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Titel: Und jetzt lass uns tanzen
Titel: Und jetzt lass uns tanzen
Autorin: Karine Lambert
Übersetzerin: Pauline Kurbasik
Erscheinungsdatum: 06.03.2017
Verlag: Diana
rezensierte Buchausgabe: Leseexemplar (Hardcover mit Schutzumschlag und Lesebändchen)
Marguerite, 78 Jahre alt, und Marcel, 73 Jahre alt, begegnen
sich bei einem Kuraufenthalt im Süden Frankreichs zum ersten Mal. Beide haben
vor geraumer Zeit ihren Ehepartner verloren. Sie sind die Protagonisten des
Buchs „Und jetzt lass uns tanzen“ der Belgierin Karine Lambert. Nicht nur die zunehmenden großen und kleinen
Zipperlein sondern auch die Leere in ihren Wohnungen gestalten ihr Leben wie
einen Tanz auf dem Drahtseil. Die Figuren auf dem Cover des Romans nehmen den
Leser auf direktem Weg mit hinein in die Geschichte. Für Marguerite und Marcel
wird die gemeinsame Zeit zu einem Balanceakt auf schmalem Grat zwischen dem Bekenntnis
zueinander und der Sorge ihrer Kinder über das entstandene Verhältnis.
Marguerite war mit ihrem Mann Henri über 50 Jahre
verheiratet. Henri war einige Jahre älter als sie und ein angesehener Notar. Er
ist unerwartet verstorben. Nach einem großen Schicksalsschlag in der Familie hat
sie als junge Frau bei Henri Sicherheit, Beständigkeit und in gewissem Maße
auch Wohlstand im Leben gefunden. Seine Entscheidungen hat sie nie in Frage
gestellt. Ganz nach seinen Vorstellungen war sie das Schmuckstück an seiner
Seite. Eigene Wünsche hat sie den seinen routinemäßig untergeordnet. Das Glück
wurde von einem gemeinsamen Sohn ergänzt, der in die Fußstapfen des Vaters
getreten ist.
Ganz anders ist das bisherige Leben von Marcel verlaufen. Der
frühere Tierpfleger ist gebürtig aus Algerien und als Jugendlicher mit seinen
Eltern während des Unabhängigkeitskampfs nach Frankreich geflüchtet. Begleitet
wurden sie von der Nachbarsfamilie, die es aber eines Tages wieder in die
Heimat zog. Doch sieben Jahre später kehrt Nora, die Tochter der Nachbar zu ihm
zurück. Hier zeigt sich die Geschichte einer Flucht und Möglichkeiten eines
Neuanfangs, wie sie heute nicht aktueller sein könnten. Marcel und Nora sind
ebenfalls fast 50 Jahre verheiratet als Nora tragisch verstirbt. Marcels
Tochter sorgt sich um ihren Vater und schenkt ihm eine Reise, auf der er
Marguerite kennen lernen wird.
Marguerite und Marcel sind zwei sehr unterschiedliche
Charaktere. Wären sie noch jung, würde wahrscheinlich auch der
Altersunterschied deutlich sichtbarer sein. Außerdem kommen sie aus
verschiedenen Gesellschaftsschichten. Marguerite wohnt im großzügigen
Einfamilienhaus, Marcel lebt in einer Wohnung im 2. Stock eines Mietshauses. Aber
sie haben auch eine große Gemeinsamkeit: Beide bringen Erfahrungen aus langen
Ehejahren mit. An schöne Dinge erinnern sie sich gerne und wünschen sich, diese
mit jemandem wieder erleben zu können. Andere Situationen möchten sie lieber
vergessen und nie mehr daran denken. Nach ihrer ersten Begegnung brauchen beide
eine gewisse Zeit um zu begreifen, welche Erfahrung sie da gerade gemacht
haben. Marguerite ist gemeinsame Lachen aufgefallen, dass sie befreiend fand und
Marcel war von ihrer Offenheit sehr angetan. Jeder verarbeitet das kurze
Aufeinandertreffen auf seine Art und Weise mit allem Für und Wider einer
weiteren Kontaktaufnahme. Doch eine Variable haben sie bei ihren weiteren
Aktivitäten nicht berücksichtigt und das ist ihr Nachwuchs. Vor allem der Sohn
von Marguerite, dem das Verhalten seines Vaters zu seiner Mutter ein Vorbild zu
sein scheint, ist gegen eine neue Beziehung seiner Mutter zu einem Mann.
Karine Lambert schreibt in einem leicht lesbaren,
einnehmenden, warmherzigen Schreibstil. Man kann gar nicht anders als die
beiden Protagonisten zu mögen. Marguerite und Marcel zeigten mir als Leser, dass
man auch mit fortgeschrittenem Alter noch viel Neues entdecken und erleben kann
und das diese Erfahrungen gemeinsam noch mehr Freude machen können. Die Autorin schneidet in ihrer Geschichte auch das Thema der körperlichen Anziehungskraft
zueinander an. Sie verschweigt nicht den Schmerz der Trauer um den Verlust des
geliebten Menschen, der niemals ganz vergehen wird. Gleichzeitig zeigt sie einen
Weg auf, damit umzugehen und auch die Trauer des neuen Partners zu respektieren,
sowie sich gegenseitig zu stützen. Auch das Problem, seine Liebe erneut zu verlieren, wird von
ihr thematisiert. In ihrer realistischen Darstellung der Beziehung gibt es nicht
nur Verständnis füreinander, sondern auch Auseinandersetzungen.
Das Buch ist eine Liebesgeschichte der ganz besonderen Art,
die zeigt, dass Liebe in jedem Alter möglich ist. Sie ist einfühlsam geschrieben und entbehrt nicht einer gewissen Heiterkeit, die mich immer wieder
zum Schmunzeln brachte, wenn Marguerite und Marcel ihre Wünsche wahr werden
ließen. Gerne empfehle ich diesen Roman weiter.