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Drei mal wir
Drei mal wir
Autorin: Laura Barnett
Übersetzerin: Judith Schwaab
Hardcover: 496 Seiten
Erschienen am 11. März 2016
Verlag: Kindler
Inhalt
Cambridge, 1958: Eva ist mit dem Fahrrad auf dem Weg zum College, als
sie einem Hund ausweicht und Jim sie beobachtet. Was dann passiert, das wird in
drei Versionen erzählt. Einmal fährt Eva über einen rostigen Nagel und kommt
über ihren platten Reifen mit Jim ins Gespräch. Einmal gerät sie ins
Straucheln, fährt aber nach einem kurzen Wortwechsel mit Jim gleich weiter. Und
einmal stürzt sie und Jim eilt ihr zur Hilfe. Diese erste Begegnung in ihren
Variationen bildet den Ausgangspunkt für drei Geschichten wie das Leben von Eva
und Jim über die Jahre hinweg verläuft. Wird Eva als Schriftstellerin
erfolgreich? Wird Jim in seiner Rolle als Anwalt aufgeben oder sich doch der
Kunst zuwenden? Und vor allem: Wird der Weg der beiden ein gemeinsamer sein?
Meinung
Auf die Ausgangssituation wird auch im Cover angespielt, doch dieses
hätte mir noch besser gefallen, wenn die Situation richtig dargestellt worden
wäre. Man sieht eine Frau mit Hund auf einen Mann mit Zeitung zugehen, doch Eva
war auf dem Fahrrad unterwegs, musste einem unbekannten Mann mit Hund
ausweichen und begegnete so Jim, der mit einem Buch unterwegs war. Lobend
erwähnen muss allerdings ich die wirklich wunderschöne Gestaltung der Seiten.
Auf jeder Seite findet man Blatt- und Blütenornamente, die abhängig von der
Version, die gerade erzählt wird, in einer anderen Farbe abgedruckt sind.
Die einzelnen Kapitel sind wie gesagt relativ kurz, selten länger als
zehn Seiten. Die Versionen werden immer in der gleichen Reihenfolge erzählt,
nur gelegentlich wird eine Version ausgelassen. Sie spielen immer zur gleichen
oder sehr ähnlichen Zeiten mit einem Zeitsprung nach jeder Runde. Dadurch hat
das Buch durchweg ein sehr hohes Tempo. Bei mir hinterließ das den Eindruck
eines Zeitraffers, der immer wieder für einige kurze Momente gestoppt wird, um
sie in Echtzeit zu erzählen. Um drei Mal 56 Jahre auf knapp 500 Seiten
abzubilden, ist dieses Vorgehen schlichtweg notwendig. Dabei hat die Autorin
ihr erzählerisches Geschick unter Beweis gestellt. Dennoch fiel es mir nicht
leicht, den Überblick zu wahren. Die Anzahl der Nebenfiguren ist groß, viele
tauchen in einer, manche in beiden oder auch in allen drei Versionen auf.
Außerdem passiert manchmal in zwei Versionen etwas sehr ähnliches. So musste
ich immer wieder zurückblättern, um nachzuschauen, was in welcher Version
passiert war und was nicht.
Eva und Jim durchleben – sowohl zusammen als auch getrennt – über die
Jahre hinweg so manche Höhen und Tiefen. Mir fiel es leicht, mich in die
einzelnen Situationen hineinzuversetzen und nachzuvollziehen, was sie fühlen.
Auch die Faszination der beiden füreinander konnte die Autorin für mich
nachvollziehbar machen. Doch auch hier macht sich das hohe Tempo bemerkbar, das
Buch bleibt emotional an der Oberfläche, auch für die dramatischsten Momente
ist nur wenig Platz reserviert. So werden zum Beispiel einige Ereignisse nur
angerissen und das nächste Kapitel der Version erzählt in der Retrospektive
ganz kurz, was danach passiert ist und was die Konsequenzen waren.
Beim Spiel mit dem „Was wäre wenn“ stellt sich unweigerlich die Frage,
wie stark sich das weitere Leben abhängig von einzelnen Entscheidungen
unterscheiden kann. Die Autorin bietet mit diesem Buch ihre Gedanken dazu an.
Sie hat verschiedene Fixpunkte gewählt, die in allen Versionen gleich sind.
Evas Bruder feiert zum Beispiel in allen Versionen am gleichen Ort seinen 30.
Geburtstag und hat die gleiche Partnerin. Mit den Ähnlichkeiten und
Unterschieden in ihren Versionen hat sie mich zum Nachdenken bringen können.
Insgesamt haben die drei Geschichten mich bis zum rührenden Ende unterhalten
können, welches das Gedankenspiel der Autorin in einer für mich absolut
gelungenen Weise abschließt.
Fazit
„Drei mal wir“ bietet beste Unterhaltung mit drei Geschichten, drei Mal
zwei Leben, die hätten sein können. Mit hohem Tempo nahm Laura Barnett mich mit
auf eine Reise, in der drei Lebensversionen sich immer wieder aufeinander zu
und voneinander weg bewegen. Auch ähnliche Situationen hat die Autorin
abwechslungsreich beschrieben und mich an ihre Erzählung gefesselt. Es fiel mir
allerdings nicht leicht, den Überblick zu wahren, und manchmal sprang ich
schweren Herzens in der Zeit voran, obwohl ich bestimmte Momente gerne noch
ausführlicher erlebt hätte. Ich kann Euch nur empfehlen, diese Reise ebenfalls
anzutreten und Eva und Jim kennenzulernen!