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Überall bist du
Überall bist du
Autorin: Gerhild Stoltenberg
Hardcover: 272 Seiten
Erschienen am 11. April 2017
Verlag: Atlantik
Inhalt
Martha hat einen Listen-Job, dem sie nicht sonderlich viel abgewinnen
kann. Ihr Lichtblick ist ihr Freund Tom, der auch privat alles in Listen
ordnet, um es im Griff zu haben. Als Martha einen neuen Job als Kindermädchen
für den fünfjährigen Oskar und seine beiden jüngeren Brüder annimmt, ist er
davon nicht sonderlich begeistert. Ebenso wenig will er Martha seinen Eltern
vorstellen oder ihre Freunde kennenlernen. Und dann ist er plötzlich ganz aus
ihrem Leben verschwunden. Alles erinnert Martha an ihn, ihr Liebeskummer
scheint endlos. Wie kann es nun weitergehen?
Meinung
Der Titel des Buches und die Regentropfen auf seinem Cover signalisieren
eine eh bedrückende Geschichte über die Liebe. Zu Beginn des Buches lernt man
Martha kennen, die sich gerade in Belgrad befindet, weil das ein Ort ist, wo
„er“ noch nicht gewesen ist. Danach erinnert sie sich zurück an die Zeit, in
der sie noch mit ihrem Freund zusammen war. Sie nennt ihn Tom, um nicht an
seinen richtigen Namen denken zu müssen.
Martha gibt selbst zu, dass ihr Listen-Job sie nicht sonderlich
begeistert, sie dort aber hängen geblieben ist, weil sie irgendwann vergessen
hat, neue Pläne zu schmieden. Auf mich wirkte sie wie ein Mensch, dem der
Antrieb und ein echtes Ziel fehlen. Zufällig erfährt sie von dem Job als
Kindermädchen und nimmt ihn spontan an. Ich war gespannt, ob dieser Job sie
verändern wird.
Was Martha an Tom so toll findet, konnte ich leider überhaupt nicht
nachvollziehen. Die Geschichten ihres Kennenlernens und eines gemeinsamen
Picknicks, das er genauestens geplant hat, klangen schön. Aber das war es dann
auch. Tom wirkte auf mich wie ein mürrischer Kontrollfreak, der kein Interesse
hat, Martha irgendwo hin zu begleiten oder sie irgendwo hin mitzunehmen.
Trotzdem ist sie am Boden zerstört, als er sie plötzlich verlässt, was für mich
nach den zuvor gelesenen Episoden aber nicht überraschend war. Leider konnte
ich mich deshalb auch nicht so recht in Martha und ihre emotionale Situation hineinversetzen.
Am Besten gefallen hat mir der fünfjährige, für sein Alter sehr weise
Oskar, auf den Martha aufpasst. Er hat interessante Ideen und Lebensweisheiten
parat. Außerdem versucht er auf rührende Weise, Marthas Liebeskummer zu
stillen, indem er zum Beispiel unbedingt ihre Wohnung sehen will und dann
heimlich Toms Fotos einsammelt. Inwiefern sein Verhalten authentisch für einen
fünfjährigen ist, sei mal dahingestellt. Im Gegensatz zu ihm bleiben die
anderen Charaktere eher blass, zum Beispiel Oskars Mutter, die sich um ihr
Neugeborenes kümmert oder Marthas Bekanntschaften auf dem Spielplatz, die alles
spitz kommentieren.
Die Sprache des Buches ist poetisch-melancholisch, konnte mich aber nicht
fesseln. Immer wieder erwischte ich mich dabei, ganze Absätze gelesen zu haben,
ohne mir viel davon behalten zu haben. Martha grübelt viel über alle möglichen
Alltagsdinge nach und erinnert sich an die Zeit mit Tom zurück. Das fand ich
leider nicht sonderlich interessant oder berührend. Ich hoffte die ganze Zeit,
dass endlich irgendetwas Martha aus ihrer Lethargie reißt. Die Reise nach
Belgrad, die im Prolog schon vorweggenommen wird, ist ein erster Schritt in
diese Richtung, die zum Ende hin noch mal ein bisschen Schwung in die
Geschichte brachte. Doch auch die Art und Weise, wie Martha dort ihren
Liebeskummer allmählich überwindet, konnte mich nicht überzeugen.
Fazit
„Überall bist du“ kann man flüssig und zügig lesen. Doch die
Antriebslosigkeit von Martha und ihre für mich nicht nachvollziehbaren Gefühle
für ihren wenig sympathischen und ohne Erklärung verschwundenen Ex-Freund
machten es zu keiner interessanten Lektüre für mich. Ich habe leider keinen
emotionalen Zugang zu ihr gefunden und das Buch hat bei mir keine Spuren
hinterlassen. Es ist keine schlechte Geschichte, doch sie wird mir vermutlich
nicht lang in Erinnerung bleiben.