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Freitag, 24. Februar 2017

[Rezension Hanna] Mehr Schwarz als Lila - Lena Gorelik


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Mehr Schwarz als Lila
Autorin: Lena Gorelik
Hardcover: 256 Seiten
Erschienen am 17. Februar 2017
Verlag: Rowohlt Berlin

Inhalt
Alex ist siebzehn und hat seit sechs Tagen das Haus nicht mehr verlassen, denn Paul ist verschwunden und Ratte redet nicht mehr mit ihr. Dabei gab es eine Zeit, in der die drei unzertrennlich waren. Doch plötzlich ist nichts mehr vor vorher. Ein neuer Referendar kommt an die Schule, zu dem sich Alex hingezogen fühlt. Und auch Ratte verliebt sich und hat plötzlich weniger Zeit für sie. Alex handelt zunehmend intuitiv und ohne nachzudenken und hält an den Spielen fest, die sie, Ratte und Paul doch schon immer gespielt haben. Doch irgendwann stößt jedes Spiel an seine Grenzen…

Meinung
Cover und Titel des Buches scheinen farblich auf den ersten Blick nicht zusammenzupassen, ihre Bedeutung wird beim Lesen aber schnell klar. Das Cover des Buches zeigt ein rot-grünes Gefieder und spielt auf Alex‘ Papagei an, den ihr Vater ihr vor neun Jahren kurz nach dem Tod ihrer Mutter geschenkt hat. Der Titel bezieht sich auf ihre Vorliebe, ausschließlich schwarz zu tragen und damit verbundene Diskussionen mit ihrer besten Freundin Ratte, ob ihre Hose nun eher dunkellila oder schwarz ist. Doch bevor man das und noch viel mehr über die Protagonistin erfährt, lernt man sie zu Beginn des Buches in einem Moment kennen, in denen sie sich emotional im freien Fall befindet. Um zu erklären, wie es so weit kommen konnte, springt die Ich-Erzählerin einige Monate in die Vergangenheit.

Hier lernt der Leser Alex, Ratte und Lena als verschworenes Dreiergespann kennen. Sie verbringen ihre Zeit meistens gemeinsam. Wenn ihnen langweilig ist, dann spielen sie Spiele wie „Stell dir vor“, in denen sie sich gegenseitig zu übertreffen versuchen. Doch dann wird alles anders, denn ein neuer Referendar unterrichtet die Klasse und lädt die drei bald ein, mit ihm eine Ausstellung zu besuchen. Er, den Alex im Buch nur als „Du“ anspricht, trifft sich fortan häufiger mit den dreien. Alex fühlt sich immer stärker zu ihm hingezogen, handelt ohne nachzudenken und muss sich mit den unerwarteten Konsequenzen auseinandersetzen.

Ich erlebte Alex als authentische Protagonistin, die sich mitten im Erwachsenwerden befindet und sich von ihren Gefühlen leiten lässt. In literarischer Sprache beschreibt sie, was in ihr vorgeht. Dabei macht sie großzügig Gebraucht von Stilmitteln, denn schließlich sind sie die Verbindung zu ihm, der sie in Deutsch unterrichtet. Oft verfällt sie auch ins Stakkato oder erinnert sich an Songtexte, die ihre Gedanken wiederspiegeln. Nach einer Eingewöhnungsphase konnte ich mich gut auf diese ungewöhnliche Sprache einlassen und sie wurde für mich zunehmend zur Stimme von Alex.

Mit Alex‘ Worten vor Augen konnte ich gut nachvollziehen, wie es so weit kommen konnte, dass sie sich privat mit einem Referendar trifft und Gefühle für ihn entwickelt. Dieses brisante Thema verarbeitet die Autorin behutsam und unaufgeregt, sodass der Fokus darauf lag, welchen Einfluss Alex‘ Gefühle und auch die von Ratte und Paul auf ihre Freundschaft haben. Ich muss aber sagen, dass die drei auf mich eher wie Schüler von vor zehn, zwanzig Jahren als wie von heute wirkten. Ihr Verhalten empfand ich oft eher als typisch für die Jugend der 90er / 2000er als der heutigen Zeit. Durch wenige Verweise wie die Jagd auf Pokemon wurde die Handlung aber im Hier und Jetzt fixiert, wodurch für mich ein etwas unstimmiger Eindruck entstand.

Die Handlung spitzt sich schließlich zu. Das Chaos in Alex‘ Innerem treibt sie zu immer impulsiveren Handlungen, die Grenzen testen und schließlich überschreiben. Ein mittels Foto festgehaltener Moment ist es schließlich, der Alex emotionales Kartenhaus in sich zusammenstürzen lässt. Hier findet man sich schließlich in der zu Beginn des Buches geschilderten Situation wieder und die Geschichte wird zu einem Abschluss geführt, der mich berühren konnte und dessen Botschaft ich als sehr stimmig und passend erlebte.

Fazit
„Mehr schwarz als lila“ erzählt die Geschichte von Alex, ihren beiden besten Freunden und einer Menge Gefühlen, die alles durcheinander bringen. Die ungewöhnliche, mit Stilmitteln beladene Sprache wurde für mich bald zu Alex Stimme, die von Freundschaft, Liebe und dem Erwachsenwerden erzählt. Eine ruhige und zugleich starke, authentische Geschichte, die ich sehr gern weiterempfehle.