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Titel: Als die Omma den Huren noch Taubensuppe kochte
Titel: Als die Omma den Huren noch Taubensuppe kochte
Autorin: Anna Basener
Erscheinungsdatum: 16.03.2017
Verlag: Eichborn (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Klappbroschur
Den Titel des Debütromans von Anna Basener „Als die Omma den
Huren noch Taubensuppe kochte“ kann man sinnvoll entsprechend des
Lebensabschnitts der Protagonistin Änne ergänzen mit „… da war sie
Wirtschafterin im Bordell“. Später hat sie sich dann mit einer ihrer besten Freundinnen
zusammengetan und eine Frühstückspension in Essen-Rellinghausen eröffnet. Eine
der Leidenschaften von Omma Änne sind Zigaretten im eleganten Langformat, daher
ist das Cover ähnlich einer entsprechenden Marke gestaltet mit Blumenborte am
linken Rand. Der Titel ist, wie ein Warnhinweis, im unteren Drittel zu lesen.
Fünf Söhne von drei Vätern hat Omma zur Welt gebracht und
Bianca, 26 Jahre alt, ist ihre Enkelin. Zum Studium wollte sie raus aus dem
familiären Umkreis im Ruhrgebiet, darum ist sie nach Berlin gezogen und hat
hier eine kleine Wohnung, die sie sich mit einer anderen Studentin teilt. Doch
dann stirbt Mitzi, die Vertraute und Freundin von Omma, so dass diese jetzt
ganz allein in ihrer Pension in Essen ist. Kurzentschlossen nimmt sie die
Einladung ihrer Enkelin nach Berlin an. Wegen eines Streits wird idealerweise
das Zimmer der Mitbewohnerin frei. Darum bleibt Omma Änne bei Bianca, ihre
Möbel hat sie auch im Gepäck. Mancher Freund aus Essen kommt in der Folgezeit
gerne zu Besuch. Und währenddessen brennt Bianca die Frage unter den Nägeln,
woran die Mitzi denn eigentlich gestorben ist. In ihr keimt der Verdacht, dass
sie das nicht erfahren soll und gerade darum will sie es auf jeden Fall wissen!
Die Antwort lässt nicht nur Bianca staunen.
Anna Basener erzählt in ihrem Debütroman eine überaus
turbulente Handlung zwischen Essener Kohlenpott und Berliner Multikulti. Die
Handlung in der Gegenwart wird aus Sicht von Bianca erzählt. Sie ist eine
knallharte Beobachterin, die die Dinge gerne hinterfragt, was von ihrer Omma
manchmal bedauert wird, weil sie sehr hartnäckig sein kann. Als Leser konnte
ich an ihren Gedankengängen teilhaben, das brachte mir mehr Nähe zu den
Situationen und den einzelnen Personen. Auch beim Denken kann Bianca sich ihrer
Essener Herkunft nicht ganz entledigen. Kurze Sätze, kein Blatt vorm Mund, aber
immer ehrlich, auch wenn man die Ehrlichkeit manchmal zurechtbiegen muss. Die
Dialoge mit Omma Änne sind im Pütt-Platt gehalten mit ganz viel typischem
Akkusativ und „watt“ und „datt“. Dadurch kam das Flair des Ruhrgebiets mit nach
Berlin.
Anna Basener bedient manches Klischee. Der Roman erzählt
nicht nur das Leben von Biancas Großmutter, sondern auch von ihren Freundinnen,
den beiden Prostituierten Mitzi und Ulla. Die Autorin schildert die Geschichten
mit einem Augenzwinkern, aber durchaus realistisch denkbar. Sie befasst sich
mit der Frage, was Frauen dazu veranlasst, sich für Sex bezahlen zu lassen,
verschweigt aber auch mögliche
Konsequenzen nicht, vor allem die Abhängigkeit von einem Zuhälter und
gewaltsame Übergriffe.
Omma Änne und Bianca sind Personen, die man lieb gewinnt und
denen man gerne auch ungesetzliches Verhalten verzeihen möchte. Die Handlung
bleibt in ständiger Bewegung. Die große Frage, woran Mitzi gestorben ist, bringt
Spannung ins Geschehen. Daneben bahnt sich auch eine Liebesgeschichte an,
natürlich eher kompliziert. Anna Basener versteht es, neben Hass, Neid, Liebe
und Verachtung ihrer Charaktere mit ihrem lockeren, leichten Schriftstil Witz
in den Roman zu bringen. Mir hat das sehr gut gefallen. Das Buch wird verfilmt,
darauf bin ich schon sehr gespannt.