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Titel: Ein Monat auf dem Land
Titel: Ein Monat auf dem Land
Autor: J.L. Carr
Übersetzerin: Monika Köpfer
Erscheinungsdatum: 19.07.2016
Verlag: Dumont Verlag (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Lesebändchen
„Ein Monat auf dem Land“ des schon vor Jahren verstorbenen
Autors J.L.Carr erscheint zum ersten Mal
in deutscher Sprache. Das Cover des Buchs wirkt schlicht, aber doch wertvoll in
seiner Einfachheit, so wie das Leben auf dem Land. Ein Blatt in Form eines
Vogels hebt sich haptisch und glänzend von einem cremeweißen, strukturierten Untergrund
ab.
An einem regnerischen Sommertag im Jahr 1920 kommt der Londoner Restaurator Tom Birkin am
Bahnhof des kleinen Städtchens Oxgodby in Yorkshire an. Er hat den Auftrag angenommen,
ein Wandgemälde aus dem Mittelalter in der Kirche freizulegen. Mit in seinem
Gepäck hat er neben wenigen Dingen für das alltägliche Leben einen Haufen
Erinnerungen an seine Zeit als Soldat im 1. Weltkrieg. Sichtbar geblieben ist
ihm aus dieser Zeit ein ständiges Zucken im Gesicht.
Tom liebt seine Arbeit. Und hier, weit entfernt von der
Hektik der Großstadt, findet er die Ruhe die er benötigt, um seine Gedanken zu
ordnen. Neben den furchtbaren Kriegserfahrungen beschäftigt ihn vor allen
Dingen, dass seine Frau ihn wegen eines anderen Mannes verlassen hat. Nicht
jeder in der Dorfgemeinschaft freut sich über seine Anwesenheit. Doch die
Schönheit der Landschaft und die Herzlichkeit der meisten Ortsansässigen geben
ihm den nötigen Abstand zu seiner Vergangenheit und die Ruhe dazu, sein Leben
neu auszurichten.
Die Geschichte wird in der Ich-Erzählperspektive Tom Birkins
geschildert. Auf diese Weise kann der Leser auch seinen Gedanken folgen. Tom
ist ein guter Beobachter. Personen weiß er so zu beschreiben, dass man sie sich
gut vorstellen kann. Beispielsweise ist da der geizig erscheinende Pfarrer
Keach mit seiner bezaubernden, an seiner Arbeit interessierten Frau. Oder auch Charles Moon, ein Ausgräber vor Ort, der zu einem
guten Kumpel von ihm wird. Die Familie des Stationsvorsteher und Laienpredigers
Ellerbeck nimmt sich seiner in besonderer Weise an und er erhält dadurch die
Möglichkeit am Dorfleben aktiv mitzuwirken.
Tom Birkin erzählt in der Retrospektive. Sehr viele Jahre
später erinnert er sich mit Wehmutl an die damalige Zeit. Über seinen
derzeitigen Status erfährt man nichts. Dennoch verbleibt beim Leser der
Eindruck, dass er sein Glück sowohl im Beruf als auch in der Liebe gefunden
hat. Der Monat oder eigentlich mehrere Wochen in der ländlichen Gegend von
Oxgodby haben ihn verändert, er hat sich mit seiner Vergangenheit ausgesöhnt. In
der ihm zur Verfügung gestellten Glockenturmkammer lebt er sehr bescheiden und ist mit Wenigem
zufrieden. Er versucht zu verstehen, warum seine Frau ihn verlassen hat und
beginnt langsam sich für neue Erfahrungen zu öffnen. Besonders stolz macht ihn
in dieser Zeit, dass seine Fähigkeiten als Restaurator Anerkennung finden. Seine
Arbeit am Wandgemälde gibt der Autor realistisch und mit Kenntnissen wieder.
J.L. Carr ist gebürtig aus Yorkshire und versteht es, die
Liebe zu seiner Heimat in diesem Buch dem Leser zu vermitteln. Ein heiterer
Grundton überlagert die schrecklichen Erinnerungen des Protagonisten. Der Autor
erzählt mit sehr viel Einfühlungsvermögen. „Ein Monat auf dem Land“ ist eine
berührende Geschichte, die in Erinnerung bleibt, daher meine Leseempfehlung.