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Sonntag, 4. September 2016

[Rezension Hanna] Falsche Schwestern - Cat Clarke

Falsche Schwestern
Autorin: Cat Clarke
Übersetzerin: Jenny Merling
Paperback: 400 Seiten
Erschienen am 25. August 2016
Verlag: Fischer FJB
Link zur Buchseite des Verlags

Inhalt
Seit 13 Jahren gilt Faiths Schwester Laurel als vermisst. Entführt von einem Fremden am helllichten Tag aus dem heimischen Sandkasten konnte sie trotz einer großangelegten Suchaktion und hoher medialer Aufmerksamkeit nicht gefunden werden. Faith stand in all den Jahren im Schatten ihrer Schwester, die meisten Leute interessierten sich nur für sie, weil sie die Schwester der Vermissten ist. Doch dann taucht ein Mädchen bei der Polizei auf, die Laurels heißgeliebten Bären Barnaby dabei hat. Endlich hat Faith ihre große Schwester wieder. Doch in 13 Jahren hat sich vieles verändert. Wie wird es für die Familie nun weitergehen?

Meinung
Zu Beginn des Buches lernt man Faith kennen, über deren Familie seit 13 Jahren ein dunkler Schatten liegt. Das Verschwinden ihrer Schwestern hat bleibende Spuren hinterlassen. Damals gab es eine enorme mediale Aufmerksamkeit, und so tauchen auch heute noch immer wieder Berichte in der Presse auf, die Faith, ihre Eltern und ihr Umfeld ständig daran erinnern, was passiert ist. Dabei mag es Faith überhaupt nicht, wenn Leute sich nur wegen des Geschehenen für sie interessieren.

Nach einem kurzen Einblick in Faiths Leben und Gedankenwelt kommt auch schon die Nachricht, die alles auf den Kopf stellt: Laurel ist aufgetaucht! Wie reagiert eine Familie nach Jahren der Ungewissheit auf solch eine Nachricht? Welche Person ist aus Laurel geworden? Kann sie sich wieder in die Familie einfügen? Ich brannte darauf, die Antworten auf diese Fragen zu erfahren und ließ mich mitreißen von den ersten Momenten nach Erhalt dieser Nachricht, der ersten Begegnung, der ersten Pressekonferenz.

Von echten Fällen aus der Vergangenheit, über welche die Medien berichtet haben, wusste ich, wie schwierig es für Entführungsopfer sein kann, in die Familie und Gesellschaft zurückzukehren. Ich war gespannt, wie diese fiktive Familie die Herausforderung meistern wird. Für die Presse ist das Happy End des Entführungsdramas natürlich gefundenes Fressen. Das Buch setzt sich intensiv damit auseinander, wie sich das für die Beteiligten anfühlen muss. Das fand ich allerdings nicht allzu spannend und überraschend, da man in der Realität in den Medien allzu oft genau das erlebt: Persönliche Geschichten, die wochenlang ausgeschlachtet werden.

Das Buch gibt umfassende Einblicke in Faiths Gedanken- und Gefühlswelt während der Ereignisse. Sie ist glücklich über die Rückkehr ihrer Schwestern, steht nun aber noch stärker in ihrem Schatten als je zuvor, was bei ihr auch negative Gefühle auslöst. Das konnte ich nachvollziehen, doch wirklich nahe fühlte ich mich ihr nicht. Ihren Freund fand ich leider nicht sonderlich sympathisch und ihre beste Freundin blieb relativ blass. Am Besten gefallen hat mir Michel, der neue Lebensgefährte von Faith’s Vater, der mit seiner klugen und umsichtigen Art immer die richtigen Worte gefunden hat.

Der größte Knackpunkt des Buches war für mich, dass ich sehr früh wusste, worauf das Buch hinauslaufen wird. Dezente Hinweise nehme ich oft nicht war und bewundere dann im Rückblick ihre geschickte Platzierung. Doch in diesem Buch sind Andeutungen so offensichtlich platziert, dass ich sie gar nicht überlesen konnte. Dadurch hat das Buch für mich leider sehr viel von seinem Reiz eingebüßt. Zum Ende hin werden schließlich auch noch Entscheidungen getroffen, die für mich nicht zu den Charakteren passten, die ich bis dato kennengelernt hatte. Die berührende Offenbarung eines allwissenden Erzählers hat mich dann aber versöhnlich stimmen können – ein ganz starker Abschluss für ein eher durchwachsenes Buch.

Fazit
„Falsche Schwestern“ lässt mich zwiegespalten zurück. Die Autorin schreibt über ein wichtiges Thema und gerade die ersten Momente nach dem Auftauchen der Vermissten konnten mich mitreißen. Das Buch besitzt interessante psychologische Komponenten, doch der Verlauf war für mich früh vorhersehbar, weshalb es mich nicht so recht fesseln konnte. Ich vergebe deshalb solide 3 Sterne für dieses Buch über das Auffinden eines Entführungsopfers nach über einem Jahrzehnt und dessen Konsequenzen.