Nach einer wahren Geschichte
Autorin: Delphine de Vigan
Übersetzerin: Doris Heinemann
Hardcover mit Schutzumschlag: 350 Seiten
Erschienen am 17. August 2016
Verlag: DuMont Buchverlag
Link zur Buchseite des Verlags
Autorin: Delphine de Vigan
Übersetzerin: Doris Heinemann
Hardcover mit Schutzumschlag: 350 Seiten
Erschienen am 17. August 2016
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Inhalt
Nachdem Delphine mit einem Buch über das Leben ihrer Mutter große
Erfolge gefeiert hat, wäre es für sie nun an der Zeit, mit der Arbeit an einem
neuen Werk zu beginnen. Zwar hat sie schon eine erste grobe Idee, möchte wieder
zur Fiktion zurückkehren. Doch der unerwartete Erfolg ihres letzten Buches hat
bei ihr zu Müdigkeit und Überforderung geführt. Zu genau diesem Zeitpunkt lernt
sie die faszinierende L. auf einer Party kennen. Sie arbeitet als Ghostwriter und
wirbt schon bald höchst aktiv um ihre Freundschaft. Delphine, die sich von ihr
verstanden fühlt und viele Gemeinsamkeiten entdeckt, geht diese neue
Freundschaft nur zu gerne ein. Erst merkt sie nicht, dass L. zunehmend Einfluss
auf sie ausübt – und dann ist es schon bald zu spät…
Meinung
Im Prolog des Buches lernt man die Protagonistin Delphine kennen, die
dem Leser ein erstaunliches Geständnis macht: Sie hat kurze Zeit nach dem
Erscheinen ihres letzten Romans für drei Jahre kein Wort mehr geschrieben,
reagierte ihr Körper doch mit heftigem Unwillen, sobald sie es versuchte.
Diesen Zustand bringt sie mit dem Kennenlernen von L. in Verbindung, die ihr zu
der Zeit begegnete, als sie eigentlich die Arbeit an einem neuen Buch hätte
beginnen sollen. Diese ersten drei Seiten machten mich neugierig: Wie ist es
zur Schreibunfähigkeit der Protagonistin gekommen? Und was hat das mit L. zu
tun?
Im Folgenden nimmt Delphine den Leser mit in die
Vergangenheit und beschreibt relativ chronologisch die Ereignisse ab dem Tag, vor
dem sie L. kennenlernte. Der Trubel rund im ihr jüngstes Buch, das auf dem
Leben ihrer Mutter basiert, hat sie ausgelaugt. In diesem Zustand hat L.
leichtes Spiel, sie schleicht sich im Nu in Delphines leben, wird zur Freundin,
zur besten Freundin, schließlich zur einzigen Freundin. Aus den Worten der
Erzählung lässt sich herauslesen, wie schwer es Delphine noch immer fällt,
davon zu berichten. Hier und da hat sie Erinnerungslücken, wiederholt Beobachtungen,
die ihr wichtig erscheinen oder stellt Mutmaßungen an, da sie sich in Bezug auf
einige Dinge noch immer nicht sicher ist. Immer wieder greift sie auch bewusst
vor oder erzählt eine weiter zurückliegende Erinnerung, um einer bestimmten
Szene zusätzliche Bedeutung zu geben.
Die Art und Weise der Erzählung lässt umfassende psychologische
Einblicke in die Verfassung der Protagonistin zu und man begleitet sie auf der
unausweichlich scheinenden Abwärtsspirale. L. bleibt hingegen mysteriös, nie
ganz durchschaubar. Sie sondiert die Lage, wägt ab, traut sich immer weiter in
Delphines Leben und sorgt gleichzeitig dafür, dass ihre Beziehung ein Geheimnis
bleibt. Nach und nach wird dem Leser klar, wie meisterhaft, umfassend und
erschreckend L.s Manuipulation ist. Wie viel davon hat sie tatsächlich schon
lange im Voraus überaus sorgfältig vorbereitet?
Die Doppeldeutigkeit des Titels gefällt mir. Zum könnte
es darauf hindeutet, dass sich zwischen den Buchdeckeln eine Erzählung
basierend auf wahren Ereignissen verbirgt. Es könnte aber auch darauf
anspielen, dass Delphine sich fragt, wie es für sie nach der Veröffentlichung
ihres auf Tatsachen basierenden Buches weitergeht. Die Autorin spielt gelungen
mit Realität und Fiktion, stellt die Trennung klar zur Frage. Wie viel Fiktion
darf in einer wahren Geschichte stecken und umgekehrt? Was will das Publikum
lieber lesen? Und schreibt ein Autor für sich selbst oder das Publikum? Diese
Fragen laden zum Nachdenken ein. Gleichzeitig fühlte ich mich aber nicht dazu
aufgefordert, beim Lesen dieser Autofiktion den Versuch zu unternehmen, wahre
von fiktiven Aussagen zu trennen, sondern ließ den Roman als Ganzes auf mich
wirken.
Das Tempo des Buches ist ruhig und die Erzählerin
nimmt sich die Zeit, L.s schrittweises Eindringen in ihr Leben ausführlich zu
beschreiben. Im Rückblick war dies nötig, um Delphines psychologische
Entwicklung in ihrer Gänze zu verstehen. Für mich wurde das Buch noch etwas
interessanter, als L. immer aktiver beginnt, in Delphines Leben einzudringen.
Zum Ende hin wird schließlich noch einmal alles, was man zu wissen glaubte, in
Frage gestellt. Ich habe eine solche Wendung erwartet, für mich schließt diese
das Buch genau richtig ab.
Fazit
In „Nach einer wahren Geschichte“ berichtet Delphine
von ihrer Bekanntschaft zur mysteriösen, faszinierenden L. ihr zum Verhängnis
wird. Schleichend nimmt L. immer stärker Einfluss auf Delphines Entscheidungen,
was auf den ersten Blick lieb gemeint scheint stürzt sie schließlich in eine
tiefe Krise. Mir hat dieser psychologische Roman, der verdeckte Manipulation
und die Frage nach der Grenze zwischen Fiktion und Realität in den Mittelpunkt
stellt, sehr gut gefallen.
Eine weitere Rezension zum Buch "Nach einer wahren Geschichte" findet ihr hier: KLICK!