Der Zirkus der Stille
Autor: Peter Goldammer
Hardcover: 256 Seiten
Erschienen am 16. April 2016
Verlag: Atlantik
Inhalt
Thaïs ist bei ihrer Großmutter aufgewachsen, die als „unvergleichliche
Madame Victoria“ im Zirkus als Pferdedresseurin auftrat. Doch Thaïs ließ das
Zirkusleben gleich nach ihrem achtzehnten Geburtstag hinter sich und zog nach
Paris. Nach dem Tod Victorias kehrt Thaïs nun nach Arles zurück, um die
Beerdigung zu organisieren und den Haushalt aufzulösen. Doch ihr Plan, die Sache
schnell über die Bühne zu bringen, gerät bald ins Wanken. In ihrem Testament
vermacht ihre Großmutter die Hälfte ihres Hauses Zirkusleuten, von denen Thaïs
noch nie etwas gehört hat und mit ihren Wagen kurze Zeit später auf der Zirkuswiese
hinter dem Haus aufschlagen. Thaïs ist neugierig auf den geheimnisvollen Cirque
perdu, der scheinbar nicht einmal eine Manege besitzt. Sie ahnt noch nicht,
dass diese Begegnung ihr Leben verändern wird…
Meinung
Das Cover des Buches ist ein echter Hingucker, doch besonders neugierig
gemacht hat mich der Titel. Mit Zirkus verbinde ich spektakuläre Vorführungen,
bunte Kostüme und lauten Applaus. Was also soll der Zirkus der Stille sein? Mit
dem Ziel, genau das herauszufinden, tauchte ich in die Geschichte ein und
machte die Bekanntschaft mit Thaïs.
Thaïs lernt man an ihrem vierundzwanzigsten Geburtstag kennen, an dem
ihr so gar nicht nach feiern zumute ist. Zum ersten Mal seit langem kehrt sie
von Paris zurück nach Arles, um dort die Beerdigung ihrer Großmutter zu
organisieren. Sie war das einzige Familienmitglied, das sie noch hatte, doch
ihre Gefühle ihr gegenüber sind gemischt. Dementsprechend unbehaglich fühlt Thaïs
sich. Die Rückkehr nach Arles konfrontiert sie mit der Vergangenheit und
Emotionen treten an die Oberfläche, die entwirrt werden wollen.
Das Testament Victorias, die Bekanntschaft zu deren Freundin Madame
Raphael und schließlich das Auftauchen der drei mysteriösen Zirkusleute bringen
Thaïs zunehmend ins Grübeln. Ihr Plan, die Sache in Arles schnell über die
Bühne zu bringen, gerät ins Schwanken. Was anfänglich ein vages Interesse für
die drei Männer auf der Zirkuswiese ist, wird allmählich mehr. Wer sind sie?
Welche Geschichte haben sie zu erzählen? Und welche Verbindung haben sie zu
Victoria? Sie alle wirken geheimnisvoll und sprechen immer wieder in Rätseln. Ohne
es zu merken, steuert Thaïs auf einen Punkt zu, an dem sie eine wichtige
Entscheidung treffen muss, die ihr weiteres Leben bestimmen wird.
Der geheimnsivolle Cirque perdu übte auch auf mich eine Faszination aus
und gemeinsam mit Thaïs wollte ich unbedingt mehr darüber erfahren und mich auf
die Reise ins Unbekannte begeben. Gleichzeitig konnte ich aber nicht ganz
nachvollziehen, warum Thaïs ihr Leben in Paris überhaupt nicht mehr
erstrebenswert findet. Um besser einschätzen zu können wie (un)glücklich sie ist,
hätte ich sie vermutlich vor ihrer Abreise kennenlernen müssen. Bis zum Schluss
hegte ich den Wunsch, sie noch besser zu verstehen, doch das fiel mir leider
schwer.
Dass nicht alle Leute das Fremde mögen, diese Erfahrung hat Thaïs schon
als Kind machen müssen. Nun muss sie sich die Frage stellen, ob sie selbst das
Fremde mag und ihr Vertrauen groß genug ist. Wird sie dem Weg bis zu seinem
Ende folgen? Und was wird sie dort vorfinden? Antworten auf diese Fragen werdet
ihr erhalten, wenn ihr Thaïs auf ihrer Reise begleitet.
Fazit
„Der Zirkus der Stille“ überzeugt durch eine ruhige, aber eindringliche
Sprache und nahm mich an der Seite von Thaïs mit auf eine Reise ins Unbekannte.
Dies ist eine Geschichte über das Suchen und Finden der eigenen Identität. Thaïs
folgt handfesten Spuren, doch es gibt auch eine mystische Komponente, vieles
wirkt wie ein Zufall und doch von langer Hand geplant. Man gerät ins
Nachdenken, doch die Stimmung wird immer wieder durch unterhaltsame Szenen
aufgelockert. Sehr gerne empfehle ich diese besondere Geschichte weiter.