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Das Leuchten am Rand der Welt
Das Leuchten am Rand der Welt
Autorin: Eowyn Ivey
Übersetzer: Claudia Arlinghaus und Martina Tichy
Hardcover: 560 Seiten
Erschienen am 18. August 2017
Verlag: Kindler
Inhalt
Im Jahr 1885 bricht Lieutenant Colonel Allen Forrester zu einer
abenteuerlichen Mission auf. Gemeinsam mit zwei weiteren Militärs und vor Ort
angeworbener Einheimischer soll er entlang des Wolverine Rivers ins
Landesinnere Alaskas vorstoßen, um es zu kartieren und eine Einschätzung zu den
einheimischen Völkern abzugeben. Auf der beschwerlichen Reise muss die
Expedition mit Hunger, Wetterumschwüngen und Zwischenfällen mythischer Art zurechtkommen.
Unterdessen wartet Allens Frau Sophie in der Garnison Vancoucer auf seine
Rückkehr. Sie ist schwanger und ihr wurde strikte Ruhe verordnet, sodass sie
ihn entgegen des ursprünglichen Plans nicht mal ein Stück begleiten darf. Eine
bittere Nachricht sorgt dafür, dass sie sich zurückzieht und ihre Begeisterung
für die Naturfotografie entdeckt.
Meinung
Nachdem mich vor inzwischen schon vier Jahren „Das Schneemädchen“
begeistern konnte, habe ich mich sehr über die Nachricht gefreut, dass die
Autorin ein zweites Buch geschrieben hat, das den Leser mit in ein historisches
Alaska nimmt. Das Buch beginnt mit einem Brief, der Josh, einen Museumskurator
in Alpine, Alaska erreicht. In diesem erklärt Walter Forrester, dass er ihm die
Aufzeichnungen seines Vorfahren Allen rund um dessen Alaska-Expedition und auch
die von dessen Frau überlässt in der Hoffnung, er könne dafür Verwendung
finden. Gemeinsam mit Josh taucht man in die historischen Dokumente ein, die
einen sogleich in die Vergangenheit und Kälte schicken.
Der größte Teil des Buches ist in Tagebuchform verfasst. Abwechselnd
erfährt man, wie es Allen in Alaska und Sophie in Vancouver ergeht. Die
Einträge umfassen mal nur wenige Sätze, mal einige Seiten, und nur wenige Tage
werden ausgelassen. Die Beschreibung der Erlebnisse in der Retrospektive wird
damit auf das Wichtigste beschränkt, womit die monatelange Expeditionsreise
einen für ein Buch überschaubaren Rahmen erhält.
Allen hat vor seiner Aufgabe einen gesunden Respekt und ist
gleichzeitig ambitioniert, die Expedition erfolgreich abzuschließen. Dem zu
erkundenden Gebiet eilen grausame Geschichten von im Schlaf von Einheimischen
ermordeten Russen voraus. Wie gefährlich sind die Indianer wirklich? Das Wetter
und ein Mangel an Nahrung zehren an den Kräften der Gruppe. Neugierig, wie gut
Allen vorankommen wird, las ich mich durch seine Einträge. Auch wenn zu jedem
Tag nur kurz etwas erzählt wird, erhält man einen guten Einblick, wie er und
seine Begleiter sich fühlen. Meist ist nicht vorhersehbar, was der nächste Tag
bringen wird, sodass im einen Moment Hoffnung und im anderen wieder
Verzweiflung überwiegen können.
Interessant fand ich die mythischen Erlebnisse, die Allen auf seiner
Reise macht. Zum einen trifft er immer wieder auf einen alten Indianer. Dieser
kann scheinbar mühelos große Distanzen überwinden und ist ihnen mal gewogen
ist, mal sorgt er für Rückschläge. Auch den Einheimischen ist dieses Wesen
bekannt, warum es so handelt vermag niemand zu sagen. Zum anderen hört und
sieht Allen Wunderliches: Eine Geliebte, die Nebel bringt, ein Baum der einen
Säugling gebärt… sind das Wahnvorstellungen ausgelöst durch Hunger und
Erschöpfung oder ist die Magie des Landes am Werk?
Auf seiner Reise muss Allen nicht kämpfen. Wer blutige Action a la „The
Revenant“ erwartet ist bei diesem Buch falsch. Stattdessen lernt er die raue Natur kennen, macht interessante
Begegnungen und findet schöne Augenblicke, wo man sie wenigsten erwartet.
Einige andere Dokumente, zum Beispiel Zeitungsartikel, Briefe und poetische
Textschnipsel eines Begleiters ergänzen den gewonnenen Eindruck. Sophies Tagebucheinträge
zeugen hingegen von der Qual des Wartens auf Allens Heimkehr. Ihre Sicht war
mir teils etwas zu langatmig, es ereignet sich nicht allzu viel. Doch als sie
sich mit wachsender Begeisterung der Fotografie zuwendet fand ich ihre Einträge
zunehmend besser. Bis zum Schluss bildet die Korrespondenz zwischen Josh und
Walt in der Gegenwart einen gelungenen Rahmen für die eigene Reflektion des
Gelesenen.
Fazit
„Das Leuchten am Rand der Welt“ erzählt mit atmosphärischer Dichte von
einer Expedition in bislang unerforschtes Territorium in Alaska. Während Allen
eine Reise voller Entbehrungen und Rückschlägen, aber auch hoffnungsvollen
Momenten erlebt, wartet seine Frau Sophie auf seine Rückkehr und entdeckt in
dieser Zeit die Fotografie für sich. Wer Abenteuer mag und dabei auf Kämpfe
verzichten kann, dem kann ich dieses Buch klar empfehlen!