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Freitag, 30. September 2016

[Rezension Ingrid] Flawed - Wie perfekt willst du sein? von Cecilia Ahern


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Titel: Flawed - Wie perfekt willst du sein?
Autorin: Cecilia Ahern
Übersetzerinnen: Christine Strüh und Anna Julia Strüh
Erscheinungstermin: 29.09.2016
Verlag: Fischer Jugendbuch (FJB) (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag als Ausleihe von Hanna (Danke <3)

„Flawed – Wie perfekt willst du sein?“ ist der erste All-Age-Roman von Cecilia Ahern und der erste Teil einer Dilogie. Die uns heute bekannten Staaten unserer Erde existieren auch in „Flawed“. Wir befinden uns als Leser also nicht in einer eigens für das Buch geschaffenen Welt wie es in Fantasys möglich ist, sondern Cecilia Ahern nimmt ihre Leser in dieser Dystopie mit nach Irland in eine naheliegende Zukunft. Doch nach Vorfällen in der Vergangenheit des Staates hat das Land zum Schutz seiner Bürger sein Gerichtssystem weiterentwickelt.

Die Protagonistin Celestine hält sich selbst für perfekt. Beste Schulnoten scheinen ihr Recht zu geben. Sie ist bei ihren Klassenkameraden beliebt. Ihre Eltern sind wohlsituiert und sie wohnen in einer der besten Gegenden Dublins. Zu ihren Nachbarn gehört Richter Crevan, der an der Spitze des Gerichts der Gilde steht, die über die Fehlerhaften urteilen. Fehlerhafte sind Bürger, die sich gegenüber der Gesellschaft moralisch und ethisch falsch verhalten haben und zur Strafe markiert werden. Celestine ist mit dem Sohn des Richters liiert. Doch dann gerät Celestine in eine Situation bei der ihre scharfe Logik und ihr Mitgefühl über ihren Verstand siegen. Für alle, die ihr Handeln beobachtet haben, hat sie sich fehlerhaft verhalten. Plötzlich findet sie sich auf der Anklageseite wieder. Nur wenn sie ihren eigenen Prinzipien untreu wird, könnte sie eventuell eine Strafe vermeiden. Wie wird sie sich entscheiden?

Beim Thema „Flawed“, ins Deutsche übersetzt so viel wie „fehlerhaft“ oder auch „mit charakterlichen Mängeln behaftet“ erscheinen in meiner Erinnerung gleich zu Beginn des Lesens verschiedenste Szenarien. Die Masse aller Bürger hat, beginnend von einzelnen Stimmen, immer schon gegen unerwünschte Personen versucht, diese zu benennen und sie zum Schweigen zu bringen. Oftmals endete die Beschuldigung für die betroffenen Personen im Fiasko. In unserer heutigen Zeit erreichen solche Benennungen eine neue Dimension. Aktuell werden mit zunehmender Vernetzung immer mehr Daten öffentlich. Äußert sich der Einzelne gegen den Mainstream besteht die Möglichkeit, dass er in den Fokus der Medien gerät und von diesen an einen virtuellen Pranger gestellt wird. Cecilia Ahern spinnt diese Tatsache in ihrem Buch „Flawed“ weiter und zeigt uns in beängstigendem Maße wohin die Zukunft führen kann.

Eigentlich fühlt Celestine sich in ihrem Leben sehr wohl und sieht ihre Zukunft bereits deutlich vor sich. Sie hat ein untrügliches Gespür für Zahlen und Logik und genau hier, bei dieser für sie so wichtigen Eigenschaft wird sie durch das Verhalten ihrer Mitmenschen getroffen und ihre Vorstellung von einer perfekten Welt kommt ins Wanken. Sie gehört zu einer Familie, die medientauglisch ist. Ihre Mutter ist Model, ihr Vater Chef eines Nachrichtensenders. Sie pflegen persönliche Beziehungen zum hoch angesehenen Kreis der Gildemitglieder. Ihrem jugendlichen Alter ist es geschuldet, dass sie sich zunächst nicht bewusst ist, wie sehr ihre Meinung durch die Zugehörigkeit zu einer Familie die Trends zu setzen, vermag die Menge beeinflussen kann und warum sie daher zum Präzedenzfall in der Öffentlichkeit wird.

Im Gegenzug dazu zeichnet die Autorin mit Art, dem Freund Celestines, einen jungen Mann, der sich seiner Bedeutung als Sohn des obersten Gilderichters durchaus bewusst ist und für den es zum Problem wird, seine Beziehung mit Celestine fortzusehen, sollte ihr Verhalten als fehlerhaft beurteilt werden. Anders wie Celestine fehlt ihm für seine Vorstellungen von der persönlichen Zukunft die nötige Unterstützung aus seiner Umgebung.  

Cecilia Ahern ist nicht zimperlich in der Beschreibung einiger Szenen. Dadurch, dass das Buch in der Ich-Form geschrieben ist, kann der Leser Celestines Gefühle bei denen im Laufe der Seiten die Angst zu dominieren beginnt umso deutlicher nachfühlen.

Über die von Cecilia Ahern beschriebene Gesellschaft war ich von Beginn an entsetzt. Die Geschichte hat mich ab einem bestimmten Punkt mitgerissen und ich habe mit Celestine darauf gehofft, dass jemand den Wahnsinn der Markierungen und ihr eigenes Leid stoppen kann. Das Buch hat mich nachdenklich darüber gestimmt, ob die Schilderungen real werden könnten.

Der Roman endet mit einem Cliffhanger der mich mit Spannung bereits die Fortsetzung erwarten lässt. Aufgrund einiger Schilderungen empfehle ich das Buch an Jugendliche ab 15 Jahren, junge Erwachsene und Ältere.

Hier findet ihr die Rezension von Hanna zum Buch: KLICK!

Donnerstag, 29. September 2016

[Rezension Hanna] Flawed. Wie perfekt willst du sein? - Cecelia Ahern


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Flawed. Wie perfekt willst du sein?
Autorin: Cecelia Ahern
Übersetzer: Anna Julia und Christine Strüh
Hardcover: 480 Seiten
Erschienen am 29. September 2016
Verlag: Fischer FJB
Link zur Buchseite des Verlags

Inhalt
Die siebzehnjährige Celestine ist mit ihrem Leben rundum zufrieden: Sie stammt aus einer einflussreichen Familie, hat tolle Noten und mit Art einen süßen Freund. Arts Vater Bosco Crevan ist einer der mächtigsten Männer im Land, er ist der oberste Richter der sogenannten Gilde, die beurteilt, ob Menschen fehlerhaft sind, sich also in der Gesellschaft moralisch oder ethisch falsch verhalten haben. Bislang hat sich Celestine darum nicht allzu viele Gedanken gemacht und findet das Vorgehen der Gilde grundsätzlich richtig. Doch als ihrer Nachbarin und Klavierlehrerin der Prozess gemacht wird, kommt sie ins Nachdenken. Schließlich gerät sie in ein Dilemma und muss sich entscheiden, ob sie nach Bauchgefühl und Überzeugung handelt oder sich an die Regeln hält. Celestines Sicht auf die Gilde wird danach nicht mehr dieselbe sein…

Meinung
Als ich hörte, dass Cecilia Ahern ihren ersten All-Age-Roman beziehungsweise gleich eine Dilogie in diesem Genre geschrieben hat, war mein Interesse sofort geweckt. Eine Gesellschaft, die nach Perfektion strebt und dabei Fehlerhaften den Prozess macht, klang nach einer spannenden Grundidee. Die Protagonistin Celestine lernt man bei einer Feier kennen, zu der ihre Eltern ihre Nachbarn, die Crevans und die Tinders, eingeladen haben. Was als unterhaltsames Abendessen geplant ist endet aber schon vor dem ersten Gang im Fiasko, denn Angelina Tinder wird von Whistleblowern abgeholt, die vermeintlich Fehlerhafte in Gewahrsam nehmen. Celestines heile Welt bekommt nach wenigen Seiten erste Risse.

Sehr schnell bekam ich als Leserin einen ersten Überblick darüber, was die Gilde tut und was es heißt, von ihr als fehlerhaft verurteilt zu werden. Im Gegensatz zu Kriminellen werden sie nicht eingesperrt, sondern je nach Art ihres Vergehens an einer anderen Stelle gebrandmarkt und sind zu einem isolierten Leben inmitten der Gesellschaft verdammt. Das Prinzip ist schnell verstanden, doch ich hätte mir noch mehr Informationen zur Gesellschaft gewünscht. Wie kam es dazu, dass die Gilde zu einer permanenten Institution wurde und vom Großteil der Bevölkerung so befürwortet wird?

Schnell merkt man als Leser, dass das Vorgehen der Gilde alles andere als fair, ja eigentlich ziemlich willkürlich ist. Und Celestine, die bislang ziemlich naiv wirkte, scheint eine der wenigen zu sein, denen das auffällt. Der Anlass, der die Dinge ins Rollen bringt, stand für mich in keinem Verhältnis zu den Reaktionen. Ich konnte einfach nicht glauben, dass es in all den Jahren noch keinerlei offenen Protest gab, durch diese vereinfachten Darstellungen verlor das Buch für mich an Glaubwürdigkeit. Als es dann auch noch einige eklige Szenen gab, geriet mein Lesefluss zunehmend ins Stocken.

In der zweiten Buchhälfte hat die Geschichte dann noch einmal deutlich zugelegt und meine Gunst stückweise zurückerobert. Endlich bricht Celestine aus der abgeschirmten Welt aus, in der sie all die Jahre gelebt hat, und sie und der Leser erfahren mehr über die politischen Vorgänge und gut gehütete Geheimnisse. Die Protagonistin, die sich schon früh als überraschend mutig offenbart hat, macht eine tolle Entwicklung durch und wählt ihre Kämpfe klug und sorgfältig aus. Dass sie immer noch ein Teenager ist, wird in Momenten klar, in denen sie ihren Gefühlen freien Lauf lässt. Das machte sie nahbar und hat mir gut gefallen. Neben all den turbulenten Vorgängen rund um die Gilde, Presse, Vertrauen und Verrat spielt ihre Familie und ihr Freund eine wichtige Rolle und es gab einige berührende Momente. Die Mischung zwischen Celestines Agieren in der Öffentlichkeit und im Privaten, verbunden mit verschiedensten Herausforderungen, ist der Autorin absolut gelungen.

Indem ich immer mehr darüber erfuhr, was in der Politik geschieht und welche Pläne einzelne Personen verfolgen, verstand ich Zusammenhänge zunehmend besser und die Spannung stieg an. Wer wird sein Ziel erreichen, wer wird von den anderen gestoppt? Wem kann Celestine vertrauen, und wer nutzt sie für seine Zwecke aus oder will sie nur aushorchen? Der erste Teil endet mit einem vielversprechenden Cliffhanger, der große Lust machte, im zweiten Teil weiter nach Antworten auf diese Fragen zu suchen.

Fazit
„Flawed. Wie perfekt willst du sein?“ erzählt die Geschichte von Celestine, die in einer Gesellschaft lebt, in der moralische oder ethische Fehltritte mit Brandmarkung und gesellschaftlicher Ächtung bestraft werden. Als die Protagonistin beginnt, Dinge zu hinterfragen, wird es für sie bald gefährlich. Das Buch bietet eine gute Mischung aus Gefühl, Spannung und so manchen Szenen, in denen man gemeinsam mit Celestine leidet. Für den ersten Teil der Dilogie vergebe ich knappe vier Sterne.


Hier findet ihr die Rezension von Ingrid zum Buch: KLICK!

Mittwoch, 28. September 2016

[Rezension Hanna] Im Schatten unserer Wünsche. Die Clifton-Saga 4 - Jeffrey Archer


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Im Schatten unserer Wünsche. Die Clifton-Saga 4
Autor: Jeffrey Archer
Übersetzer: Martin Ruf
Taschenbuch: 544 Seiten
Erschienen am 12. September 2016
Verlag: Heyne
Link zur Buchseite des Verlags

Die Reihe

Die Clifton-Saga

Band 1: Spiel der Zeit (Rezension)
Band 2: Das Vermächtnis des Vaters (Rezension)
Band 3: Erbe und Schicksal (Rezension)
Band 4: Im Schatten unserer Wünsche
Band 5: Die Wege der Macht (April 2017)
Band 6: Möge die Stunde kommen (September 2017)
Band 7: Winter eines Lebens (Januar 2018)


Inhalt
Bristol, 1957. Die Barrington Schifffahrtgesellschaft steht kurz vor einer wegweisenden Entscheidung: Wird der Vorstand, dem auch Emma angehört, sich für oder gegen den Bau eines Luxusliners entscheiden? Alte Feinde lassen unterdessen nichts unversucht, das schlechtmöglichste Ergebnis für die Barringtons herbeizuführen. In der Politik stehen für Giles derweil wichtige Wahlen an, denn er will in die Spitze seiner Partei aufsteigen. Und die Ereignisse rund um Sebastians schrecklichen Autounfall führen zu überraschenden Bekanntschaften, die noch äußerst hilfreich werden könnten…

Meinung
Nachdem der dritte Band der Clifton-Saga in inzwischen gewohnter Manier mit einem fiesen Cliffhanger endete, setzt dieses Buch an genau dieser Stelle wieder ein und erzählt, was bei Sebastians Autounfall passiert ist. Hier kommt es zu höchst dramatischen Momenten, doch insgesamt wird dieser Erzählstrang relativ schnell beendet und die Handlung wendet sich neuen Themen zu.

Dreh- und Angelpunkt des Buches sind diesmal die Vorgänge im Vorstand der Barrington Schifffahrtgesellschaft sowie der Racheplan von Don Pedro Martinez. Letzterer unternimmt alles, um den Familien Barrington und Clifton möglichst großen Schaden zuzufügen. Dazu bringt er erst einmal wieder Alex Fisher in den Vorstand der Gesellschaft. Das war der erste Moment, in dem mir der Gedanke „Nicht schon wieder“ kam. Und dabei sollte es leider nicht bleiben. Themen, Schauplätze und Antagonisten ähnelten mir viel zu sehr dem bereits bekannten und vermisste innovative Elemente. Der Leser liest sich an Emmas Seite durch lange Verhandlungen im Vorstand, ist dabei, wenn Giles sich erneut in den Wahlkampf stürzt und beobachtet wieder den strategischen Verkauf und Ankauf großer Aktienmengen der Gesellschaft.

In der Konsequenz konnte ich diesmal einfach nicht richtig mit den Charakteren mitfühlen. Langweilige Reden werden in die Länge gezogen, emotionale Momente hingegen viel zu schnell abgehandelt. Mit dem dramatischsten Moment des Buches war ich so gar nicht einverstanden, denn er wird dem betroffenen Charakter einfach nicht gerecht und war viel zu kurz. Zudem ist der Verlauf von Situationen immer wieder ähnlich aufgebaut, sodass ich absehen konnte, worauf etwas hinausläuft und bei mir keine dauerhafte Spannung aufkommen wollte. Konnten mich die ersten Teile der Serie noch mit interessanten Themen und einer sorgfältig konstruierten Handlung überzeugen, nimmt das erzählerische Geschick inzwischen zunehmend ab.

Immerhin ein neues Element gab es, dank dem ich neugierig genug war, um das Buch weiterlesen zu wollen. Der Bankdirektor Cedrik Hardcastle wird als Konsequenz eines Zufalls Mitglied des Vorstands der Schifffahrtsgesellschaft. Zwar konnte ich seine Motivation, sich in die Geschäfte einzumischen, nicht gänzlich nachvollziehen, doch es hat mir gefallen, wie er mit seiner klugen und vorausschauenden Art bald zu einem wichtigen Unterstützer der Familien wurde. Zudem kann er ein Familienmitglied überzeugen, in seiner Bank zu arbeiten, wodurch ich Cedrik in verschiedensten Situationen kennen und schätzen lernte. Mit seiner Hilfe kommt es schließlich zu einem tollen Erfolgsmoment, der jedoch schon bald zerstört wird und für den nächsten Cliffhanger sorgt.

Fazit
Nach einem starken und dynamischen Start in die Reihe steckt der Autor leider zunehmend weniger Sorgfalt in den Aufbau seiner Geschichte. In „Im Schatten unserer Wünsche“ gab es viel zu viele Wiederholungen von Handlungselementen, und das Auftreten von Alex Fisher als Antagonist in wechselnden Funktionen kann mich nicht mehr fesseln. Der neue Charakter Cedrik Hardcastle sorgte immerhin für einige interessante Momente. Unter dem Strich hat mich das Buch jedoch enttäuscht, denn den Schwung, die intelligente Konstruktion und die Spannung der ersten Teile habe ich vergeblich gesucht.

Dienstag, 27. September 2016

[Rezension Ingrid] Familie der geflügelten Tiger von Paula Fürstenberg


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Titel: Familie der geflügelten Tiger
Autorin: Paula Fürstenberg
Erscheinungsdatum: 11.08.2015
Verlag: Kiepenheuer & Witsch (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag und Lesebändchen

Die verschiedenfarbigen Linien auf dem Cover des Buchs „Familie der geflügelten Tiger“, dem Debütroman von Paula Fürstenberg, stehen für die Strecken der Straßenbahn auf deren Wegen die 20-jährige Johanna Ende 2007 unterwegs ist. Denn entgegen dem Wunsch ihrer Mutter macht sie nach dem Abitur eine Ausbildung zur Straßenbahnschaffnerin in Berlin. Um dem Dorfleben in Mecklenburg-Vorpommern zu entkommen, wo sie geboren wurde und aufwuchs, ist sie in die Bundeshauptstadt gezogen.

Eine Kopie der Ebstorfer Weltkarte gehört zur Kartensammlung von Johanna. Vor allem ein geflügelter Tiger lenkt immer wieder ihre Aufmerksamkeit auf sich. Es ist weniger der Mut dieses Tiers, sondern vielmehr die Tatsache, dass er als Fabelwesen ins Reich der Fantasie gehört, warum er Johanna beunruhigt. Denn Fantasie gehört zu ihrem Leben dazu, vor allem wenn es darum geht, das Fehlen ihres Vaters Jens, der Frau und Tochter wenige Wochen vor dem Fall der Berliner Mauer plötzlich verlassen hat, in ihrem Leben zu erklären. Sie hat bisher ihr Unwissen damit aufgefüllt, wenn es um eine Erklärung ging weshalb er verschwunden ist, womit er seinen Lebensunterhalt verdient und wo er heute lebt.

Bei einem der immer seltener gewordenen Besuche bei ihrer Mutter erzählt diese ihr von dem unerwarteten Anruf ihres Vaters, der seine Tochter um Rückruf gebeten hat. Dadurch erfährt sie, dass Jens in einem Krankenhaus liegt, gar nicht weit von ihrer eigenen Wohnung entfernt. Sie hat Hoffnung darauf, endlich Antworten auf schon lange bestehende Fragen zu erhalten.

Johannas Suche nach den Gründen für das Verschwinden ihres Vaters wird zu einem Ausflug in die Geschichte Deutschlands vor und nach dem Mauerfall. Gerade weil Johanna noch zu jung dazu ist, sich an die Zeit im Osten vor der Wende zu erinnern, ist sie auf die Erzählungen anderer angewiesen. So entsteht aus vielen subjektiven Schilderungen ein Bild in ihrem Kopf, der ihr als Hintergrund dazu dient zu verstehen, was ihrem Vater damals und in der Folgezeit zugestoßen ist. Aber rund wird dieses Bild für sie nicht. Die Suche ist für sie auch ein Stück Suche nach sich selbst und mit der Zeit beginnt die Vergangenheit eine andere Bedeutung für sie zu erhalten.

Die Charaktere im Roman sind fein gezeichnet und durchgehend interessant. Die Autorin hat mit viel Einfühlungsvermögen die Situation in der Johanna sich befindet beschrieben. Hilfreich dabei war sicher, dass ihre Protagonistin gleichaltrig mit ihr ist. Der Leser erhält Informationen zu den markantesten Stationen im Leben der handelnden Personen. Das Wissen über die staatliche Macht der DDR und Vorstellungen von deren Eingreifen spielen in die Gedankengänge der Figuren hinein. Die Autorin versucht jedoch nie zwischen Ost und West zu werten.

Paula Fürstenberg wählt für ihren Roman die Ich-Form. So lässt sich leicht Johannas Hartnäckigkeit, die Gründe für ungewöhnliche Entscheidungen und die Konsequenzen, die sie aus ihren Handlungen zieht, verfolgen. Ein leiser Humor gibt der Geschichte die Leichtigkeit und hilft Johanna dabei all die Neuigkeiten zu verarbeiten, die Vergangenheit zu akzeptieren und voller Hoffnung in die Zukunft zu schauen, obwohl ihr Vertrauen gelitten hat. 

Unerwartete Familienbegegnungen, überraschende Wendungen und viel Platz für eigene Spekulationen über die Gründe des Verschwindens von Johannas Vater machten mir das Buch zu einem Lesevergnügen. Gerne habe ich auch daran zurückgedacht, wie ich selbst die Wende erlebt habe. Leseempfehlung!

Interesse an einer zweiten Meinung? 
Hannas Rezension zum gleichen Buch findest Du hier: KLICK!

Montag, 26. September 2016

[Rezension Hanna] Weltenriss. Die Karten der verlorenen Zeit - S.E. Grove



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Weltenriss. Die Karten der verlorenen Zeit
Autorin: S.E. Grove
Hardcover: 576 Seiten
Erschienen am 22. September 2016
Verlag: Fischer FJB

Die Reihe

Band 1: Weltenriss. Die Karten der verlorenen Zeit
Band 2: ? (OT: "The Golden Specific", erschienen 2015)
Band 3: ? (OT: "The Crismon Skew", erschienen 2016)

Inhalt
Seit einem Ereignis vor bald einhundert Jahren, das gemeinhin als Große Disruption bekannt ist, ist die Welt eine andere. Sie wurde in zahlreiche Teile gerissen, die alle in unterschiedliche Zeitalter katapultiert wurden. Sophia lebt im Boston des Jahres 1891, in einem Land namens Neu-Okzident. Seit ihre Eltern vor vielen Jahren bei einer Forschungsreise zu den Päpstlichen Staaten verschwunden sind, lebt sie bei ihrem Onkel, dem berühmten Kartologen Shadrack Elli.

Meinung
Als das Parlament von Neu-Okzident beschließt, in wenigen Wochen die Grenzen zu schließen, beginnt Shadrack, Sophia im Lesen besonderer Karten zu unterrichten. Gemeinsam wollen die beiden vor der Schließung das Land verlassen, um nach Sophies Eltern zu suchen. Doch dann wird Shadrack entführt. Um ihn zu retten, muss sich Sophia allein auf den Weg ins Unbekannte machen…

Der Geschichte vorangestellt sind einige Karten, die mich neugierig auf die im Buch zu entdeckende Welt machten. Man sieht die uns bekannte Welt, jedoch mit ungewöhnlichen Bezeichnungen wie „Alt-Patagonien“ über Südamerika oder „Verbotenes Empire“ über Nordeuropa. Der Prolog ist ein Augenzeugenbericht von Elizabeth Elli, Sophias Urgroßmutter, die vom Moment der Großen Disruption erzählt, in welchem die Erde auseinanderbrach. Wie es sich wohl in so einer durcheinandergebrachten Welt lebt? Darüber wollte ich gern mehr erfahren.

Sophia, die Protagonistin der Geschichte, lernt man an einem Tag kennen, der die Dinge entscheidend ins Rollen bringt. Trotz einer flammenden Rede ihres Onkels beschließt das Parlament mit der Begründung, sich von Räubern aus den Brachlanden im Osten und Piraten von den Westindischen Inseln im Süden schützen zu wollen, die Schließung der Grenzen. Grund genug für Shadrack, Sophia endlich das Kartenlesen beizubringen und die Suche nach ihren Eltern vorzubereiten, bevor eine Ausreise nicht mehr möglich ist. Schnell war ich mittendrin in dieser fantastischen Geschichte und verstand die Konsequenzen der Vermischung verschiedenster Zeitalter auf der Erde. Meine Entdeckerlust war geweckt und ich wollte schnellstmöglich aufbrechen.

Die Vorbereitungen zogen sich für mich ein wenig in die Länge, bis schließlich Shadrack entführt wird und sich die Ereignisse überschlagen. Gut fand ich, dass Sophie trotzdem nicht allein aufbricht, sondern von dem mysteriösen und faszinierenden Theo, einem Jungen aus den Brachlanden, begleitet wird. Im ersten Moment wirkt er aufrichtig und wurde mir gleich sympathisch, doch dann macht Sophie einige Beobachtungen, welche die Frage nach seinen wahren Motiven aufwerfen. Mit dem Aufbruch der beiden kommt die Geschichte zunehmend in Schwung. Die beiden machen so manche Bekanntschaft, sowohl von der angenehmen als auch von der gefährlichen Sorte. Durch die Vermischung der Zeitalter – auch solcher aus der Zukunft – gab es hier ein riesiges Potenzial, und ich lernte unter anderem Piraten, klagende Geister und Menschen mit wundersam erscheinenden Merkmalen kennen.

Während Sophia Shadracks Hinweisen folgt, kommt es immer wieder zu spannenden Verfolgungsjagden, überraschenden Entdeckungen und interessanten Einblicken in Kultur und Geschichte der von ihr bereisten Gegenden. Parallel erfährt man, wie es Shadrack in der Zwischenzeit ergeht. Immer wieder gibt es ruhigere Phasen, doch die Bedrohung aus verschiedenen Richtungen wird zunehmend konkreter. Gespannt las ich weiter, um zu erfahren, ob Sophia ihr Ziel rechtzeitig erreicht und was genau sie herausfinden wird. Als schließlich alle Karten auf dem Tisch liegen, stieg das Tempo noch einmal deutlich an und mir wurde ein rasantes, unterhaltsames Finale geboten. Dieses beantwortet die wichtigsten Fragen und macht mit einigen Hinweisen große Lust auf den nächsten Teil dieser Trilogie.

Fazit
„Weltenriss. Die Karten der verlorenen Zeit“ entführt den Leser in eine fantastische Welt, in der verschiedene Zeitalter durcheinander geraten sind. Die Idee hat mir sehr gefallen und habe Sophia gern auf ihrer abenteuerlichen Reise begleitet. Das Buch braucht etwas Zeit, um in Schwung zu kommen und bietet dem Leser dann eine tolle Mischung aus Spannung, Freundschaft und Einblicken in eine fantastische Welt. Ein gelungener Roman für alle, die Lust auf ein ideenreiches Abenteuer haben.

Samstag, 24. September 2016

[Rezension Hanna] anonym - Ursula Poznanski & Arno Strobel

anonym
Autoren: Ursula Pozanski & Arno Strobel
Hardcover: 384 Seiten
Erschienen am 21. September 2016
Verlag: Wunderlich

Inhalt
Gleich an ihrem ersten Arbeitstag bei der Hamburger Polizei wird Nina Salomon Teil einer Mordermittlung. Gemeinsam mit Kommissar Daniel Buchholz widmet sie sich einem besonders heiklen Fall: Die Ermordung wurde vorab in einem Internetforum des Darknets bekannt gegeben. Per Abstimmung wurde entschieden, dass „Der Anwalt, der einen Vergewaltiger vor seiner gerechten Strafe bewahrt hat“ den Tod am meisten verdient hat. Jeder kann dort völlig anonym jemanden nominieren, und die nächste Abstimmungsrunde steht kurz bevor. Wird es den Ermittlern gelingen, den Täter zu finden oder wenigstens die möglichen Opfer rechtzeitig in Sicherheit zu bringen? Ein gnadenloser Kampf gegen die Zeit beginnt.

Meinung
Als großer Fan von sowohl Ursula Poznanski als auch Arno Strobel war nach „Fremd“ auch das zweite gemeinsame Buch der beiden Autoren für mich Pflichtlektüre. Die düstere Schlichtheit des Covers in Kombination mit dem silbernen Schimmer gefällt mir. Es bleibt der Farbgebung des Genres treu und fällt trotzdem ins Auge.

Nach einem mysteriösen, blutigen Prolog steigt das Buch gleich mit dem Fund der Leiche des Anwalts ein. Ich gewann schnell einen ersten Eindruck von beiden Ermittlern, die sich am Fundort zum ersten Mal begegnen. Während Nina von Beginn an selbstbewusst und sarkastisch auftritt, machte Daniel einen etwas arroganten Eindruck. Ich freute mich darauf, die beiden besser kennenzulernen und herauszufinden, ob das ungleiche Paar in der gemeinsamen Ermittlung erfolgreich zusammenarbeiten kann.

Warum der Anwalt ermordet wurde, ist im Nu klar, denn die Tat wurde online angekündigt. Gemeinsam mit den Ermittlern lernte ich „Morituri“ kennen. In diesem Forum im Darknet kann jeder eine Person nominieren mit einer Begründung, warum sie ermordet werden soll und dann abwarten, ob sie es auf die Liste der Nominierten schafft. Erste Versuche, die Seite vom Netz zu nehmen, bleiben erfolglos. Diese Idee übte eine perverse Faszination aus, nicht nur auf mich, sondern in der Geschichte bald auch stadt-, land- und weltweit. Auch Nina zieht es immer wieder dorthin. Auf der Suche nach einem Hebel, mit dem sie den Täter identifizieren kann, lässt sie sich bald zu gewagten Schritten hinreißen.

Die Spannungskurve kennt in diesem Buch nur eine Richtung, und zwar aufwärts. Schon bald wird eine neue Abstimmungsrunde gestartet und die Zeit läuft den Ermittlern davon. Können sie herausfinden, wer hinter den vagen Beschreibungen der Nominierten steckt? Hunderte von Hinweisen machen es unmöglich, jeder Spur nachzugehen – treffen sie die richtige Wahl? Die Machtlosigkeit der Polizei und das entsprechende Medienecho schufen eine bedrückende und bedrohliche Atmosphäre. Ich fieberte mit, ob es Nina und Daniel gelingen wird, dem Täter einen Schritt voraus zu sein. In ruhigeren Phasen erhielt ich die Gelegenheit, die beiden noch besser kennen zu lernen. Sie besitzen unterschiedliche Stärken, haben aber auch ihre Ecken und Kanten. Dadurch wurden sie lebendig und mir sympathisch.

Es fiel mir zunehmend schwer, das Buch aus der Hand zu legen. Jede Spur ist mit der Hoffnung verbunden, entscheidende Hinweise zu finden, doch gleichzeitig macht auch der Täter seine nächsten Schritte. Die Autoren verstehen es, die Dramatik fortlaufend zu steigern. Schließlich holen sie noch einmal alles aus der Geschichte heraus und präsentieren ein überraschendes, atemloses und in meinen Augen absolut gelungenes Finale.

Fazit
In „anonym“ suchen zwei Hamburger Ermittler fieberhaft nach einem Hinweis auf die Identität eines Mörders, der andere online über sein nächstes Opfer abstimmen lässt. Das Szenario wurde gut durchdacht, es konnte mich mit seiner Plausibilität erschrecken und mir vor Augen führen, welche Gefahren die Anonymität des Internets birgt. Mich hat dieser dramatische Wettlauf mit der Zeit vollends fesseln können. Ganz große Leseempfehlung an alle Thriller-Fans!


Donnerstag, 22. September 2016

[Rezension Ingrid] Wolfsspinne von Horst Eckert


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Titel: Wolfsspinne (Band 3 der Serie mit dem
Düsseldorfer Ermittler Vincent Che Veih)
weitere Bände: 1) Schwarzlicht 2) Schattenboxer
Autor: Horst Eckert
Erscheinungsdatum: 26.08.2016
Verlag: Wunderlich Verlag (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag und Lesebändchen

In „Wolfsspinne“ von Horst Eckert ermittelt der Düsseldorfer Hauptkommissar Vincent Che Veih bereits zum dritten Mal. Die Fälle sind in sich abgeschlossen, so dass man jedes Buch auch unabhängig von den anderen lesen kann. Titelgebend ist diesmal eine Aktion des Verfassungsschutzes aus dem Jahr 2011 die diesen Namen trägt, weil charakteristisch für Wolfsspinnen deren Schnelligkeit, Unnachgiebigkeit und ihre Perfektion in Sachen Tarnung ist.

An der Aktion Wolfsspinne war Ronny Vogt beteiligt. Er wurde vom Verfassungsschutz in die Szene des Nationalsozialisten Untergrunds in Thüringen eingeschleust. Doch deren Aktivitäten nehmen zu und gleichzeitig steigt die Gefahr, dass die Polizei die Tarnung aufdeckt. Damit das nicht geschieht, erhält Ronny den Auftrag, dem entgegenzuwirken, allerdings nicht ohne ihn an den Rand seiner Dienstbeflissenheit zu bringen.

Vier Jahre später bedient Ronny in einer Düsseldorfer Frittenbude. Er arbeitet immer noch für den Verfassungsschutz. Und wieder einmal droht seine Tarnung aufzufliegen, diesmal im Laufe der Ermittlungen im Mordfall Melli Franck. Frau Franck gehörte ein angesehenes Restaurant in Düsseldorf und sie war mit einem TV-Moderator liiert. Hauptkommissar Veih wird mit der Fallaufklärung beauftragt. Doch zunächst führen die Spuren ins Drogenmilieu. Noch während die Ermittlungen anlaufen wird Veih für seine Verteidigung gegen einen Teilnehmer bei einer Demo, an der er privat teilgenommen hat, belangt. Für die Aufklärung des Falls ist das nicht von Vorteil, ihm droht sogar die Abgabe der Leitung bei den Ermittlungen.

Die Krimis von Horst Eckert sagen mir unter anderem wegen der realistischen Charaktere besonders gut zu. Die Figuren sind ausgereift, ihr Handeln ist schlüssig. Nicht nur Vincent Veih, sondern das ganze Ermittlerteam hat einen privaten Hintergrund, der manche Ansichten in Dienstangelegenheiten der jeweiligen Person erklärt. Veih scheint emotional nicht nur seiner Mutter sondern auch seiner früheren Freundin wieder näher gekommen zu sein. Dennoch gibt es immer noch die offene Frage nach seinem Vater. So wie Veih Loyalität einfordert, so gibt er sie auch, wird aber diesmal von Kollegen und Vorgesetzten enttäuscht, als die Anschuldigungen nach der Demonstration gegen ihn erhoben werden. Dennoch lässt er sich nicht einfach aus seiner Rolle drängen, bleibt ruhig und auf Fakten basiert.

„Wolfsspinne“ ist so wie die beiden Vorgänger komplex aufgebaut. Horst Eckert erzählt die Geschehnisse auf zwei Zeitebenen und springt immer wieder ins Jahr 2011 zurück. So formt sich für den Leser mehr und mehr ein Bild, was genau vor vier Jahren wirklich geschah und zu Konsequenzen in der Gegenwart geführt hat und natürlich in den aktuellen Fall hineinspielt. Einige Tatsachen werden dem Leser bekannt vorkommen, das ist so gewollt. Der Autor hat sehr gut recherchiert und macht den Krimi durch das Einflechten realen aber verfremdeten Geschehens glaubwürdig. Auch diesmal schafft es der Autor wieder eine Spannungskurve aufzubauen und sie bis zum Ende gleichmäßig hochzuhalten. Meist kurze Sätze bauen die jeweilige Situation auf und schildern die ablaufenden Handlungen. Viele Dialoge mit schnellen Wortwechseln lassen den Leser die Seite überfliegen. Szenenwechsel fordern zwar die Aufmerksamkeit des Lesenden, sorgen aber für ständig neue Ereignisse.

Für mich ist es immer wieder ein besonderes Vergnügen Kommissar Veih bei seinen Ermittlungen zu folgen, weil ich die Örtlichkeiten meist kenne. Zurück bleibt bei mir das Gefühl, dass nicht alles was wir in der Öffentlichkeit von einem Fall dargestellt bekommen, den Tatsachen entspricht. Und das sollten wir in Erinnerung behalten.

Auch „Wolfsspinne“ konnte mich wieder spannungsmäßig fesseln und hat mich auf ganzer Linie überzeugt. Daher empfehle ich das Buch gerne an alle Krimifans weiter.


Montag, 19. September 2016

[Rezension Hanna] Die Nachtigall - Kristin Hannah

Die Nachtigall
Autorin: Kristin Hannah
Übersetzerin: Karolina Fell
Hardcover: 608 Seiten
Erschienen am 19. September
Verlag: Rütten & Loening

Inhalt
Vianne und Isabelle Mauriac sind höchst verschiedene Schwestern. Ihr vom ersten Weltkrieg gebrochener Vater gab die beiden kurz nach dem Tod der Mutter in fremde Hände, als Vianne 14 und Isabelle 4 Jahre alt war. Während Vianne schon drei Jahre später heiratete, flog die rebellische Isabelle aus einem Internat nach dem anderen. Fünfzehn Jahre später bricht ein neuer Krieg an. Viannes Mann wird einberufen, und sie muss allein für die Sicherheit und das Wohlergeben ihrer Tochter sorgen. Isabelle hingegen will unbedingt selber aktiv werden und dem deutschen Gegner irgendwie Schaden zufügen. Im sich verschärfenden Kriegsgeschehen gehen die beiden auf ihre Weise so manches Wagnis ein…

Meinung
Das Buch beginnt im Jahr 1995 und der Leser lernt eine alte, in Amerika lebende Dame kennen, die ihre Erinnerungen in einen Koffer auf dem Dachboden verbannt hat. Nun gibt sie ihr Haus auf und besteht gegenüber ihrem Sohn darauf, den Koffer mitzunehmen. Natürlich ist er neugierig und fragt, was es mit dem Kofferinhalt auf sich hat – scheinbar weiß er über diesen Teil ihrer Vergangenheit nichts. Gespannt tauchte ich in die Erinnerungen seiner Mutter ein und fand mich im Frankreich des Jahres 1939 wieder.

Hier lernte ich die Schwestern Vianne und Isabelle kennen. Die beiden gehen mit dem Kriegsbeginn in Frankreich höchst unterschiedlich um. Vianne bricht es das Herz, dass ihr geliebter Antoine die Familie verlassen muss und sie mit ihrer achtjährigen Tochter allein zurückbleibt. Isabelle ist hingegen gerade wieder aus einem Internat geflogen und kommt kurzzeitig bei ihrem Vater in Paris unter. Sie brennt darauf, irgendetwas zu tun: Vielleicht als Sanitäterin, in einer Dechiffrierabteilung oder gar als Verführerin, gegenüber welcher der Gegner die gemeinsten Pläne verrät? Ich fand es interessant, wie unterschiedlich die bodenständige, besonnene Vianne und die abenteuerlustige, mögliche Konsequenzen ausblendende Isabelle im Angesicht des aufkommenden Krieg reagieren.

Die Situation spitzt sich schnell zu und die beiden Schwestern werden Zeugen von Ungerechtigkeit, Leid und müssen sich so mancher Herausforderung stellen. Vianne versucht, für ihre Tochter stark zu bleiben und sie keiner Gefahr auszusetzen. Doch als ein deutscher Hauptmann bei ihr einquartiert wird und Freunde deportiert werden, wird das Stillhalten für sie schnell zu einer Herausforderung. Isabelle hingegen sucht zunehmend die Gefahr und setzt ihren Beschluss, den Widerstand zu unterstützen, tatsächlich um. Der Autorin ist es gelungen, für mich nachvollziehbar zu machen, wie man sich als Frau im Krieg gefühlt haben muss und wie unterschiedlich verschiedene Charaktere damit umgegangen sind. Tägliches Schlange stehen für eine winzige Portion Lebensmittel, Bekannte, die plötzlich verschwunden sind – durch die Erzählung alltäglicher Erlebnisse der Frauen konnte ich in die Zeit eintauchen.

Die Eckpunkte der Geschichte sind gut recherchiert, doch der Fokus liegt auf den Emotionen und weniger auf einem ausführlicheren Einblick in die historischen Hintergründe. Die Geschichte empfand ich als typisch Amerikanisch – viele der ausschweifend beschriebenen Szenen und romantisch-dramatischen Momente vor der Kriegskulisse lesen sich wie für einen Hollywood-Film geschrieben. Für mich schrammte das haarscharf am Kitsch vorbei und ist klar für eine weibliche Zielgruppe geschrieben. Zusätzliche Dramatik erzeugten in Windeseile getroffene Entscheidungen von Charakteren, die ich manches Mal nicht ganz nachvollziehen konnte. Doch insgesamt konnte mich das Buch fesseln und die Seiten verflogen im Nu. Der Spannungsbogen, den die Autorin schlägt, sorgte dafür, dass ich beständig weiterlesen wollte. Neugierig las ich mich durch eine ausgewogene Mischung aus bedrückenden und hoffnungsvollen Momenten bis hin zu einem sehr rührenden Schluss.

Fazit
In „Die Nachtigall“ begleitet der Leser die höchst unterschiedlichen Schwestern Vianne und Isabelle durch die Jahre des zweiten Weltkriegs in Frankreich. Während sich Vianne für die Sicherheit der Menschen einsetzt, die sie liebt, will Isabelle im Widerstand aktiv werden. In den Kriegsjahren stellen sich die beiden so mancher Herausforderung und begeben sich in immer größere Gefahr. Von mir gibt es vier Sterne für diese emotionale Geschichte über zwei Frauen, die jeweils auf ihre Weise Stärke zeigen.

Wunsch nach einer zweiten Meinung? Hier geht es zur Rezension von Ingrid: KLICK!

Sonntag, 18. September 2016

[Rezension Ingrid] Zwischen dir und mir die Sterne von Darcy Woods


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Titel: Zwischen dir und mir die Sterne
Autorin: Darcy Woods
Übersetzerin: Astrid Becker
Erscheinungstermin: 25.08.2016
Verlag: Sauerländer (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Broschur/Leseexemplar

Die 17-jährige Wilamena lebt bei ihrer Großmutter, weil Ihre Mutter vor einigen Jahren verstorben ist, ihren Vater kennt sie nicht. Von ihrer Mutter hat sie die Liebe zur Astrologie.  Die Sterne sagen ihr aktuell, dass es günstig ist, den perfekten Freund zu finden. Genau genommen hat sie dazu 22 Tage Zeit. Die nächste passende Sternenkonstellation wird es erst in zehn Jahren wieder geben!

Während Wilemena, die von ihren Freunden Wil und von ihrer Oma Mena gerufen wird,  noch auf der Plattform des Wasserturms sitzt und darüber nachdenkt, wo und wie sie anfangen soll nach dem passenden Jungen zu suchen, klettert ein junger Mann den Turm zu ihr hoch, um sie vor einem unüberlegten Sprung zu retten. Zunächst ist sie verwirrt aufgrund seiner Absicht, doch nach diesem gemeinsamen Abenteuer folgt sie gerne der Einladung ihres vermeintlichen Retters in einen Club. Dort lernt sie seine Freunde und seinen Bruder kennen und plötzlich gibt es nicht nur einen, sondern sogar zwei Richtige für sie: einen, dessen Sternzeichen stimmig ist und einen zu dem ihr Herz sie hinzieht.

Dem Klappentext des Buchs „Zwischen dir und mir die Sterne“ von Darcy Woods nach, hatte ich eigentlich angenommen, dass Wilamena in den 22 Tagen ihrer Suche nach dem für sie Richtigen einige Erlebnisse mit ganz unterschiedlichen Typen haben wird. Schnell stellte sich aber heraus, dass der weitere Ablauf sich auf zwei Jungen beschränken wird, die für sie in Frage kommen. Ihre Entscheidung fällt ihr schwer, denn eigentlich hält sie ihr Schicksal für vorgegeben.

Die Autorin hat einen locker-leichten Schreibstil. Der Roman ist in der Ich-Form geschrieben, so dass der Leser die Gefühle von Wilamena gut nachvollziehen kann. Sie ist ein sympathischer Mensch mit Sinn für Humor, der in ihrer Sprache Ausdruck findet. Ihre Freundin Irina ist ein interessanter Charakter und hält in allen Situationen zu ihr, Mena weiß das zu schätzen. Ihre Großmutter hat ihre Gründe Mena nicht immer alles durchgehen zu lassen. Obwohl sie sich dagegen auflehnt, wird ihr durch einen Schicksalsschlag bewusst, wie sehr sie ihre Oma mag. Die Streitigkeiten zwischen den beiden Rivalen stellt Darcy Woods realistisch dar. Als Leserin wusste ich nicht auf welche Seite ich mich stellen sollte, denn beide hatten ihre Ecken und Kanten und ich hätte jedem gegönnt, derjenige zu sein für den Mena sich entscheidet. Aber eventuell wird sie sich auch ganz anders entscheiden? Das bleibt sehr lange offen und hält den Spannungsbogen hoch.

„Zwischen dir und mir die Sterne“ ist ein romantischer Liebesroman vor einem reizvollen Hintergrund für Jugendliche ab 14, der mich zwar nicht vollständig überzeugen konnte, aber eine gefühlvolle und gleichzeitig amüsante Unterhaltung bietet.


Donnerstag, 15. September 2016

[Rezension Ingrid] Leben ist keine Art mit einem Tier umzugehen von Emma Braslavsky


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Titel: Leben ist keine Art mit einem Tier umzugehen
Autorin: Emma Braslavsky
Erscheinungsdatum: 12.09.2016
Verlag: Suhrkamp Verlag (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag und Lesebändchen

Mehr Informationen zum Buch (z.B. Trailer, Kurzlesung der Autorin) gibt es auf der Seite www.leben-ist-keine-Art.de, die vom Suhrkamp Verlag eingerichtet wurde.

Als Unterprimanerin habe ich auf die Frage „Was ist der Sinn des Lebens?“ mit „nach dem Sinn des Lebens zu suchen“ geantwortet. Das hatte ich vorher irgendwo gelesen und war stolz darüber einen so sinnvollen Beitrag zum Unterricht geleistet zu haben. Dass die Antwort auf die Frage sich denn doch nicht ganz so einfach und pauschal abtun lässt, zeigt Emma Braslavsky mit ihrem Roman „Leben ist keine Art mit einem Tier umzugehen“. Ihre Protagonisten sind auf der Suche nach dem Lebenssinn, nach einer besseren Welt und nach sich selbst. Tiere sind nicht nur im Titel enthalten, sondern finden in vielfältiger Form Eingang in diesen Roman, beispielsweise als Kosewort, verkleideten Akteuren, Redewendungen oder auch wenn einer der Protagonist eine Annäherung zwischen Tier und Mensch durch die Nutzung von aufblasbaren Einhorn-Hörnern vorschlägt, die so wie die Installation auf dem Cover sie trägt, überzustülpen sind.

In mehreren Erzählsträngen, die mehr oder weniger zufällig am Ende zusammenlaufen, finden sich  Suchende jeglicher Couleur. Da ist einerseits ein in Berlin lebendes Pärchen. Jivan Haffner Fernandez, Mitte 40, kommt aus reichem Haus und muss sich schon wegen seines Erbes keine Sorgen um seine finanzielle Zukunft machen, wäre da nicht die eine einzige klitzekleine Bedingung die sein Vater daran geknüpft hat. Woher die Familie vor langer Zeit das Fundament zum heutigen Vermögen erworben hat, will man als Leser lieber nicht so genau wissen. Leider hält Jivan sich nicht nur selbst für unwiderstehlich, sondern auch das Online-Pokerspiel. Durch seinen Beruf als Bunkerarchitekt ist er nicht eben ausgelastet und hat so jede Menge Zeit mit seinen Ideen seine Frau Jo dabei zu unterstützen, auf der Karriereleiter bei einem Unternehmen, das sich für eine bessere Umwelt einsetzt, hochzuklettern. Jo lebt sehr gut auf Kosten ihres Mannes. Die Beziehung der beiden funktioniert fast  nur noch auf sexueller Ebene. Um ihre Ansprüche durchzusetzen, geizt Jo selten mit ihren Reizen. Doch die Verfolgung ihrer Karriere verbunden mit dem festen Willen die Welt zu verbessern neigt ihre Seite der Beziehungswaage immer mehr.

Andererseits befindet sich die erst 19 Jahre alte Spanierin Roana auf einer väterlich verordneten Suche. In der Einsamkeit einer Vulkanlandschaft Argentiniens soll in ihr der Wunsch entstehen, in das Bauunternehmen ihres Vaters einzusteigen. Niemand kann es ihr verdenken, dass sie sich aus Langeweile stattdessen nach Buenos Aires begibt, um dort den Weg zu finden, der sie zu höherem bestimmt. Auf diesem Weg begegnet sie menschlichen Gorillas, Kabbalisten und den Schriften von Borges. Ihrem jugendlichen Alter sei es geschuldet, dass sie ihr Fähnchen hauptsächlich danach ausrichtet, wer ihr einen Schlafplatz und Essen gibt.

Die Erzählung springt zwischen diesen beiden Handlungen und wird unterbrochen durch aktuelle Neuigkeiten aus aller Welt, die auf dem Blog N-Global bekannt gemacht werden und sich schließlich immer mehr auf eine neue, aus dem Meer aufgestiegene Insel mit vermuteten, beachtlichen Rohstoffvorkommen konzentrieren, die Staaten und Organisationen gerne für sich requirieren würden. Immer wieder begegnet der Leser auch Noah Hoffmann, der gemeinsam mit seiner Freundin Jule aus dem Alltag ausgestiegen ist und nun sein Leben in einer paradiesischen Bucht frönt, auch wenn schon mal ein Schatten darüber fällt. Und dann gibt es noch ein paar Kapitel in denen man sich beim Lesen einfach dem niedergeschriebenen Gedankengang hingeben kann wenn beispielsweise ein Haar auf seine Reise geht.

Die Autorin glänzt in diesem Roman mit lebendigen Ideen, humorvoll und kurios. In einer geschliffenen Sprache gibt sie dem Leser Denkanstöße zu Umweltschutz, Weltanschauungen, alternativen Lebensweisen und vielem mehr. In den Erzählabschnitten mit Jivan als Protagonisten übernimmt ein allwissender Erzähler die Schilderung der Ereignisse in zeitlicher Reihenfolge. Dennoch liest man, durch kursive Schrift hervorgehoben, die Gedanken Jivans, oft auch als seine Reaktion auf den vorigen Text. Auf diese Weise rechtfertigt er häufig sein Tun, manchmal fühlt man aber auch seinen Kampf mit den inneren Dämonen, die aus seiner Erziehung heraus seinen Charakter geformt haben und gegen die er nun nicht anzukommen weiß, auch wenn er das auch eigentlich gar nicht will.

Roana dagegen erzählt in der Ich-Form, wodurch der Leser, den sie als ihren Verbündeten anspricht, ihrer Gedanken- und Gefühlswelt sehr nahe kommt. Sie erzählt aus der Gegenwart heraus im Rückblick auf die letzten Wochen und Monate. Sie ist also bereits da, wo der Leser erst am Ende des Buchs sein wird. Ihr Ziel ist es, sich den Respekt ihres Vaters zu verdienen. Sie trägt ihr Herz auf der Zunge und spricht eine unter jungen Leuten übliche Alltagssprache. Bewundernswert fand ich ihren Mut sich gegen die Wünsche ihres Vaters aufzulehnen, sich tief sinken zu lassen, das Gemeinwohl zu schätzen und sich in dessen Dienst zu stellen, wenn auch nicht uneigennützig. Von Beginn an weiß man, dass sie schwanger ist und nicht nur der Leser stellt sich die Frage nach dem Vater.

Emma Braslavsky zielt mit kleinen wohl dosierten Spitzen gegen Weltverbesserer, Sinnsuchende, Forscher und Politiker. Es ist spannend nachzuvollziehen, inwieweit die von ihr genannten Entwicklungen auf verschiedenen Gebieten dem tatsächlichen heutigen und dem zukünftig möglichem Stand der Dinge entsprechen. Welchen Weg der Einzelne gehen möchte, muss letztendlich jeder selbst bestimmen.

 „Leben ist keine Art mit einem Tier umzugehen“ ist ein amüsanter, kreativer, abenteuerlicher, wunderbar köstlicher Lesegenuss, dem ich meine besten Empfehlungen gebe.


Dienstag, 13. September 2016

[Rezension Ingrid] Schattwald von Barbara Dribbusch


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Titel: Schattwald
Autorin: Barbara Dribbusch
Erscheinungsdatum: 01.08.2016
Verlag: Piper Verlag (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Taschenbuch

„Schattwald“ ist der erste Roman aus der Feder von Barbara Dribbusch. Titelgebend ist ein erdachtes Sanatorium im Ötztal. Die Geschichte ist zweigliedrig aufgebaut. Ein Teil der Geschichte spielt in der Gegenwart, der andere zum größten Teil in eben jenem Ötztal in der Vergangenheit des Jahres 1943.

Die Hamburger Journalistin Anne Südhausen, Mitte 40, ist erst vor kurzem von ihrem Mann wegen einer anderen verlassen worden. Als sie von der Freundin ihrer Großmutter Charlotte die Mitteilung erhält, dass diese verstorben ist, macht sie sich auf den Weg nach Innsbruck um sich dort um die Beerdigung und weitere notwendig gewordene Angelegenheiten zu kümmern. In einem Versteck im Haus findet sie Hefte in denen ihre Oma ihre Erlebnisse im Winter des Jahres 1943 aufgezeichnet hat, in dem sie wegen eines Nervenleidens im Sanatorium Schattwald, fern des heimatlichen Regensburgs, behandelt wurde. Für den Leser ist bereits durch den Prolog klar, dass dort damals ein Mord geschehen ist. Die Hintergründe dazu erfährt Anne beim Lesen. Das Verhalten einiger Menschen in ihrem Umfeld kommt ihr seltsam vor. Es geschehen ein paar merkwürdige Dinge, die sie erkennen lassen, dass sie selber in Gefahr ist. Die Aufzeichnungen ihrer Großmutter bergen einige Überraschungen für sie und decken ungeahnte Familiengeheimnisse auf.

Barbara Dribbusch verbindet zwei sehr unterschiedliche Geschichten. Während es in der Vergangenheit um die Umgang der Nationalsozialisten mit psychisch Erkrankten geht, setzt sich Anne in der Gegenwart mit sich selbst und dem Einfluss von Männern auf ihr Leben auseinander. Der Tod ihrer Großmutter verbindet beide Szenarien und Anne fühlt sich, während sie sich mit der Vergangenheit ihrer Oma auseinandersetzt, sogar bedroht. Das Thema Sanatorium während des 2. Weltkriegs fand ich gut gewählt und interessant, die Darstellung war realistisch.

Leider konnte ich die Handlungsweisen von Anne nicht immer nachvollziehen. Obwohl sie über die nächsten Schritte nachdenkt, die zur Organisation der Beerdigung anstehen und auch ihre bisherigen Bemühungen reflektiert, agiert sie einige Male entgegen ihres Vorhabens und wirkt dadurch leicht einfältig. Der Zufall spielt mehrfach gestaltend in den Ablauf der Geschehnisse.

Anne erzählt ihre Geschichte in der Ich-Form. Die Aufzeichnungen von Charlotte sind jedoch aus der Sicht eines allwissenden Erzählers zu lesen. In dieser Darstellung lassen sich die Ereignisse weiter ausführen als in Form eines Tagebuchs.

Insgesamt liest sich der Roman leicht und schnell. Ich fühlte mich gut unterhalten und hatte ein paar nette Lesestunden.



Mittwoch, 7. September 2016

[Rezension Ingrid] Der Glasmurmelsammler von Cecilia Ahern


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Titel: Der Glasmurmelsammler
Autorin: Cecelia Ahern
Übersetzer: Christine Strüh
Erscheinungsdatum: 18.11.2015
Verlag: Fischer Krüger (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag


Auf Fergus Boggs kann leider das alte englische Sprichwort „He’s lost his marbles“ im wörtlichen wie übertragenen Sinne angewendet werden, denn nach einem Schlaganfall hat er einen Teil seines Verstands verloren, seine Erinnerung ist nur noch bruchstückhaft vorhanden. Er ist „der Glasmurmelsammler“ im gleichnamigen Buch von Cecilia Ahern. Doch in seiner Murmelsammlung fehlen einige wertvolle Stücke.

Die bunten Punkte auf dem Cover symbolisieren nicht nur die Vielfalt von Murmeln, sondern auch das facettenreiche Leben von Fergus, der sich aus ganz kleinen Verhältnissen zum Verkaufsberater emporgearbeitet hat. Seit seinem Schlaganfall ist er in einem Pflegeheim in Dublin untergebracht. Eines Tages werden dort mehrere Kisten mit Murmeln abgegeben. Sabrina, Mitte 30, verheiratet, drei Söhne und Teilzeit als Bademeisterin beschäftigt, wird vom Heim darüber informiert. Für sie ist das der Beginn einer Entdeckungsreise hin zu den Geheimnissen im Leben ihres Vaters, der nie von seinem vielgeliebten Hobby, dem Murmelspiel, ablassen konnte. Schnell bemerkt Sabrina das Fehlen einiger wertvollen Murmeln in den Kisten. Sie begibt sich auf die Suche danach. An nur einem einzigen Tag entsteht für sie ein ganz neues Bild von ihrem Vater.

Cecilia Ahern greift mit den Glasmurmeln ein unverbrauchtes Thema auf. Im Laufe der Erzählung erfährt man einiges über Sorten und Farben, sogar Spielregeln beschreibt die Autorin in ihrem Buch. Fergus und Sabrina sind zwei sehr interessante Charaktere, die ihre guten und schlechten Seiten im Laufe der Geschichte zeigen. Beide erzählen in der Ich-Form. Während der Leser Sabrina über den Tag begleitet, angefangen bei ihrer Arbeit im Schwimmbad, ihrem Besuch beim Vater bis hin zur Suche nach den fehlenden Murmeln begegnet er Fergus zum ersten Mal als Kind, kurz nachdem er mit seiner verwitweten Mutter und seinen älteren Brüdern nach Irland gekommen ist. Mal erzählt er im hier und jetzt, sehr viel häufiger jedoch schwelgt er in Erinnerungen, in denen die Informationen, die Sabrina auf ihrer Suche nach den Murmeln über ihren Vater erhält, in ganze Szenen eingebettet werden. So offenbart sich nach und nach, was Fergus vor seiner Familie geheim gehalten hat. Nicht nur Fergus‘ Tochter, sondern auch ich war an einigen Stellen überrascht, wie leicht ihm das gefallen ist.

Die Kapitel hat Cecilia Ahern mit „Murmelspiel“ betitelt und entsprechenden Spielen oder Begriffen aus der Spielszene als Untertitel genutzt beziehungsweise mit „Badeordnung“ und untertitelt mit Baderegeln je nachdem ob Fergus oder seine Tochter erzählen. Ich finde das eine schöne Idee.

Das Buch liest sich dank eines angenehmen Schreibstils leicht und schnell und überrascht immer wieder mit unerwarteten Wendungen. Mir hat der Roman schöne Lesestunden beschert und daher empfehle ich ihn gerne weiter.



Sonntag, 4. September 2016

[Rezension Hanna] Falsche Schwestern - Cat Clarke

Falsche Schwestern
Autorin: Cat Clarke
Übersetzerin: Jenny Merling
Paperback: 400 Seiten
Erschienen am 25. August 2016
Verlag: Fischer FJB
Link zur Buchseite des Verlags

Inhalt
Seit 13 Jahren gilt Faiths Schwester Laurel als vermisst. Entführt von einem Fremden am helllichten Tag aus dem heimischen Sandkasten konnte sie trotz einer großangelegten Suchaktion und hoher medialer Aufmerksamkeit nicht gefunden werden. Faith stand in all den Jahren im Schatten ihrer Schwester, die meisten Leute interessierten sich nur für sie, weil sie die Schwester der Vermissten ist. Doch dann taucht ein Mädchen bei der Polizei auf, die Laurels heißgeliebten Bären Barnaby dabei hat. Endlich hat Faith ihre große Schwester wieder. Doch in 13 Jahren hat sich vieles verändert. Wie wird es für die Familie nun weitergehen?

Meinung
Zu Beginn des Buches lernt man Faith kennen, über deren Familie seit 13 Jahren ein dunkler Schatten liegt. Das Verschwinden ihrer Schwestern hat bleibende Spuren hinterlassen. Damals gab es eine enorme mediale Aufmerksamkeit, und so tauchen auch heute noch immer wieder Berichte in der Presse auf, die Faith, ihre Eltern und ihr Umfeld ständig daran erinnern, was passiert ist. Dabei mag es Faith überhaupt nicht, wenn Leute sich nur wegen des Geschehenen für sie interessieren.

Nach einem kurzen Einblick in Faiths Leben und Gedankenwelt kommt auch schon die Nachricht, die alles auf den Kopf stellt: Laurel ist aufgetaucht! Wie reagiert eine Familie nach Jahren der Ungewissheit auf solch eine Nachricht? Welche Person ist aus Laurel geworden? Kann sie sich wieder in die Familie einfügen? Ich brannte darauf, die Antworten auf diese Fragen zu erfahren und ließ mich mitreißen von den ersten Momenten nach Erhalt dieser Nachricht, der ersten Begegnung, der ersten Pressekonferenz.

Von echten Fällen aus der Vergangenheit, über welche die Medien berichtet haben, wusste ich, wie schwierig es für Entführungsopfer sein kann, in die Familie und Gesellschaft zurückzukehren. Ich war gespannt, wie diese fiktive Familie die Herausforderung meistern wird. Für die Presse ist das Happy End des Entführungsdramas natürlich gefundenes Fressen. Das Buch setzt sich intensiv damit auseinander, wie sich das für die Beteiligten anfühlen muss. Das fand ich allerdings nicht allzu spannend und überraschend, da man in der Realität in den Medien allzu oft genau das erlebt: Persönliche Geschichten, die wochenlang ausgeschlachtet werden.

Das Buch gibt umfassende Einblicke in Faiths Gedanken- und Gefühlswelt während der Ereignisse. Sie ist glücklich über die Rückkehr ihrer Schwestern, steht nun aber noch stärker in ihrem Schatten als je zuvor, was bei ihr auch negative Gefühle auslöst. Das konnte ich nachvollziehen, doch wirklich nahe fühlte ich mich ihr nicht. Ihren Freund fand ich leider nicht sonderlich sympathisch und ihre beste Freundin blieb relativ blass. Am Besten gefallen hat mir Michel, der neue Lebensgefährte von Faith’s Vater, der mit seiner klugen und umsichtigen Art immer die richtigen Worte gefunden hat.

Der größte Knackpunkt des Buches war für mich, dass ich sehr früh wusste, worauf das Buch hinauslaufen wird. Dezente Hinweise nehme ich oft nicht war und bewundere dann im Rückblick ihre geschickte Platzierung. Doch in diesem Buch sind Andeutungen so offensichtlich platziert, dass ich sie gar nicht überlesen konnte. Dadurch hat das Buch für mich leider sehr viel von seinem Reiz eingebüßt. Zum Ende hin werden schließlich auch noch Entscheidungen getroffen, die für mich nicht zu den Charakteren passten, die ich bis dato kennengelernt hatte. Die berührende Offenbarung eines allwissenden Erzählers hat mich dann aber versöhnlich stimmen können – ein ganz starker Abschluss für ein eher durchwachsenes Buch.

Fazit
„Falsche Schwestern“ lässt mich zwiegespalten zurück. Die Autorin schreibt über ein wichtiges Thema und gerade die ersten Momente nach dem Auftauchen der Vermissten konnten mich mitreißen. Das Buch besitzt interessante psychologische Komponenten, doch der Verlauf war für mich früh vorhersehbar, weshalb es mich nicht so recht fesseln konnte. Ich vergebe deshalb solide 3 Sterne für dieses Buch über das Auffinden eines Entführungsopfers nach über einem Jahrzehnt und dessen Konsequenzen.

Samstag, 3. September 2016

[Rezension Hanna] Das Juwel. Die weiße Rose - Amy Ewing

 Das Juwel. Die Gabe
Autorin: Amy Ewing
Übersetzerin: Andrea Fischer
Hardcover: 400 Seiten
Erschienen am 25. August 2016
Verlag: FISCHER FJB

Die Reihe

Das Juwel

Band 1: Die Gabe (Rezension)
Band 2: Die weiße Rose
Band 3: ? (engl.: The Black Key, erscheint am 04.10.2016)


Inhalt
Nachdem die Herzogin das Geheimnis von Violet und Ash gelüftet hat, steht den beiden Schlimmes bevor. Doch mit der Hilfe ihrer Unterstützer gelingt ihnen die Flucht. Gemeinsam mit Raven, die den für Violet bestimmten Weg aus den Fängen ihrer Herrin genommen hat, machen sie sich auf den Weg. Lucien hat ihnen einen sicheren Zufluchtsort in der Farm versprochen. Doch vom Juwel bis dort ist es ein langer Weg, und die ganze Stadt sucht nach dem angeblichen Vergewaltiger Ash. Wie weit werden sie kommen? Und was erwartet die Verbündeten, wenn sie finden oder gefunden werden?

Meinung
Schon das Cover  des Reihenauftaktes war ein echter Hingucker, und das Cover dieses zweiten Teils ist einfach traumhaft. Das abgebildete Mädchen sieht schon deutlich selbstbewusster aus als auf dem Cover des Vorgängers, was toll zu der Entwicklung passt, die Violet in der Zwischenzeit durchgemacht hat. Weiterhin ist die Reihe alles andere als eine Prinzessinnen-Geschichte, doch im Laufe der Lektüre wurde deutlich, dass das Bild der weißen Rose bestens zum Buch passt.

Nachdem der erste Teil mit einem fiesen Cliffhanger endete, steigt die Erzählung nur kurze Zeit nach der fatalen Lüftung von Violets und Ashs Geheimnis ein. Violet ist verstört und weiß nicht, wie es für sie weitergehen wird. Dass die Herzogin ihr das Leben zur Hölle machen wird, führt diese gleich auf erschreckende Weise vor. Und auf Ash wartet nur der Tod. Doch Violet hat noch immer Unterstützer, sodass sie sich nach kürzester Zeit auf der Flucht befindet. Das geht so schnell, dass ich es in dieser Rezension (genauso wie der Klappentext) einfach erwähnen muss, um das Buch beurteilen zu können. Besonders gefallen hat mir dabei besonders Violets Hartnäckigkeit. Schon im ersten Band hat Lucien deutlich gemacht, dass er sie allein retten will, doch Violet will das nicht zulassen und weitere Personen in Sicherheit bringen, die ihr wichtig sind.

Trotz der schrecklichen Erlebnisse, die Violet durchmachen musste, ist sie ungebrochen und mutig. Dafür habe ich sie bewundert und sie gern auf ihrem Weg durch die Stadt begleitet. Sehr gefreut habe ich mich darüber, dass auch Ash ausführlicher zu Wort kommt. Man erfährt mehr über seine Vergangenheit und er ist für Violet eine wichtige emotionale Stütze. Auch Lucien lernt man besser kennen. Die Geschichten der beiden Männer zeigten mir deutlich, dass nicht nur die Surrogate in der Einzigen Stadt ein Leben gegen ihren Willen führen.

Die Flucht von Violet und ihren Freunden dauert relativ lang an und bietet dem Leser umfassende Einblicke in die verschiedenen Bereiche der Stadt. Man erfährt so einiges über das Leben der Menschen unterschiedlicher Schichten. Dadurch erhielt ich einen immer besseren Eindruck davon, welche Gesellschaft die einflussreichen Adelshäuser zu Lasten der restlichen Bevölkerung erschaffen haben. Das machte mir die folgenden Entwicklungen verständlicher und ich konnte gut verstehen, warum sich die Menschen dafür entschieden, aktiv Widerstand zu leisten.

Auf der Flucht kommt es immer wieder zu brenzligen, spannenden Situationen. Die zweite Buchhälfte hat mir aber noch ein Stück besser gefallen. Unfreiwillig macht Violet Bekanntschaft hier mit einer ganz neuen Kraft und muss überdenken, was sie bislang zu wissen glaubte. Neue Pläne werden geschmiedet und erste Schritte umgesetzt. Hier merkte ich, dass langsam etwas richtig Großes ins Rollen kommt! Auch gänzlich neue Charaktere werden eingeführt und alte Bekanntschaften vertieft, wodurch frischer Wind in die Geschichte kam. Doch während sich alle auf ihren nächsten Schritt vorbereiten, kommt es erneut zu einer bösen Überraschung. Mit dieser endet der zweite Teil, sodass ich am liebsten sofort weiterlesen würde. Für den finalen Teil der Trilogie wurde ein riesengroßes Potenzial geschaffen, sodass ich mich schon jetzt riesig darauf freue!

Fazit
In „Das Juwel. Die weiße Rose“ versucht Violet, dem Juwel und ihrem Schicksal als Surrogat zu entkommen. Auf ihrer Flucht erfährt sie mehr über das Leben der verschiedenen Schichten in der Einzigen Stadt, vertieft ihre Freundschaften und macht erschreckende und hoffnungsvolle Entdeckungen. Mir hat diese Fortsetzung noch ein Stück besser gefallen als der Reihenauftakt. Wenn ihr den ersten Teil mochtet, dann dürft ihr euch dieses Buch auf keinen Fall entgehen lassen!