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Titel: Die Entführung des Optimisten Sydney Seapunk
Titel: Die Entführung des Optimisten Sydney Seapunk
Autor: Andreas Stichmann
Erscheinungsdatum: 17.02.2017
Verlag: Rowohl (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag und Lesebändchen
Im Roman „Die Entführung des Optimisten Sydney Seapunk“
lässt Andreas Stichmann in Hamburg-Osdorf frischen Wind und neue Ideen in die
beschauliche und seit Jahren existierende Wohnsiedlung Sonnenhof durch zwei
Charaktere einkehren. Früher als alternatives Wohnprojekt gegründet dient sie
heute dem betreuten Wohnen unter der Leitung von Ramafelene Meisner, dem Sohn
der Gründerin und passenderweise so wie sie von Beruf Sozialarbeiter.
Einerseits erscheint dort die 17-jährige Bianca, genannt Bibi, vom Äußeren her
schon durch ihre blauen Haare auffallend. Sie soll dort ihre Sozialstunden
ableisten und sinnt dabei über einen Ausweg der ihr drohenden Unterbringung in
einem Heim nach. Andererseits hat sich David van Geelen, Miterbe eines
Unternehmens und Focusing-Trainer den Sonnenhof und seine Bewohner bewusst dazu
ausgesucht mit ihm gemeinsam vom Projekt der Entführung eines Millionärs zu
profitieren. Er möchte die Welt verändern, ist sich aber bewusst, dass er das
nicht alleine schafft.
David setzt auf das Schwarmverhalten so wie bei Fischen. In
Bezug darauf bezeichnet er sich selbst als Seapunk, also als jemand der wie
alles vom Meer beeinflusst wird. Entsprechend ist das Cover in aquablau
gestaltet mit dem Bildelement eines Wals. Die im Buch enthaltenen bunten Seapunk-Collagen
zeigen Beispiele für die gleichnamige Stilrichtung. Das sieht gut aus, hat aber
auf den Handlungsablauf keine Einwirkung.
Jeder Charakter dieses Romans scheint auf der Suche zu sein.
Ramafelene sucht nach neuen Konzepten, um mehr Geld zur Erhaltung und
Renovierung der Wohnanlage einzunehmen. Seine Mutter sucht nach einer
Möglichkeit selbstbestimmt im Alter zu leben, der Bewohner Küwi sucht mittels
Detektor nach realen Schätzen, Bibi sucht nach einer dauerhaften Bleibe und
David van Geelen nach Mitstreitern für seine Idee.
So kurios und komisch wie das Aufeinandertreffen dieser
Figuren auch sein mag, so nachdenklich stimmen die Sorgen der Personen, die
hier versammelt sind. Der Autor bildet dadurch einige Themen unserer
Gesellschaft ab. Bibi steht als Vertreterin der Jugendlichen, die eine dunkle
Zukunftsperspektive für sich sehen und aus Langeweile unüberlegt und eher
beiläufig straffällig werden. Ingrid, auch dunkle Inge genannt, hat viel
erreicht in ihrem Leben und vertritt die ältere Generation die umsorgt altern
möchten. Ihrem Sohn ist es noch nicht gelungen eine Lebensgefährtin zu finden. Seine
große Zuneigung zu Bibi ist nicht zu übersehen, aber der Altersunterschied ist
groß. Die behinderten Bewohner möchten entsprechend ihrer Fähigkeiten aktiv am
Alltag beteiligt werden und nicht nur nutzlos beschäftigt sein. Die Idee von
David übersteigt schließlich alles. Erscheint sie auf den ersten Blick als
wahnwitzig aber genial, so ist sie auf den zweiten zu hinterfragen.
David wurde durch das Verhalten seiner Eltern ihm gegenüber
geprägt. Das was er heute ist, hat er zum größten Teil seiner Umwelt zu
verdanken. Seine Idee spricht für ihn, doch die Umsetzung richtet er gegen die
Schatten seiner Vergangenheit. Über die Konsequenzen hat er sich wenig Gedanken
gemacht. An dieser Stelle treibt denn auch der Ernst der Sache an die
Oberfläche.
Andreas Stichmann schreibt schlicht und auf wesentliche
Details beschränkt aus unterschiedlichen Erzählperspektiven. „Die Entführung
des Optimisten Sydney Seapunk“ ist ein Abenteuer, das auf den Prüfstand zu
stellen ist. Der Autor brachte mich dazu darüber zu rätseln wie weit man gehen
muss , um eine gewachsene Gemeinschaft aufzubrechen und die Zugehörigen zu instrumentalisieren.
Wenn auch das Verbrechen am Beginn einer Weltveränderung bei mir ein Störgefühl
hervorrief, so war das Lesen doch verbunden mit Einzigartigkeit der Charaktere
und einer ungewöhnlichen Geschichte. Das Ende war vielversprechend und ließ Raum zum Weiterdenken. Kein Buch für jedermann, eher für Denker die
Situationskomik mögen.