aktion hinreißen lässt. In der Folge ist sie auf Mitwisser
angewiesen. Ob das wohl gutgeht?
Nelly ist fürsorglich und gewissenhaft. Doch als Tochter
wird sie den Ansprüchen ihrer Mutter nicht gerecht. Vor allem in Geldangelegenheiten
ist sie immer wieder auf deren Hilfe angewiesen. Ihr Hauptanliegen ist es
daher, sich finanziell unabhängig zu stellen. Doch immer wenn sie glaubt ihrem
Wunsch näher zu kommen passiert etwas Unerwartetes mit der Folge, dass sie das
gewonnene Stück vom Glück teilen muss beziehungsweise es ihr ganz abhanden zu
kommen droht.
Durch die gewählte Erzählform wird dem Leser ein Einblick in
Nellys Denken ermöglicht. Sie ist eine liebenswerte Persönlichkeit die zur
Gutgläubigkeit neigt, der man aber auch gerne das Delikt um den nicht
angemeldeten Restaurantbetrieb verzeiht. Aus den Fehlern der Vergangenheit hat
sie gelernt, so dass sie zwar im ersten Moment spontane Konsequenzen zieht,
diese aber auch hinterfragt und zu korrigieren versucht. Nicht immer können die
Schäden dabei beseitigt werden.
An Nellys Mittagstisch versammeln sich die
unterschiedlichsten Charaktere beispielsweise die altmodisch redende Freundin,
der braungebrannte Sportlehrer und der dicke, alte Schiffssteward, der Nelly
zur großen Hilfe wird. Einige werden
ganz nebenher mit wenigen Worten beschrieben, was aber ausreichend dafür ist,
den Leser über die besonderen Eigenschaften des Gastes zu informieren und ihn
meistens darüber zum Schmunzeln zu bringen.
Die Handlung eilt nur so dahin. Mir hat es Spaß gemacht, das
Buch zu lesen, nur der Schluss kommt sehr rasch. Meiner Meinung nach endet das
Buch mit einer Person zu viel, hier fehlt etwas die Nachwürze. Das Buch ist ein „Muss“ für alle Ingrid
Noll-Fans und ein Lesevergnügen für jeden Krimileser. Ich vergebe knappe 4 Sterne.