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Titel: Das letzte Polaroid
Autorin: Nina Sahm
Erscheinungsdatum: 12.10.2015
Verlag: Aufbau Verlag
rezensierte Buchausgabe: Taschenbuch
Handlungsort: Budapest
Handlungszeit: 2011
„Das letzte Polaroid“ ist der Debütroman von Nina Sahm. Die
Autorin erzählt darin von einer Freundschaft die im Urlaub zwischen zwei
Mädchen im Teenageralter begann und nun nach zehn Jahren zu einer
unvorhersehbaren Entwicklung in ihrer Bekanntschaft geführt hat. Über diese
lange Zeit der Freundschaft haben Fotos, die mit einer Polaroid-Kamera
aufgenommen wurden, die beiden über die räumliche Distanz hinweg begleitet. Die
Fotos verblassen langsam wie auf dem Titelbild, doch die Erinnerungen bleiben.
Zu Beginn des 21.Jahrhunderts macht Anna aus Deutschland mit ihren Eltern Urlaub
am Plattensee in Ungarn. Im Nachbarhaus wohnt die gleichaltrige Ungarin Kinga,
die ebenfalls mit ihren Eltern von Budapest aus in die Ferien an den Balaton gekommen
ist. Ein Tag genügt und es beginnt eine Freundschaft, die für beide einen ganz
besonderen Anreiz hat. Kinga findet in Anna jemanden mit dem sie ihre kleinen
Geheimnisse teilen kann und Anna lauscht staunend den Ausführungen von Kinga
über deren erwachende Liebe. Von Annas Eltern wird die Freundschaft nicht
gutgeheißen, doch gegen deren Verbot finden die beiden einen Weg auch weiterhin
in Kontakt zu bleiben. Zehn Jahre nach dem Urlaub erhält Anna, in deren Leben
sich inzwischen einiges geändert hat, einen Brief von Kingas Mutter, die ihr
schreibt, dass Kinga nach einem Unfall im Koma liegt. Kurz entschlossen macht
sie sich auf den Weg nach Budapest. Doch aus ihrer Reise wird mehr als ihr
Besuch am Krankenbett der Freundin. Immer mehr nimmt sie Plätze ein, die bisher
von Kinga ausgefüllt wurden.
Anna ist in einem gut situierten Haushalt aufgewachsen. Ihre
Eltern legen sehr viel Wert auf Sauberkeit und Wissenserwerb, doch
Liebesbekundungen sind selten. Kingas Eltern sind viel unbesorgter, ihr Umgang
miteinander ist herzlicher. Doch Anna hat keine andere Wahl als ihre Eltern
nach dem Urlaub nach Hause zu begleiten. Der weitere Kontakt zu Anna ist ihre
erste Auflehnung gegen ihre Eltern auf dem Weg zum Erwachsensein und zu ihrer
Selbstfindung, ihre Berufswahl ist eine weitere. Lediglich einmal haben Anna
und Kinga sich in den ganzen Jahren bis zum Unfall getroffen. Anna, die
inzwischen deutlich gereift sein sollte, bewundert Kinga und kommt sogar deren
Wunsch nach als sie Anna zu einem ersten Mal verhilft. Die Schilderung fand ich
unrealistisch und zu Anna unpassend.
Als Anna spontan nach Budapest reist trifft sie hier auf den
Alltag von Kinga, den sie nur aus den Briefen kennt und auf eine Stadt, die
sich aktiv in Auflehnung zur gegenwärtigen Regierung befindet, darunter auch der
Vater ihrer Freundin. Obwohl Anna in der Ich-Form erzählt, erfährt man als
Leser wenig über die Gründe für ihr gegenwärtiges Handeln. Das lässt Platz für
eigene Interpretationen. Immer mehr nimmt sie den Platz von Kinga ein. Doch wie
in allen menschlichen Beziehungen gibt es immer zwei Personen die für die
Fortführung des Miteinanders verantwortlich sind. Es war für mich zwar
verständlich, dass Anna Freude daran findet, die Rolle der von ihr bewunderten
Kinga einzunehmen, doch dass Kingas Eltern und Kingas Freund sie so eng in ihr
Leben holen, kann ich nicht so ohne weiteres nachvollziehen.
Glaubte ich Anna durch ihre Erinnerungen näher zu kommen, so
rückte sie durch ihr Handeln in der Gegenwart wieder von mir ab und konnte mir
nicht sympathisch werden. Die Randfiguren waren interessant beschrieben. Der
Reiz der Geschichte war für mich die wunderbare Freundschaft und der
Zusammenhalt der Freundinnen über Grenzen und Jahre hinweg. Insgesamt eine nette Geschichte, aber
für mich kein Highlight.