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Freitag, 30. Oktober 2015

[Rezension Ingrid] Ursula Poznanski und Arno Strobel - Fremd

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Titel: Fremd
Autoren: Ursula Poznanski und Arno Strobel
Erscheinungsdatum: 30.10.2015
Verlag: Rowohlt Verlag
rezensierte Buchausgabe: Klappbroschur
Handlungsort: München
Handlungszeit: Gegenwart



Das Gesicht einer jungen Frau und eines jungen Manns sind auf dem Umschlag des Buchs „Fremd" von Ursula Poznanski und Arno Strobel zu sehen. Die Frau auf dem Cover, der Mann auf der Rückseite, voneinander abgewandt, sich fremd geworden? Nein, so einfach ist die vorliegende Konstellation in diesem hochbrisanten Thriller nicht, die Erzählung ist sehr viel subtiler.
Die Australierin Joanne Berrigan ist schon seit einigen Jahren in Deutschland als Fotografin tätig. Eines Abends steht sie im Bad und hört Geräusche im Erdgeschoss. Sie schleicht die Treppe nach unten ins Wohnzimmer und erschrickt, als ein Mann, den sie noch nie gesehen hat, von der Küche aus den Raum betritt.

Erik Thieben, der die IT-Abteilung eines Unternehmens leitet, kommt nach einem anstrengenden Arbeitstag nach Hause. Als er ins Wohnzimmer kommt findet er dort seine Freundin Joanne vor mit der er seit einem halben Jahr zusammenlebt. Sie starrt ihn fassungslos an, fordert ihn auf zu gehen und siezt ihn dabei, weicht vor ihm zurück, wirft schließlich einen schweren Gegenstand nach ihm, um ihn zu vertreiben.

Auf Erik wirkt Joanne wie eine Verrückte, Erik ist Joanne unbekannt, auf diese Weise bauen die Autoren von Beginn des Buchs an eine Situation auf, die verstörend ist. Das Buch ist abwechselnd aus der Sicht von Erik und Joanne geschrieben. Die Geschehnisse werden mit Ausnahme der ersten beiden Kapitel chronologisch, mit ganz wenigen Überlappungen geschildert. Dadurch, dass beide aus der Ich-Perspektive erzählen, kann der Leser an den Gedankengängen der Protagonisten teilnehmen. Die Anfangsszene scheint für den Leser zunächst klar zu sein: Joanne lebt allein im Haus, es gibt keine Anzeichen dafür, dass Erik hier lebt. Meine Sympathie galt sofort Joanne, ich konnte ihre Angst vor dem Einbrecher in ihrem Haus gut nachvollziehen. Auf der anderen Seite deutet im anschließenden Kapitel, das aus der Sicht von Erik erzählt wird, nichts in der Schilderung darauf hin, dass er ins Haus eingebrochen ist, dort einen Diebstahl begehen oder sogar Joanne Schaden wollte. Er hat mit seinem Schlüssel die Haustür geöffnet, die Räumlichkeiten sind ihm bekannt.

Eine erste Kommunikation der beiden Hauptcharaktere führt zu keiner weiteren Klärung. Ein Kollege von Erik, der wegen eines Problems vorbeischaut, wird von Joanne für einen Komplizen gehalten. Auch für den Leser scheint das Argument hinreichend. Inzwischen konnte ich mich nicht entscheiden, welcher Figur ich mehr glauben sollte.  Der Thriller entwickelte den gewollten Sog und ich konnte nicht mehr aufhören zu lesen. Mein Herz klopfte, während ich hoffte, dass Erik Joanne nichts antun wird. Gleichzeitig hätte ich Joanne gerne geschüttelt und in die Wirklichkeit zurückgeholt, denn Erik ist so sehr um sie bemüht, dass es gar nicht anders sein kann, als das er Joanne seit längerer Zeit liebt und darum seine Aussagen richtig sein müssen.

Erst als Joanna an sich selbst eine seltsame Verhaltensweise bemerkt und Erik seine Aufrichtigkeit in einer dramatischen Situation beweist, finden die beiden einen Ansatz dazu, einen Schritt aufeinander zuzugehen. Selbst nachdem sie erkannt haben, dass die Gefahr von außerhalb ihrer Beziehung kommt, bleiben die Hintergründe verworren. Jede Person mit der die beiden in Kontakt stehen, wirkte undurchsichtig und schien mir verdächtig zu sein. Das blieb sehr lange so. Durch gekonnt gesetzte überraschende Wendungen bleibt der Spannungsbogen bis zum Schluss erhalten. Erst nach und nach erhält der Leser Informationen darüber, wie es zur Entstehung des aktuellen Stands der Beziehung kommen konnte.

Lange vor Schluss inszenieren die beiden Autoren ein furioses Ereignis mit nationaler Bedeutung. Lassen Sie sich überraschen! Am Ende des Buchs gibt es einen Hintergrund für die Geschehnisse, den ich so nicht vermutet hätte.

Das Buch hatte alles, was ein Thriller für mich haben muss, konnte mich begeistern und erhält von mir gerne eine Leseempfehlung. 
Interesse an einer zweiten Meinung? 
Hannas Rezension zum gleichen Buch findet ihr hier: KLICK!