Montag, 8. Mai 2017

[Rezension Ingrid] Unsere Seelen bei Nacht von Kent Haruf



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Titel: Unsere Seelen bei Nacht
Autor: Kent Haruf
Übersetzer: pociao
Erscheinungsdatum: 22.03.2017
Verlag: Diogenes Verlag
Erscheinungsdatum: 22.03.2017
rezensierte Buchausgabe: Leseexemplar

„Unsere Seelen bei Nacht“ ist der letzte Roman des verstorbenen US-Amerikaners Kent Haruf. Der Autor wurde nur 71 Jahre alt und auch die beiden Protagonisten seines Buchs sind etwa in diesem Alter. Die Geschichte spielt wie alle seine Romane in der von ihm erdichteten Kleinstadt Holt im US-Bundesstaat Colorado, in dem er als Kind gelebt hat.

Addie ist Witwe und lebt in ihrem Einfamilienhaus allein. Ihr Sohn lebt mit Frau und Kind in der Hauptstadt Denver. Vor allem nachts fühlt sie sich einsam. Nachdem sie lange über ihre Idee, der Einsamkeit zu entkommen, nachgedacht hat, klingelt sie bei ihrem ebenfalls verwitwetem Nachbarn Louis. Sie fragt ihn, ob er sich vorstellen kann, die Nächte neben ihr zu liegen. Auf rein platonischer Ebene möchte sie mit ihm zusammen sein. Nach einer kurzen Bedenkzeit ist Louis einverstanden und gemeinsam entdecken sie, wie schön es ist, Zeit miteinander zu verbringen und sich im Gespräch auszutauschen. Auch der längere Aufenthalt von Addies sechsjährigem Enkel ist nach ersten Befürchtungen kein Problem für die beiden. Von den Bewohnern der Kleinstadt wird ihre Beziehung misstrauisch beobachtet, doch das haben beide nicht anders erwartet. Eine größere Sorge sind ihre Kinder, vor allem Addies Sohn Gene stellt sich gegen die gemeinsamen Pläne von Addie und Louis.

Kent Haruf hat seine Erzählung in einen schlichten Rahmen gepackt. Die Zahl der handelnden Personen ist überschaubar. Die Dialoge werden indirekt geführt. Nach einigen Seiten hatte ich mich daran gewöhnt und konnte problemlos die jeweiligen Sätze der entsprechenden Person zuordnen ohne dass diese erwähnt wird. Gleich zu Beginn kommt der Autor zum Hauptthema des Romans, der Einsamkeit im Alter. Da er selbst beim Schreiben des Buchs bereits älter als 70 Jahre war, bringt er in seine Schilderungen sicher auch eigene Erfahrungen und solche aus seinem Freundschafts- und Bekanntenkreis ein. Das macht die Erzählung authentisch.

Addie und Laurence kennen sich bereits seit langen Jahren, hatten aber nur gelegentlichen kurzen Kontakt zueinander. Ich fand es eine mutige Art von Addie, sich mit ihrem Wunsch ohne Umschweife an Laurence zu wenden. All die folgenden gemeinsamen Stunden sind realistisch beschrieben und gut vorstellbar. Die beiden Protagonisten nähern sich vorsichtig einander an und gehen auch im weiteren Verlauf fürsorglich miteinander um. Das tut beim Lesen richtig gut.

Das Misstrauen der Kinder in Bezug auf das Verhältnis ihrer Eltern war von Beginn an vorhanden. Verständlich ist eine gewisse Sorge um das Wohl des Elternteils, aber letztlich versteckt sich bei Gene dahinter vor allem die Angst vor dem Verlust des Erbes. Das Ende der Geschichte hat für mich nicht zum Charakter der Addie gepasst, die sich einen eigenen Weg aus der Einsamkeit gesucht und gefunden hat. Von ihr hätte ich mehr Selbstbewusstsein gewünscht.

Das Buch lässt sich in wenigen Stunden lesen. Obwohl nichts Aufsehenerregendes geschieht, war es schön, diese besondere Geschichte über Zuneigung und Beisammensein im Alter zu lesen, wenn mir auch das Ende nicht so ganz gefallen hat. Dennoch empfehle ich den Roman an einfühlsame Leser gerne weiter.

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