Hallo liebe Leser,
Ingrid und ich hatten auf der Buchmesse die Gelegenheit, ein Interview mit Ursula Poznanski und Arno Strobel zu führen. Die beiden haben kürzlich mit "anonym" gerade ihren zweiten gemeinsamen Thriller veröffentlicht (Rezension Hanna, Rezension Ingrid). Im letzten Jahr haben die beiden bereits mit "Fremd" die Leser begeistert (Rezension Hanna, Rezension Ingrid).
Von Beginn an waren die beiden total offen und gut gelaunt, sodass es uns leicht fiel, einen Einstieg ins Interview zu finden. Trotzdem haben wir vor lauter Aufregung kein Foto gemacht. Darum gibt es ein Foto der beiden von der letzten Lesung der beiden, die Ingrid besucht hat, als visuelle Untermalung. ;-)
Wie kamen Sie auf die Idee, mit „anonym“, Ihrem zweiten gemeinsamen
Buch, in Serie zu gehen?
Nach „Fremd“ wollten wir auch für unser zweites Buch die Grundidee der
zwei abwechselnden Perspektiven eines Mannes und einer Frau beibehalten. Diesmal
haben wir uns aber für zwei Ermittler entschieden. Und auch wenn das Potenzial
da ist: Ob Nina und Daniel wirklich in Serie gehen werden, ist noch völlig
offen.
Wie funktioniert das gemeinsame Schreiben? Hat jeder von Ihnen „seinen“
Charakter selbst entwickelt oder im gemeinsamen Gespräch?
Jeder hat erst mal „seinen“ Protagonisten selber entwickelt. Auf einer
Seite hat jeder die wichtigsten Merkmale und Eigenschaften aufgeschrieben. Das
haben wir uns gegenseitig gezeigt und abgeglichen, unter anderem damit sich
nichts doppelt. Daniel sollte zum Beispiel Vorschriften nicht zu ernst nehmen,
Nina ebenfalls. Hätten wir das so gelassen, dann hätte die Geschichte nicht
funktioniert, also wurde Daniel zu einem Charakter, der die Regeln doch etwas
ernster nimmt. Sein Mode- und Autofimmel hingegen waren von Anfang an da.
Wie stimmen Sie die Schreibphasen für gemeinsame Bücher aufeinander ab?
Wie finden Sie den „richtigen“ Zeitpunkt für ein gemeinsames Schreibprojekt?
Das gemeinsame Schreiben läuft immer parallel zu unseren Soloprojekten.
Bei einem gemeinsamen Buch müssen wir vor dem Schreiben noch stärker plotten
als bei einem Soloprojekt. Dazu treffen wir uns mehrmals persönlich. Innerhalb
dieses vorgegebenen Rahmens geht das eigentliche Schreiben dann relativ
schnell. Hier findet die Kommunikation dann per Mail oder Telefon statt. Der
Rahmen ist aber nicht völlig starr, auch nachträglich sind noch Modifikationen
möglich. Dann reden wir gemeinsam über die neue Idee und überlegen, was sich
dadurch in den Folgekapiteln ändert.
Sie schreiben beide in der Ich-Form. Wie viel Ursula und Arno stecken
in Nina und Daniel?
Arno Strobel: Man kann nicht schreiben, ohne etwas von sich preiszugeben. Die
Charaktere spiegeln uns aber nicht eins zu eins wieder. Ich mag zum Beispiel
große Wagen, fahre aber keinen Oldtimer wie Daniel. Und Ursula kleidet sich nur freizeitmäßig etwas salopper wie Nina.
Warum haben Sie Hamburg als Schauplatz gewählt?
Wir finden beide, dass das eine tolle Stadt ist. Für das gemeinsame
Plotten mussten wir uns wie gesagt ja sowieso persönlich treffen. Das haben wir
dann eben in Hamburg getan und unsere Besuche mit dem gemeinsamen Besuch der
Handlungsorte verknüpft.
Ursula Poznanski: Meine Bücher spielen oft in gar keiner konkreten Stadt.
Ich habe gemerkt, dass es eigentlich ganz schön sein kann, mal auf
Recherchereise zu gehen.
Wer hat sich den Titel ausgedacht?
Die Idee kam von uns beiden. Unser erster Titelvorschlag wurde aus
diversen Gründen abgelehnt, aber „anonym“ war unter den weiteren Vorschlägen,
die von uns kamen. Wir finden, dass der Titel die Geschichte absolut treffend
beschreibt.
Im Buch spielt das Darknet eine große Rolle. Waren Sie schon mal im
Darknet? Und wie kommt man überhaupt dahin?
Das Darknet erreicht man nur mit einem speziellen Browser und dann muss
man genau wissen, wo man hin will. Im Prinzip gibt es dort alles Illegale, was
man sich nur vorstellen kann. Für die Recherche hat Arno auch Kontakt zum Chaos
Computer Club aufgenommen und wir haben uns in Hamburg mit Vertretern
getroffen, die uns einiges dazu erklärt haben. Im Buch spielt die Gruppe unter
anderem Namen übrigens auch mit.
Wer denkt sich die Mordarten aus?
Das machen wir in gemeinsamer Kooperation beim Plotten der Handlung.
Die klare Motivation unseres Täters war es, seinen Zuschauern eine möglichst
grausige Show zu bieten. Außerdem hat er den Anspruch an sich selbst, sich mit
jeder Tat zu steigern. Wir mussten uns also Mordarten ausdenken, die genau dazu
passen.
Gibt es eine Grenze für Sie bei der Beschreibung von Mordszenen?
Ja, die gibt es auf jeden Fall. Bei aller Brutalität in „anonym“ ist
das Hauptziel zu keiner Zeit, ein möglichst blutiges Geschehen zu bieten. Auch
Vergehen an Kindern würden wir nicht schildern wollen.
Träumen Sie von ihren eigenen Geschichten? Kommen Ihnen schon mal
neue Ideen im Traum?
Ursula Poznanski: Andere Autoren berichten, dass sie manchmal mitten
in der Nacht aufwachen und nach Stift und Zettel suchen, um zündende Ideen zu
notieren. Das ist mir aber noch nie passiert.
Arno Strobel: Mir geht es ähnlich, ich träume weder von meinem eigenen
Buch noch von denen anderer Autoren. Bei der eigenen Geschichte liegt es
vermutlich daran, dass ich ja ganz genau weiß, dass ich mir das selber
ausgedacht habe.
In welchem Genre würden Sie auch gerne mal schreiben?
Arno Strobel: Man soll ja nie nie sagen. Am ehesten könnte ich mir
vorstellen, mal etwas humorvolles zu schreiben. Ein humorvoller Thriller wird
allerdings schwierig, denn ich baue ja bewusst einen Spannungsbogen auf, der
durch Lacher gebrochen werden würde.