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Titel: Das geträumte Land
Titel: Das geträumte Land
Autorin: Imbolo Mbue
Übersetzerin: Maria Hummitzsch
Erscheinungsdatum: 16.02.2017
Verlag: Kiepenheuer & Witsch (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag und Lesebändchen
Für das aus Kamerun stammende Ehepaar Jende und Neni Jonga
ist die USA das Land ihrer Träume. In dem entsprechend betitelten Debütroman „Das
geträumte Land“ von Imbolo Mbue suchen sie nach einem Weg, dort Asyl zu
erhalten um dann in den Besitz von Arbeitspapieren zu kommen, damit sie legal
im Land bleiben dürfen. Im Cover sind die Farben der Flagge Kameruns wiederzufinden.
So wie die traditionelle farbenfrohe Kleidung der Kameruner fällt das Titelbild
dem Betrachter sofort ins Auge. Doch symbolisch hat sich New York in Form von
Wolkenkratzern und Freiheitsstatue aus Holz entsprechend des großen Wunschs der
Jongas in den Vordergrund gespielt.
Es ist das Jahr 2008 und Jende ist bereits seit drei Jahren
in New York. Vor achtzehn Monaten konnten auch Neni und sein Sohn Liomi einreisen.
Gemeinsam wohnen sie in einer bescheidenen Wohnung in Harlem. Er arbeitet für
einen Taxidienst und erhält eines Tages durch Beziehungen die Möglichkeit für
Clark Edwards und seiner Familie als Chauffeur zu arbeiten und dessen
Familienmitglieder. Clark Edwards ist Manager der Investmentbank Lehman
Brothers. Diese Position als Fahrer ist gut bezahlt und Jende benötigt das Geld
dringend, denn neben dem Lebensunterhalt für seine kleine Familie möchte er
Neni ihren Traum erfüllen, Apothekerin zu werden. Neni arbeitet stundenweise
als Pflegerin für ältere Personen. Durch Familie Edwards erhält sie die Chance
in deren Ferienhaus auszuhelfen und so noch zusätzlich einiges zu verdienen.
Die Erfüllung der Wünsche rückt in greifbare Nähe, doch dann muss Lehman
Brothers im Zuge der Finanzkrise Insolvenz anmelden. Beide Familien, die Jongas
und die Edwards, haben mit den Konsequenzen zu kämpfen. Wird es eine Zukunft
für Jende und Neni in den USA geben?
Neni stammt aus einer wohlhabenden Familie aus
Limbe/Kamerun. Jendes Familie ist nicht so gutsituiert und seine Chancen auf
einen gesellschaftlichen Aufstiegs sind gering, weil unsichtbar gezogene
Standesgrenzen das verhindern. Nenis Vater hat seine Erlaubnis für die Ehe
verweigert. Das junge Paar ist seiner jeweiligen Familie und den geltenden kamerunischen
ungeschriebenen Gesetzen so verbunden, dass es sich nicht spürbar dagegen
auflehnt. Ein Cousin von Jende schafft den Sprung nach Amerika ins „Land der
Unbegrenzten Möglichkeiten“. Jende leiht sich das Geld von ihm für seinen
eigenen Start. Jende begleitet auf seinem Weg in die USA auch die Hoffnung
seiner ganzen Familie auf Unterstützung. Die Sorgen seiner Verwandten, denen er
sobald wie möglich Unterstützung für medizinische Hilfe, Renovierungen und
anderes zukommen lässt stellt er regelmäßig vor die Erfüllung seiner eigenen
Träume für die er mühsam sein Geld zusammenträgt. Je nachdem wie viel die
Familie in Kamerun benötiget wächst und sinkt sein Vermögen und damit auch sein
Budget, einen ordentlichen Anwalt zu bezahlen der sich für seinen weiteren
Aufenthalt einsetzt.
Neni machte auf mich zunächst einen selbstbewussten Eindruck,
sie hatte ein großes Ziel für sich vor Augen und schaffte es trotz Kind und
Haushalt für ihr Studium zu lernen. Doch Jende trifft als Oberhaupt seiner
kleinen Familie für Neni wichtige Entscheidungen die deren Zukunft beeinflussen
und Neni ordnet sich dieser Ordnung unter, so wie sie es von Geburt an gewohnt
ist. Obwohl also beide US-Amerikaner werden möchten bleiben sie doch in ihren
Herzen Afrikaner. Für mich stellte sich daher von Beginn an die Frage, ob sie
die Assimilation im fremden Land schaffen können.
Clark und Cindy Edwards leben den amerikanischen Traum.
Cindy stammt aus einfachen Verhältnissen und führt jetzt an der Seite ihres
Ehemanns ein sorgloses Leben. Dadurch hat sie für die Wünsche der Jongas ein
gewisses Verständnis, dass aber dann aufzuhören schien als ihr eigenes Budget durch
die Krise eingeschränkt wurde. Die Edwards haben gemeinsam bereits einige Sorgen
geteilt. Allein durch ihr Vermögen gelingt es beiden nicht, ein wunschlos glücklich
zu sein. Der ältere Sohn Vince soll in die Fußstapfen seines Vaters treten,
doch er rebelliert und geht seinem eigenen Traum, im Ausland zu leben, nach. Für
Cindy bricht mit Vince eine wichtige Bezugsperson in ihrer unmittelbaren Nähe weg.
Ihr eigenes erhofftes und gelebtes Leben erhält deutliche Risse.
Für mich als Leser war es interessant am Alltagsleben der
beiden Familien in New York teilhaben zu können. Imbole Mbue erzählt aus einer
auktorialen Sichtweise. Die Probleme und Sorgen der einzelnen Personen
beschreibt sie einfühlsam und wirklichkeitsnah. Mit und mit erfuhr ich durch
Erinnerungen immer mehr über die Vergangenheit von Jende und Neni sowie Clark
und Cindy. Das Leben in Kamerun mit den geltenden Konventionen war mir bisher
unbekannt. Es war für mich schwierig, mit den Protagonisten zu sympathisieren,
weil jede ihr Schwächen hatte. Vor allem Neni erschien mir letztlich arglos in
Bezug auf die Umsetzung ihres Berufswunschs, der durch die frühe sorglose Liebe
zu Jende zunächst unerreichbar wurde.
Imbolo Mbue vermittelte mir mit ihrem Roman ein
realistisches Beispiel für die Auswanderung einer kamerunischen Familie und
deren Versuch in den USA eingebürgert zu werden. Auch die Geschichte des
Managers Clark Edwards und seiner Familie konnte ich gut nachvollziehen. Mir
hat das Buch unterhaltsame Stunden bereitet und daher empfehle ich es gerne
weiter.