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Titel: Im unwahrscheinlichen Fall
Titel: Im unwahrscheinlichen Fall
Autorin: Judy Blume
Übersetzerin: Sabine Lohmann
Erscheinungsdatum: 18.04.2016
Verlag: Heyne Verlag
rezensierte Buchausgabe: Hardcover (Leseexemplar)
Das Buchcover deutet es bereits an, was im Buch „Im
unwahrscheinlichen Fall“ von Judy Blume so Unglaubliches geschehen könnte: ein
Flugzeug rast über Hausdächer hinweg und im Anschluss daran, hier nicht im
Bild, stürzt es ab. Der Roman basiert auf einer wahren Begebenheit am Beginn
der 1950er Jahren als innerhalb von wenigen Wochen drei Flugzeuge auf die
Kleinstadt Elizabeth (New Jersey, USA) stürzten und dabei auch Häuserzeilen
getroffen wurden. Die Autorin ist in ebendieser Stadt aufgewachsen und hat die Tragödien
dort als Jugendliche selbst erlebt.
Miri Ammerman ist 14 Jahre alt als das erste Flugzeug über
Elizabeth abstürzt. Obwohl sie ohne Vater aufwächst ist sie von der Liebe ihrer
Familie, die aus ihrer Mutter Rusty, ihrer Großmutter Irene und ihrem Onkel
Henry besteht, umgeben. Auch bei der Familie ihrer allerbesten Freundin Natalie
ist sie gern gesehener Gast. Auf einer Party lernt sie den ungefähr zwei Jahre
älteren Mason kennen, der im örtlichen Waisenheim aufwächst. Für ihn stellen
sich bei Miri Gefühle ein, die sie bisher noch nicht kannte.
Doch der Absturz der Flugzeuge verändert alles. Bereits das
erste Unglück bringt Kummer und Leid über die Bewohner, aber vor allem die
Angst davor, dass ein weiterer Absturz geschehen könnte, was dann auch
tatsächlich passiert. Die zweite Katastrophe vergrößert die Angst und bringt Tote
und Verletzte unter den Einwohnern Elizabeths mit sich. Auch Miri kennt Freunde
und Bekannte, die jemand Nahestehenden verloren haben. Der Gedanke eines Umzugs
wächst in den Köpfen vieler Bewohner. Das Umfeld in dem Miri lebt ändert sich
innerhalb kurzer Zeit dramatisch. Miris Erwartungen an die Zukunft werden in
Frage gestellt.
Der Roman ist die Geschichte einer Kleinstadt. Dementsprechend
gibt es neben der Protagonistin sehr viele fiktive Charaktere. Damit der Leser
den Überblick nicht verliert, liegt dem Buch eine Karte mit den wichtigsten
Personen bei. Die nummerierten Kapitel sind unterteilt in Abschnitte, die
verschiedene Figuren in den Fokus setzen. Die Perspektivenwechsel erfolgen in
kurzen Abständen. Der Name der jeweiligen Figur, die dann im Mittelpunkt steht,
betitelt den folgenden Text. Diese ständigen Wechsel steigern die
unterschwellig beim Lesen empfundene Angst der Einwohner von Elizabeth. Am Ende
der Kapitel findet sich jeweils ein kurzer Zeitungsausschnitt. Die Autorin hat
darin den damals üblichen Schreibstil aufgegriffen und die Abstürze, aber auch
einige überregional interessante Themen von 1951/52 verarbeitet.
Judy Blume greift in ihrem Roman ein Stück Zeitgeschichte
auf, das längst in Vergessenheit geraten ist, für die Bewohner der kleinen
US-amerikanischen Stadt aber in den 1950er Jahren eine große Veränderung
brachte. Die Autorin hat die Details sehr gut recherchiert und rund um die
realen Fakten eine sehr interessante fiktive Geschichte geschaffen. Sie baut
Verbindungsbrücken zwischen ihren Charakteren, so dass deutlich wird, wie sehr
die Unglücke die gewachsene Gemeinschaft der Bewohner verändert. Als Jugendliche
war sie selber Teil davon und sie schafft es, ihre eigenen Gefühle zur
damaligen Zeit in ihre Geschichte einfließen zu lassen und dem Leser zu
vermitteln. Ihre Figuren agieren authentisch. Sie erweckt den Alltag der
damaligen Zeit gekonnt zum Leben.
Neben den Flugzeugabstürzen und der daraus resultierenden
Angst und Trauer schreibt Judy Blume aber auch im Fall Ihrer Protagonistin Miri
über das Heranwachsen in einer Gemeinschaft mit Regeln und Werten und der
ersten Liebe. Für die Familie war es wichtig, dass der zukünftige Schwiegersohn
oder die zukünftige Schwiegertochter in Religion und Herkunft den Erwartungen
entspricht. Demzufolge wurde darauf bereits bei der Auswahl der Freunde
geachtet, die der Sohn oder die Tochter trafen. Die Autorin stellt Miri in Form
ihres Onkels Henry einen Charakter zur Seite, der sie lehrt für ihre Meinung
und Ansichten einzustehen, auch wenn dabei negative Konsequenzen zu erwarten
sind.
Der Roman ist das erste Buch, das ich von der Autorin
gelesen habe. Die reale Geschichte der Tragödie kombiniert mit der fiktiven Handlung
zog mich in ihren Bann. In der ersten Hälfte des Buchs verfolgte ich verstört
die Abstürze, bevor ich dann in der zweiten Hälfte mit Teilnahme darüber
gelesen habe, welche Konsequenzen die einzelnen Personen aus diesen Unglücken
gezogen haben. Gerne empfehle ich dieses Buch weiter.