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Titel: Blasmusikpop
Titel: Blasmusikpop
Autorin: Vea Kaiser
Erscheinungsdatum: 31.07.2012
Verlag: Kiepenheuer & Witsch (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag und Lesebändchen
„Blasmusikpop“ ist der Debütroman von Vea Kaiser, in dem sie
die ungewöhnliche Lebensgeschichte der Familien Irrweins und Gerlitzens, die in
einem abgelegenen Alpenbergdorf in Österreich wohnen, über mehrere Generationen
hinweg erzählt. Die Schilderungen der Autorin gehen über Jahrzehnte, dennoch
ist es der jüngste Spross der Familie Johannes A. Irrwein der eigentlich im
Mittelpunkt steht. Die Kapitel werden von kursiv gesetzten Texten beendet, in
der die historische Geschichte des Dorfs, aufgezeichnet von eben jenem
Johannes, erzählt wird. In diesen Aufzeichnungen wird der Leser auch eine
Erklärung für den Untertitel des Buchs „wie die Wissenschaft in die Berge kam“
finden.
Einen Überblick, der eine erste Vermutung zulässt, welch
munteres Treiben im Roman zu finden ist, bekommt man auf der ersten vordersten
sowie hintersten Innenseite. In einer schematischen Zeichnung sind dort die
Anordnung der wichtigsten Häuser des Orts sowie deren Bewohner zu sehen. Das
Dorf hat es im Laufe seiner Existenz aufgrund seiner Abgeschiedenheit
geschafft, sich weitestgehend autark zu halten und ohne Einflüsse aus der
Umgebung. Aber bereits den Urgroßvater von Johannes zog es in die Welt hinaus
und seine Neugierde an den Geschehnissen außerhalb der Heimat blieb auch nach
seiner Rückkehr erhalten. Beim Vater von Johannes, der aus Tradition
Holzschnitzer gelernt hatte, weckte eine Bandwurmerkrankung den Sinn danach,
Arzt zu werden und so verließ er kurz nach der Geburt seiner Tochter Ilse das
Dorf, ohne in den Folgejahren von sich hören zu lassen.
So wuchs Ilse in den ersten Jahren vaterlos auf. Jedoch gab
es immer genügend helfende Hände, die Ilses Mutter zur Seite waren. Der nach
neun Jahren zurückgekehrte Vater hatte Probleme damit, Zugang zu seiner Tochter
zu finden. Sie war inzwischen mit den Traditionen und Bräuchen des Orts so
verbandelt, dass sie für seine wissenschaftlichen Interessen kein Verständnis
aufbringen konnte. Auch in diesen letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts in
denen Ilse aufwächst, finden technische Errungenschaften nur mühsam ihren Weg
ins Dorf. Johannes A. Irrwein ist das einzige Kind von Ilse und Alois, dem
Zimmermann. Doch statt sich für das Handwerk zu begeistern, hilft er lieber
seinem Opa bei seinen Forschungen. Zum Leidwesen seiner Mutter findet er
genügend Unterstützung dafür, statt wie im Ort üblich auf die Volksschule, im
Tal aufs Gymnasium zu gehen.
Der Leser darf im Folgenden erleben wie Johannes, der sich
bewusst ist, dass er ganz anders wie seine Altersgenossen ist, zu sich selber
findet. Für ihn ist es nicht, einfach den Erwartungen der Dorfgemeinschaft und
auch der seiner Eltern entgegenzutreten. Die Autorin ist selber in solch einem
kleinen Ort aufgewachsen und man merkt der Harmonie ihres Schreibstils an, dass
sie ihre eigenen Erfahrungen in den Schilderungen unterbringt. Liebevoll
charakterisiert sie jeden einzelnen Bewohner mit seinen Ecken und Kanten. Vor
allem Johannes wurde mir sympathisch und ich konnte sein Verhalten zu Personen,
die es gut mit ihm meinten, deren Rat er aber nicht befolgen wollte,
nachvollziehen. Es ist nicht einfach von einer Art Gruppenzwang abzuweichen.
Eingebettet in eine bezaubernde Bergwelt wünscht man sich
als Leser etwas von der Gleichförmigkeit des Lebens, die im Bergdorf des Romans
vorhanden ist, mit einer gewissen Gelassenheit für sich selbst. Der Dialekt in
dem die Autorin die Bewohner sprechen lässt, fängt die ganz besondere Stimmung
des Ortes und des Miteinanderseins ein. Vea Kaiser zeigt auf, dass es auch in
solch einer kleinen 400-Seelen-Gemeinde durchaus Highlights gibt, sei es durch
den neuen Stürmerstar beim Fußball oder dem ewigen Tratsch, der ein Windeseile
auch die kleinste Abweichung vom Alltag im ganzen Dorf weiter verbreitet.
Die Autorin, die in ihrem Debüt eigentlich nur von täglichen
Höhen und Tiefen des Lebens im Ort beziehungsweise vom Schulalltag im Gymnasium
von Johannes schreibt, tut dies auf eine so amüsante, charmante Weise, sodass
sie den Leser in seinen Bann zieht und ihn vielfach zum Schmunzeln bringt.
Gerne empfehle ich das Buch an Jedermann weiter.