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Strasse der Schatten von Jennifer Donnelly
Strasse der Schatten von Jennifer Donnelly
Übersetzt von Ulrike Budde
Hardcover: 448 Seiten
Erschienen am 9. November 2015
Verlag: Pendo
Inhalt
New York, 1890: Josephine Montfort stammt aus einer wohlhabenden
Familie. Gemeinsam mit anderen vornehmen Töchtern besucht sie ein Pensionat und
soll sich bald mit dem begehrten Junggesellen Bram verloben. Doch Jos
eigentlicher Traum ist es, journalistisch tätig zu sein, Enthüllungsberichte zu
schreiben und sie zu veröffentlichen. Ihr Leben wird erschüttert, als ihr Vater
durch einen tragischen Unfall stirbt. Doch kurz darauf erfährt Jo zufällig,
dass es vermutlich gar kein Unfall war, sondern Selbstmord oder gar Mord.
Gemeinsam mit dem jungen Journalisten Eddie will Jo die Hintergründe aufklären.
Dabei gerät sie bald in ein Geflecht aus Intrigen und Geheimnissen und bringt
sich selbst in Gefahr…
Meinung
Die Protagonistin Jo lernt der Leser in einem kurzen Prolog kennen, in
welchem sie sich gerade an die Aufgabe machen will, einen Toten aus seinem Grab
auszubuddeln. Wie ist Jo in diese Situation gekommen? Wessen Grab ist es? Wer
sind die Männer, die bei ihr sind? Mit diesen Fragen im Gepäck sprang ich zwei
Monate in die Vergangenheit und traf Jo in einer völlig anderen Umgebung
wieder: In einem Pensionat für wohlhabende Töchter New Yorks. Dort versucht sie
gerade, ihre Geschichte über die Ausbeutung junger Arbeiterinnen in einer
Textilfabril in der Zeitschrift des Pensionats zu veröffentlichen, ihre erster
Artikel, bei dem sie wie eine Reporterin heimlich Interviews geführt hat.
Schnell merkte man, dass Jo sich mit ihrer Freiheitsliebe in ihrem
Leben eingesperrt fühlt, denn ihre journalistischen Bestrebungen werden nicht
gern gesehen. Mit der Nachricht vom Tod ihres Vaters und den Gerüchten rund um
eine mögliche Ermordung geraden die Dinge dann schnell ins Rollen. Gemeinsam
mit dem Reporter Eddie stellt sie Nachforschungen an. Die beiden kommen aus
zwei völlig verschiedenen Welten. Während Jo wohlbehütet aufgewachsen ist und
bis dato nicht einmal wusste, was eine Prostituierte ist, hatte Eddie eine
Kindheit unter schwierigen Bedingungen. Eddie mochte ich auf Anhieb sehr, er
ist schlau, gewitzt, etwas vorlaut und stets bemüht, Jo zu beschützen. Mit Jo
hatte ich leider so meine Probleme. Im einen Moment verhält sie sich gerissen
und mutig, dann aber wieder schrecklich naiv, was für mich nicht so ganz
passte.
Das Buch versucht vor allem, den Kontrast zwischen Jos wohlbehütetem
Upper Class-Leben und ihren Abenteuern, die sie durch die gemeinsamen
Nachforschungen mit Eddie in Downtown erlebt, herauszustellen. Letzteres ist
für Jo eine komplett neue Welt, deren Spielregeln sie erst lernen muss. So
manche Situation wäre für sie böse ausgegangen, wenn sie nicht durch Zufälle
immer wieder gerettet wird. Im Gegensatz dazu steht Jos Teilnahme an
Familienfeiern und Treffen mit ihren Freundinnen, in denen über ihre anstehende
Verlobung und Belanglosigkeiten geredet wird. Gut konnte ich verstehen, dass
sie diesen Veranstaltungen gerne entflieht und sich einfach nicht damit
abfinden möchte, dass ihr ganzes Leben so verlaufen wird. Die Kapitel über Jos
vornehmes Leben zogen sich für mich allerdings zunehmend in die Länge.
Jos und Eddies Ermittlungen bestehen aus Befragungen, Nachforschungen
an Schauplätzen und sogar Besuchen im Leichenschauhaus. Die beiden müssen bald
feststellen, dass sie mit ihren Nachforschungen in ein Wespennest gestochen
haben und bald selbst Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Trotz der Abenteuer der
beiden bleibt das Tempo der Geschichte durch die Einschübe über Jos
langweiliges Leben am Tage ruhig. Erst zum Ende hin nimmt die Geschichte
wirklich an Tempo auf und konnte mich mitreißen. Die ganze Geschichte funktioniert
allerdings nur aufgrund von zahlreichen großen Zufällen, sodass es für mich
irgendwann nicht mehr glaubhaft war. Immerhin wurde ich mit einem Ende
entschädigt, das ich für gelungen halte.
Fazit
„Strasse der Schatten“ erzählt von der vornehmen New Yorker Tochter Jo,
die durch Nachforschungen zum Tod ihres Vaters zum ersten Mal das Leben
Downtown kennen lernt und in ein Netz aus Intrigen gerät. Während der Reporter
Eddie meine Lieblingsfigur des Buches war, wirkte Jo auf mich etwas zu naiv.
Auch wenn die Geschichte nur aufgrund von Zufällen funktioniert, hat mir der
Kontrast zwischen den beiden Welten, in denen Jo sich bewegt, faszinieren
können. Wenn ihr Lust auf eine Reise ins historische New York mit seinen
glänzenden und seinen düsteren Seiten habt, dann ist „Strasse der Schatten“ das
richtige Buch für Euch!