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Titel: All die verdammt perfekten Tage
Titel: All die verdammt perfekten Tage
Autorin: Jennifer Niven
Übersetzerin: Alexandra Ernst
Erscheinungsdatum: 28.12.2015
Verlag: Limes Verlag
rezensierte Ausgabe: Klappenbroschur
Finch und Violet könnten gemeinsam, wie die Figuren auf dem
Cover des Buchs „All die verdammt perfekten Tage“ von Jennifer Niven, bis zum
Mond reisen. Doch bevor die beiden sich auf den Weg machen ganz besondere Orte
für sich zu entdecken, begegnet der Leser ihnen zu Beginn des Romans hoch oben
auf dem Glockenturm der Schule. Die zwei kennen sich aus dem Kurs
„Amerikanische Landeskunde“. Auf dem Turm sind sie nicht etwa verabredet, wie man
denken könnte, sondern sie sind unabhängig voneinander dort hinaufgestiegen, um
in den Tod zu springen. Für Finch ist es nicht das erste Mal, dass er darüber
nachdenkt, sich umzubringen. Glücklicherweise hat er immer noch genügend
Motive, die ihn nach weiterem Nachdenken zum Weiterleben bewegen. Diesmal
schafft er es sogar, Violet davon zu überzeugen, zusammen den Turm zu
verlassen.
Violet hat vor einiger Zeit ihre ältere Schwester bei einem
Unfall verloren. Viele Dinge haben sie gemeinsam unternommen und jetzt sieht
sie selbst keine Perspektive mehr für ihr Leben. Ihr Ausflug auf den
Glockenturm ist nicht unbemerkt geblieben. Doch statt das Finch, der bei seinen
Mitschülern aufgrund vergangener Handlungen als Freak bekannt ist, als Retter
von Violet angesehen wird, ist es umgekehrt und Violet wird zur Heldin. Ihr
Landeskundelehrer sieht für die folgende Zeit das Projekt vor, den Heimatstaat
Indiana zu erwandern. Teamarbeit ist angesagt und er teilt die beiden dazu ein,
gemeinsam zu arbeiten. Violet ist davon nicht begeistert. Aber je öfter die
beiden sich treffen, um ihr Projekt zu planen und die ausgesuchten Orte zu
besuchen, desto besser lernen sie sich kennen und schätzen. Während bei Violet
langsam wieder Freude am Leben findet, ändern sich wesentliche Umstände für
Finch nicht. Er kämpft weiter gegen seine Rolle an, als Freak angesehen zu
werden und auch seine Familie bietet ihm kein geborgenes Zuhause. Die Schatten,
die sein Bewusstsein umnachten, werden immer dichter.
Die Reise zum Mond ist natürlich nur ein Platzhalter für all
die schönen Erlebnisse, die Violet und Finch auf ihren Reisen haben. Der
Erzählung merkt man an, dass Jennifer Niven ihren Heimatstaat liebt und sehr
gut kennt. Ich fand es sehr interessant mit den beiden Protagonisten an Orte zu
gelangen, von denen ich noch nie vorher gehört hatte, die aber etwas ganz
Besonderes sind, jenseits der üblichen Sehenswürdigkeiten, die ein Tourist in
der Regel aufsucht.
Mit sehr viel Einfühlungsvermögen schildert die Autorin die
langsame Annäherung von Finch und Violet. Sie lässt die beiden die Geschichten
in der Ich-Form schildern, wobei die Kapitel ständig zwischen ihr und ihm
wechseln. Zum Ende hin ändert sich das aber. Bemerkenswert dabei sind die
Anmerkungen unterhalb der Kapitelüberschriften, die bei Violet die Tage bis zum
Schulabschluss benennen, bei Finch aber die Tage die er bei wachem Verstand
bleibt. Finchs Gehirn hat durch Schläge anscheinend Schäden zurück behalten.
Daher ist er für jeden normalen Tag mit klarem Geist dankbar. Als Leser hofft
man schon bald, dass die Zählung der wachen Tage von Finch nicht abreißt, denn
man ahnt, dass ein Abbruch zu einem furchtbaren Ereignis führen wird.
Je mehr Violet ins Leben zurückfindet, desto mehr bemüht sie
sich darum, Finch davon zu überzeugen, sich auf die Schule und die Zukunft zu
konzentrieren. Aber sie traut sich als durchaus beliebte Schülerin nicht, sich
gegen die Machenschaften ihrer Mitschüler zu stellen um ihre Rolle im sozialen
Gefüge nicht zu verlieren. Es macht traurig zu lesen, dass ihr der Mut fehlt,
andererseits kann man nachvollziehen, dass die Anerkennung ihrer Freunde ihr
hilft wieder zurück in das Leben vor dem Tod ihrer Schwester zu finden. Freundschaften,
Mobbing, Depressionen und Gewalt in der Familie sind die ganz großen Themen die
die Autorin feinfühlig in diesem Buch verarbeitet.
Jennifer Niven hat ihre Protagonisten sehr unterschiedlich
gestaltet. Desto mehr ich über beide erfahren konnte, umso mehr wurden mir
beide sympathisch. Der Schluss des Romans ist kaum zu fassen. Die Geschichte
hat mich tief berührt und mir wieder einmal gezeigt, wie nah Freude und Leid
beieinander liegen. Klare Leseempfehlung!