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Titel: Die große Kälte
Titel: Die große Kälte
Autorinnen: Rosa Ribas & Sabine Hofmann
Erscheinungsdatum: 11.03.2016
Verlag: Kindler Verlag
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag und Lesebändchen
Schnee und Eiseskälte in Katalonien im Winter 1956 spielen
direkt in die Handlung des Romans „Die große Kälte“ von Rosa Ribas und Sabine
Hofmann hinein. Denn die in Barcelona lebende junge Journalistin Ana Marti wird
in das kleine Dorf Las Torres in den Bergen Aragoniens geschickt. Der dortige
Pfarrer hat sich bei der Zeitung, bei der Ana beschäftigt ist, gemeldet und
davon erzählt, dass dort seit geraumer Zeit ein Mädchen Stigmata an Händen und
Füßen aufweist. Für die Bewohner ist das ein Wunder, doch Ana glaubt nicht an
so was. Sie macht sich auf die Reise mit dem festen Entschluss, den Schwindel
aufzudecken. Im Ort stößt sie bei ihren Fragen nur auf Schweigen. Nachdem sie
gerade beschlossen hat, wieder nach Barcelona zurück zu kehren, wird ihr über
Nacht wegen erneuten starken Schneefalls der Weg abgeschnitten. Dann stirbt ein
Kind und es ist nicht das erste in den letzten Jahren. Ana wird dadurch
veranlasst, nicht aufzugeben. Wird sie die Geheimnisse um die Wundmale und den
Tod der Kinder lüften können?
Ana, die unter Pseudonym schreibt, weil weibliche
Journalistinnen zur damaligen Zeit nicht gern gesehen sind, fühlt sich der
Wahrheit und seriöser Berichterstattung verpflichtet. Es ist für sie nicht
leicht, mit den Menschen in Las Torres zurecht zu kommen. Zu tief sind hier
Glauben und Gemeinschaft verankert. Tonangebend sind der Bürgermeister, der Pfarrer
und vor allem ein Großgrundbesitzer und Unternehmer. Ihren Worten beugen die
Einwohner sich, weil sie sonst mit Benachteiligungen für sich und ihre Familie
rechnen. Ihre Armut verbunden mit Unkenntnis und der Abgeschiedenheit des Ortes
bringen sie in eine nicht revidierbare Abhängigkeit. Politisch stehen sie
hinter der Herrschaft Francos, Aufwiegler werden gemeinschaftlich verfolgt. Größere
Probleme und Sorgen werden hinter verschlossenen Türen diskutiert, kommen aber
unterschwellig ans Tageslicht und manifestieren sich in Sprüchen und
Kinderliedern.
Als Prolog und zwischen den Kapiteln finden sich immer
wieder kurze Einschübe in kursiver Schrift. Sie geben die Gedankengänge eines der
Charaktere wieder und stärken den Eindruck des Lesers, dass neben dem Mysterium
der Stigmata ein weiteres Geheimnis über allem liegt. Die Begründungen für die
Handlungsweisen der einzelnen Charaktere fand ich glaubwürdig. Das Wunder der
Stigmata könnte aus dem unbedeutenden Dorf einen bekannten Wallfahrtsort
machen, was gewisse Vorteile für unterschiedliche Personen bringt.
Steht im ersten Teil des Romans die Enttarnung des
vermuteten Schwindels im Vordergrund ändert der Tod eines Mädchens alles. Ana
kommt ein ungeheuerlicher Verdacht, ein Geheimnis das scheinbar jeder im Ort
kennt, aber niemand ausspricht. Immer mehr gelingt es Ana hinter die Fassade
des Schweigens zu schauen. Doch von denjenigen, von denen sie Unterstützung
erhält und die ihr langsam sympathisch werden, wird sie teilweise enttäuscht.
Der Erzählstil ist angenehm, die Handlung fließt eher ruhig,
meiner Meinung nach im mittleren Teil ein wenig sehr gemächlich. Die Autorinnen
bauen mit den unterkühlt wirkenden Figuren und der Eiseskälte des Winters einen
passenden Rahmen für ihre mysteriöse Geschichte. Ana muss förmlich in jeder
Richtung das Eis brechen. Das von allen vertuschte Geschehen wird bereits am
Beginn des Romans angedeutet und erst nahezu am Ende des Buchs aufgedeckt. Wer
einen gut konstruierten, ansprechenden Roman lesen möchte, ist hier richtig.
Gerne gebe ich eine Leseempfehlung.