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Titel: Eine Therapie für Aristoteles
Titel: Eine Therapie für Aristoteles
Autorin: Melanie Sumner
Übersetzerin: Eva Kemper
Erscheinungsdatum: 16.02.2016
Verlag: Dumont Verlag
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag und Lesebändchen
Der Titel des Buchs „Eine Therapie für Aristoteles“ von
Melanie Sumner ließ mich zunächst daran denken, dass die namensgebende Person
eine zu heilende Verhaltensauffälligkeit hat und der Roman diesen Prozess
beschreibt. Aber das wäre viel zu naheliegend, ist allerdings dennoch ein wenig
wahr. Erst das Blatt auf dem Cover, das sich aus der Schreibmaschine rauswindet,
führt den Leser in Kombination mit dem Titel zum Inhalt.
Die 12 ½ jährige Aristoteles Thibodeau, kurz Aris genannt,
hat von ihrer Mutter Diane, einer Dozentin für Anglistik, das Buch „Romane
schreiben in 30 Tagen!“ erhalten. Diane ist neben ihrem Beruf mit der Erziehung
von Aris und dem vier Jahre jüngeren Max manches Mal überfordert. Ihr Mann
starb, als Max noch nicht geboren war. Aris‘ Bruder ist wegen seiner hohen
Sensibilität in therapeutischer Behandlung und eigentlich wäre für Aris eine
solche auch angebracht. Weil ihre Mutter aber immer wieder vergisst, einen
Termin für sie zu vereinbaren, nimmt sie das geschenkte Buch als Ersatz.
Kapitelweise arbeitet sie sich voran, inklusive Schreibübungen. Der vorliegende
Roman ist bereits das Ergebnis des Schreibprozesses und so begleitet der Leser
Aris bei der Entstehung ihres Erstwerks.
Getreu ihrem Schreiblernbuch beginnt sie mit einem Vorwort,
das eigentlich keines ist. In der nachfolgenden Einleitung lässt die Autorin
ihre Protagonistin den Leser um Verständnis bitten, dass ihre Schreibweise
gelegentlich nicht ihrem Alter entspricht. Obwohl Aris eine große Selbständigkeit
von ihrer Mutter zugewiesen wird, ist sie von ihrer Einsicht in
Sinnzusammenhänge und im Erkennen von Gefühlslagen her Gleichaltrigen weit
voraus. Melanie Sumner nutzt jedoch die Naivität um immer wieder Leichtigkeit
in die doch so ernste familiäre Situation zu bringen. Denn die Familie hat es
nicht leicht, Diane weiß oft kaum wie sie das Schulgeld für Aris und Max
aufbringen soll. Aris wünscht sich daher, schnell einen Bestseller zu
schreiben. Das Buch gibt den Zeitrahmen vor, aber so einfach gestaltet sich das
Schreiben nicht. Es gilt, bestimmte Kriterien zu beachten, die vorhanden sein
sollten.
Aris Erfahrungswerte beschränken sich auf ihre eigene
Vergangenheit und die ihrer Familie. Doch was sich eher langweilig anhört, wird
im Roman zu einem Spiel der Realität mit Tiefgang. Nicht nur Aris
Auseinandersetzung mit dem Tod ihres Vaters, sondern auch mit Themen wie Religionszugehörigkeit
und Rassismus machen diesen Roman aus. Und so ganz nebenbei versucht Aris sich
auch darin, einen neuen Vater für sich und Ehemann für Diane zu finden.
„Eine Therapie für Aristoteles“ ist ein Buch, dem man das US-amerikanische
Setting anmerkt, das aber auch in Europa spielen könnte. Neben der amüsanten
und doch nachdenklich stimmenden Lektüre lernt der Leser gleich noch etwas über
das Schreiben von Romanen. Das Aris ihr Projekt beenden wird, steht nie in
Zweifel, schließlich liegt es in den Händen des Lesers. Ein ungewöhnliches Buch
mit einer frischen Idee, das ich gerne weiterempfehle.