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Titel: Hier stirbt keiner
Titel: Hier stirbt keiner
Autorin: Lola Renn
Altersempfehlung: ab 12 Jahren
Erscheinungsdatum: 22.06.2017
Verlag Fischer Kinder- und Jugendtaschenbuch (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Klappenbroschur
„Hier stirbt keiner“ von Lola Renn ist ein Buch für
Jugendliche ab 12 Jahren und es ist im Roman so, wie der Titel es bereits
verrät, denn es stirbt wirklich niemand. Aber stirbt man nicht ein wenig, wenn
man allein zurück gelassen wird? Die Protagonistin Annika hat schon mal das
Gefühl, dass sie das letzte Lebewesen auf der Welt ist und alle übrigen sind
bereits ausgestorben. Wenn sie sich in diesen Momenten wie das Mädchen auf dem
Cover auf den Boden legt, ändert sich natürlich ihr Blick auf ihr Umfeld. Ihre
Eindrücke sind dann sehr ungewöhnlich und sie unterstützen ihre Einsamkeit noch.
Aber darüber spricht sie mit keinem.
Annika ist 15 Jahre alt, hat einen älteren Bruder und eine
beste Freundin. Sie ist eine eher unauffällige Schülerin. Doch innerhalb kurzer
Zeit ändert sich ihr Leben drastisch, denn ihr Bruder Marek fliegt ohne festen
Pläne nach Nordamerika, sie streitet sich mit ihrer Freundin und zu Hause
herrscht Kleinkrieg zwischen ihren Eltern. Hat sie vorher noch mit Marek die
Sorgen um die Ehe ihrer Eltern teilen können, so beschränkt er jetzt den
Kontakt zu Annika auf wenige Sätze. Nur Chris, der beste Freund von Marek ist
ihr auch weiterhin ein guter Freund. Aber er plant ein Studium im fernen
München. Annika zaudert, tiefere Gefühle zuzulassen, um nicht noch einen
Weggang verschmerzen zu müssen.
Die Protagonistin hat nicht nur mit ihren sich verändernden
Gefühlen zurecht zu kommen und sich in diversen Gruppen Gleichaltrigen zu
behaupten, sondern ihr sicherer Ruhehafen zu Hause befindet sich ebenfalls im
Aufruhr. Ihre Eltern bringen nicht das nötige Verständnis für die Sorgen ihrer
Tochter auf, denn ihre eigenen massiven Probleme miteinander wollen auch gelöst
werden. In ihrem Alter hat Annika allerdings auch nicht das nötige Potential
die Situation danach einzuschätzen, dass nicht nur sie diejenige ist, die unter
der Reise ihres Bruders und dem Stress der Eltern leidet. In der Folge fühlt
sie sich unverstanden und zieht sich immer mehr zurück. Mit Chris und ihrem
Bruder hat sie schon viele unmögliche, aber auch wunderschöne Erlebnisse
gehabt. Zuerst mag sie gar nicht glauben, dass sie auch weiterhin für Chris
interessant ist. Erstaunt stellt sie fest, dass sie in ihm nahezu einen
Seelengefährten hat, denn auch er kennt psychisch schwierige Situationen.
Lola Renn erzählt ganz nah am Leben und gerade das macht den
Roman so nachvollziehbar. Ihre Charaktere haben Ecken und Kanten. Annika hilft
in vielen Situationen unaufgefordert in der Pension ihrer Mutter, was ich nicht
selbstverständlich fand. Ihr Verhalten zu Bezugspersonen war dagegen häufiger
unfreundlich. Die Autorin beschreibt in diesem Bereich aber beispielsweise nicht
nur den Streit zwischen Annika und ihrer Freundin, sondern sie bietet auch
einen möglichen Weg aus der Krise an. Chris wird zu Annikas Zuflucht, aber auch
ihrem wunden Punkt, der sehr schnell verletzt werden kann. Lola Renn erzählt
den Umgang von Annika mit ihren Eltern und Freunden ohne selbst zu werten. Annika
wird zunehmend deutlich, dass auch ihr eigenes Verhalten auf andere verletzend
wirkt.
Der Roman bietet ausreichend Gesprächsstoff über die Leere,
die sich durch den Weggang eines Geschwisters ergibt, Streit in einer langen
Freundschaft, Selbstmordgedanken, Einordnen von Gefühlen bei erwachender Liebe,
Kommunikationsprobleme mit Vater und Mutter sowie Trennung der Eltern. Ich
empfehle das Buch daher nicht nur Jugendlichen, sondern auch deren Eltern oder
das Lesen in einer Gruppe. Nicht für jedes Problem gibt es eine ideale Lösung,
im Buch werden aber einige Möglichkeiten angedeutet. Das Ende bietet Potential
für eine Fortsetzung.