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Ich, Eleanor Oliphant
Autorin: Gail Honeyman
Übersetzerin: Alexandra Kranefeld
Hardcover: 528 Seiten
Erschienen am 24. April 2017
Verlag: Bastei Lübe
Inhalt
Eleanor Oliphant ist fast 30 Jahre alt und arbeitet seit ihrem
Uniabschluss als Buchhalterin in einer Grafikdesign-Agentur. Auf der Arbeit ist
sie fleißig, mit ihren Kollegen aber nicht auf einer Wellenlänge, und so
verbringt sie die Mittagspausen allein mit Kreuzworträtseln. Das Wochenende
verbringt sie mit Wodka in ihrer Wohnung und spricht meist erst wieder mit
jemandem, wenn sie montags zur Arbeit geht. Zweimal im Jahr schaut eine
Sozialarbeiterin bei ihr nach dem Rechten. All das ist für Eleanor normal und
okay. Doch dann verliebt sie sich in einen Musiker und beschließt, in ihrem
Leben einige Veränderungen vorzunehmen. Als in der IT auch noch ein neuer
Kollege anfängt und sie gemeinsam bei einem alten Mann Hilfe leisten, ist in
ihrem Leben so einiges los. Doch irgendetwas ist in ihrer Vergangenheit
passiert, das sie bis heute verfolgt und nie ganz loslässt.
Meinung
Das Cover des Buches sieht auf den ersten Blick bunt und unbeschwert
aus. Doch in der oberen Ecke ist es ganz schwarz gefärbt, und dort steht eine
Person – vermutlich Eleanor, deren soziale Interaktion sich auf das absolut
nötigste beschränkt. Eleanor gibt dem Leser zu Beginn des Buches in nüchterner,
sachlicher Sprache einen Überblick über ihre stets gleich ablaufende Woche, mit
der sie sich arrangiert hat. In einer bizarren Situation beim Arzt lässt sie
sich außerdem Schmerzmittel verschrieben und erklärt dem Leser schließlich,
dass sie sich in einen Musiker verliebt hat, der für sie perfekt ist.
Schnell wird klar, dass Eleanor alles andere als ein durchschnittliches
Leben führt. Sie bezeichnet sich selbst als Einzelkämpferin und Überlebende und
lässt keinen anderen Menschen an sich heran. Im Kontakt mit anderen verhält sie
sich zudem reichlich ungeschickt. Sie weiß, dass die Kollegen über sie lästern,
doch das ist ihr egal. Eleanor tat mir wirklich leid und die Szenen, in denen
sie so offensichtlich ins Fettnäpfchen tritt konnten mich berühren. Gleichzeitig
konnte ich aufgrund ihres befremdlichen Verhaltens die Distanz der Kollegen
teils nachvollziehen. Eleanor macht immer wieder Andeutungen über eine schwere
Kindheit und ständig wechselnde Pflegefamilien, sodass ich neugierig wurde, was
damals wohl vorgefallen ist, das bis heute nachwirkt.
Nach kurzer Zeit geschehen mehrere Dinge, die Eleanors Leben
durcheinanderwirbeln. Für ihre baldige Beziehung zum Musiker will sie sich
selbst etwas herrichten und macht dabei ganz neue Erfahrungen bei der Maniküre
und dem Brazilian Waxing. Gleichzeitig hat sie einen neuen Kollegen in der IT, Raymond,
der gern mit ihr redet und sich von ihrer verschrobenen, förmlichen Art nicht
abschrecken lässt. Durch ihn und einem alten Mann, dem die beiden helfen, lernt
sie zu verstehen, was es bedeutet, Zeit mit anderen zu verbringen und eine
Familie zu haben. Eleanor verhält sich bei all dem sehr naiv, doch es war
wirklich schön zu sehen, wie sie durch das Interesse anderer an ihr als Person
regelrecht aufblüht und selbst merkt, dass ihr das Zusammensein mit Anderen
Spaß macht.
Ich hatte Eleanor wirklich gern, doch was mich bei der Lektüre am
meisten störte waren diverse Ungereimtheiten in Bezug auf ihren Charakter. Zum
Beispiel löst sie gern Kreuzworträtsel, schaut viel Fern und hört Radio, weiß
aber nicht, wer Spongebob Schwammkopf oder die Village People sind. Diese
Bildungslücken waren in der jeweiligen Situation amüsant, in dem Ausmaß für
mich aber wenig nachvollziehbar. Auch konnte ich nicht verstehen, warum sie
früher so oft die Pflegefamilie wechseln musste – haben alle Pflegeeltern
wirklich so schnell aufgegeben? Und trotz ihres asketischen Lebensstils in
einer winzigen Sozialwohnung hat sie nach acht Jahren Arbeit fast kein
Erspartes – verdienen Buchhalter in Glasgow so unglaublich wenig? Das sind nur
einige Beispiele, die mich immer wieder stutzen ließen.
Es hat mir Spaß gemacht, Eleanor dabei zu begleiten, wie sie Stück für
Stück lernt, auf andere Menschen einzugehen und dass das Leben mehr bietet als
Arbeit und Wodka. Es gibt viele schöne Situationen, aber auch einige
Rückschläge, die mich hoffen ließen, dass sie trotzdem nicht aufgibt. Ich habe
mich sehr für sie gefreut, dass sie mit Raymond einen Freund an ihrer Seite
hat, der den Kontakt zu ihr während Höhen und Tiefen halten will. Eleanor macht
eine tolle Entwicklung durch und will sich schließlich auch ihrer Vergangenheit
stellen. Zum Schluss ging es mir dann etwas zu schnell. Gerne hätte ich Eleanor
mit ihrem neuen Blick auf sich selbst noch einige weitere Seiten begleitet.
Fazit
„Ich, Eleanor Oliphant“ erzählt die Geschichte von Eleanor, die soziale
Kontakte möglichst vermeidet und sich selbst als Einzelkämpferin sieht. Doch
dann verliebt sie sich, begegnet einem neuen Kollegen und findet sich in für
sie ganz neuen Situationen wieder, die sie zu der Frage bringt: Ist es wirklich
okay für sie, sich ganz allein durchzuschlagen? Trotz einiger Ungereimtheiten
in Bezug auf ihren Charakter hat mit diese lebensbejahende Geschichte über
Freundschaft und die kleinen Dinge im Leben gut gefallen. Ich vergebe vier
Sterne.
Eine Rezension von Ingrid zum Buch findet ihr unter folgendem Link: KLICK!