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Ein geschenkter Anfang
Ein geschenkter Anfang
Autorin: Lorraine Fouchet
Übersetzerin: Sina de Malafosse
Hardcover: 368 Seiten
Erschienen am 17. März 2017
Verlag: Atlantik
Inhalt
Joseph und Lou sind als Frührentner von Paris zurück auf die Île de Groix gezogen. Doch nach einer kurzen,
unbeschwerten Zeit kam Lou mit nur sechsundfünfzig Jahren ins Pflegeheim und verstarb
bald danach. Zurück bleibt ein einsamer, zweifelnder Jo, der sich um seine
beiden Kinder nie sonderlich gekümmert hat. Das will Lou in ihrem Testament
ändern. Sie trägt ihm auf, dafür zu sorgen, dass sie glücklich sind. Erst dann
dürfe er ihren letzten Brief lesen. Jo weiß nicht so recht, wie er das angehen
soll, denn vor allem sein Sohn beginnt nach Lous Tod, den Kontakt aufs Nötigste
zu reduzieren. Mittels Google Alerts und hilfsbereiten Freunden beginnt er,
erst einmal mehr über das Leben seiner Kinder in Erfahrung zu bringen…
Meinung
Das Cover des Buches zeigt eine Küste mit Leuchtturm in Hintergrund, an
der ein Mann mit einem Mädchen spielt. Die Kulisse passt gut zur Île de Groix sein, auf der ein Großteil der
Geschichte spielt. Die abgebildeten Menschen könnten Jo mit seiner Enkelin
Pomme sein, wobei letztere mit ihren zehn Jahren eigentlich schon zu alt für das
gezeigte Kind ist.
Das Buch startet bedrückend mit
der Beerdigung von Lou. Sowohl Jo als auch Pomme sprechen währenddessen in
Gedanken zu ihr und teilen mit ihr, was ihnen durch den Kopf geht. Um den Leser
gleichzeitig abzuholen, erzählen sie Lou Dinge, die sie eigentlich wissen sollte.
Dadurch wirkte die Sprache auf mich etwas holprig. Das gibt sich aber bald und
ich fand immer besser in die Geschichte hinein.
Die Autorin hat Charaktere erschaffen, ich die ich mich schnell
einfühlen konnte. Jo fühlt sich von Lou allein gelassen; er kann mit ihrem
Auftrag wenig anfangen und hat auch wenig Antrieb, allein weiterzumachen.
Aufheiterungsversuche seiner Freunde und seiner Enkelin Pomme sind nicht
sonderlich erfolgreich. Jo zieht sich zunehmend zurück und es kommt zu
berührenden Szenen, in denen er in Erinnerungen schwelgt und Entscheidungen
trifft, in denen eine Depression aus ihm spricht. Der Entschluss, mehr über das
Leben seiner beiden Kinder herauszufinden, gibt ihm schließlich eine neue
Aufgabe.
Zu Erzählabschnitten aus Jos Sicht gesellen sich recht früh Abschnitte
aus Pommes Perspektive und später auch aus derer seiner Kinder und einiger
wichtiger Nebencharaktere. Pomme habe ich schnell ins Herz geschlossen. Sie
hängt sehr an ihrem Großvater und wünscht sich eine bessere Beziehung zu ihrem
Vater, dessen Besuche immer seltener werden. Sie ist lebensfroh und geht Dinge
beherzt an. Darin unterscheidet sie sich von ihrer Halbschwester Charlotte, deren
altkluge Sprache für mich nicht zu einer Neunjährigen passte und die aus dem
Stehgreif eine psychologische Selbstanalyse zum Besten gibt. Auch Jos Kinder
Sarah und Cyrian lernt man besser kennen. Beide sind in ihren Jobs äußerst
erfolgreich. Doch erstere trifft keinen Mann mehr als zweimal, seit ihr
Verlobter sie aufgrund ihrer Erkrankung verlassen hat und letzterer führt eine
erkaltete Ehe mit der Mutter seiner zweiten Tochter, die er regelmäßig betrügt.
Mit dem Beginn von Jos Nachforschungen zum Leben seiner Kinder dringt
man immer tiefer in das Beziehungsgeflecht der Familie vor. Man versteht
zunehmend, was die einzelnen Charaktere antreibt und warum sie in bestimmten
Verhaltensmustern gefangen sind. Der bedrückende Ton der Geschichte wird
gelegentlich durch amüsante Szenen aufgelockert, zum Beispiel wenn Jo sich
Google Alerts zur Beobachtung seiner Kinder einrichtet oder Freunde als
Schauspieler instruiert, die Charakterstärke der Frauen in Cyrians Leben zu
prüfen. Unauffällig und punktuell mischt sich Jo in Sarahs und Cyrians Leben
ein, um sie in die richtige Richtung zu schubsen – mit unterschiedlichem
Ergebnis. Schließlich kommt es zu einem dramatischen Ereignis, das alle stark
ins Nachdenken bringt und schließlich zu einem versöhnlichen Ende, das ich sehr
passend fand.
Fazit
„Ein geschenkter Anfang“ erzählt von der Familie der verstorbenen Lou,
die von ihrem Mann verlangt, für das Glück der gemeinsamen Kinder zu sorgen.
Der Fokus verschiebt sich langsam von ihm und seiner Trauer hin zur Frage, was
im Leben seiner Kinder denn fehlt. Mit der Zeit fand ich immer besser in die
Story hinein, begegnete Charakteren, in die ich mich hineinfühlen konnte und
erlebte Momente, die mich berührten. Diese nachdenkliche und doch nach vorn
schauende Familiengeschichte vor der Kulisse der traumhaften Île de Groix empfehle ich gern weiter.