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Titel: Mr. Gwyn (beinhaltet "Dreimal im Morgengrauen")
Titel: Mr. Gwyn (beinhaltet "Dreimal im Morgengrauen")
Autor: Alessandro Baricco
Übersetzerin: Annette Kopetzki
Erscheinungsdatum: 27.02.2016
Verlag: Hoffmann und Campe (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag
Der englische Schriftsteller Jasper Gwyn war in den letzten
zwölf Jahren überaus erfolgreich mit seinen Büchern. Doch eines Tages empfindet
er sein bisheriges Leben als unpassend. In einer Liste, die er seinem Verleger
zuschickt, hält er in 52 Punkten die Dinge fest, die er zukünftig nicht mehr zu
tun gedenkt. Darunter befindet sich auch der Vorsatz, keine Bücher mehr zu
schreiben und zu veröffentlichen. So beginnt der Roman „Mr. Gwyn“ von
Alessandro Baricco.
In der folgenden Zeit gönnt Mr. Gwyn sich zunächst einen
Urlaub. Nach weiteren Wochen und Monaten, in denen er London erkundet, wobei
ihn häufiger ein Unwohlsein begleitet, kommt ihm beim Betrachten von Gemälden eine
Idee. Er beschließt fortan Menschen zu porträtieren, allerdings nicht malend
sondern schreibend. Sein Ziel dabei ist es, den zu Porträtierenden „nach Hause
zu bringen“. Er möchte dabei die Natürlichkeit des Menschen einfangen.
Derjenige, der vor ihm posieren wird, soll sich nicht für irgendwen oder
irgendwas in Szene setzen, sondern sich so unbefangen wie Daheim geben.
Um sein Vorhaben in die Tat umzusetzen, mietet er ein
Atelier, das er auf besondere Art ausleuchtet Die Sessions gedenkt er mit
eigens dafür komponierter Musik untermalen zu lassen. Für ein erstes Porträt
sucht er ein Modell, das dem Durchschnittsbürger entspricht und findet es in
Rebecca, der Sekretärin seines Verlegers. Rebecca entwickelt sich zu seiner treuen
Stütze und rechten Hand. Mr. Gwyn widmet sich seiner neuen Tätigkeit, bis eines
Tages ein Modell sich nicht an die Vorgaben von ihm hält.
Jasper Gwyn ist ein Mensch, der gern alleine lebt und darum
auch seine Marotten nach eigenem Willen ausleben kann. Bereits nach wenigen
Seiten des Romans hatte ich als Leser den Eindruck, dass da unter der
Oberfläche noch einiges mehr sein muss. Aber der Autor ließ mich nur hier und
da mal durch das Schlüsselloch, wie es sinnbildlich auf dem Cover abgebildet
ist, einen Blick auf die tatsächliche Persönlichkeit von Mr. Gwyn werfen.
Stellt er als in der Öffentlichkeit stehender Schriftsteller das Verfassen von
Büchern ein, schien es mir so, dass er an einem anderen Ort problemlos eine Rolle annimmt, die nicht dem
Schreibverbot unterliegt.
Neben dieser sehr einzigartigen und geheimnisvollen Person
zeichnet Alessandro Baricco auch mit Rebecca einen besonderen Charakter.
Auffällig ist sie durch ihren korpulenten Körper, wie der Autor mehrmals
betont. Dadurch hat sie Wiedererkennungswert gegenüber den anderen Figuren im
Roman trotz ihres ansonsten durchschnittlichen Aussehens. Die Anweisungen ihrer
Arbeitgeber führt sie kompetent aus und erwirbt sich damit das Vertrauen und
die Hochachtung von Mr. Gwyn. Sie ist ein logisch denkender Mensch, dem es im
Laufe der Zeit durch ihre Fähigkeiten gelingt einen Weg zu Jasper Gwyn zu
finden.
Das Buch besteht aus zwei Teilen, dem eigentlichen Roman
„Mr. Gwyn“ und der Kurzgeschichte „Dreimal im Morgengrauen“. Während ich im
ersten Teil ständig darauf hoffte, einmal ein Porträt von Mr. Gwyn lesen zu
dürfen, erfüllte mir der zweite Teil diesen Wunsch auf eine ganz eigene Weise. Dieses
Buch bildete für mich eine perfekte Ergänzung zum ersten Teil und hob für mich
ein wenig den Schleier um einen Blick auf die Vergangenheit von Mr. Gwyn zu
werfen.
Wirkte die Idee, Porträts von Menschen zu schreiben und auch
die Umsetzung zunächst kurios, so habe ich mich doch gespannt auf diesen Plan
eingelassen. Kurze Kapitel und eine eindringliche Sprache zeigten mir schließlich,
dass die Ausführung möglich ist. Atmosphärisch dicht mit ruhigen Beschreibungen
und einem rätselhaften Charakter hat mir das Buch eine sehr schöne Geschichte mit Tiefgang geboten. Daher empfehle ich es
gerne weiter.