*Werbung*
Titel: Halali
Titel: Halali
Autorin: Ingrid Noll
Erscheinungsdatum: 27.07.2017
Verlag: Diogenes (Link zur Webseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Leineneinband mit Schutzumschlag
„Halali“ ist ein
Jägergruß mit dem in der allgemeinen Bedeutung die Jagd beendet wird. Im Kriminalroman
mit gleichlautendem Titel von Ingrid Noll begleitet der Gruß ein Verbrechen und
eröffnet damit erst eine Reihe von weiteren Gesetzesübertretungen. Die
Erzählung nimmt den Leser mit zu Ereignissen, die die Protagonistin Holda Mitte
der 1950er Jahre in der Nähe der damaligen Bundeshauptstadt erlebt hat. Das
Cover des Buchs ziert ein Ausschnitt aus dem Gemälde von Caravaggio mit dem
Titel „Judith enthauptet Holofernes“. Die Frage, ob das Bild einen Bezug zur
Erzählung hat, kann ich bejahen, auch wenn hier niemand geköpft wird.
Holda ist 82 Jahre und Witwe. Ihre Enkelin Laura wohnt im
gleichen Hochhaus und kommt oft zu Besuch. Dabei erzählt Holda gerne aus ihrer
Jugendzeit und zieht Vergleiche zu früher. Dabei stellt sie technische
Errungenschaften von damals und heute gegenüber, Jugendsprache,
Berufsbezeichnungen und Benimmregeln. Mit 20 Jahren, also sie noch nicht
volljährig war, zog sie aus einem Eifeldorf nach Bad Godesberg und arbeitete
als Sekretärin im Innenministerium in Bonn. Mit ihrer gleichaltrigen Kollegin
Karin verbrachte sie ihre Freizeit in der sie auch darüber reden, wie man einen
passenden Ehemann findet. Bei einem Spaziergang finden sie in einem
Starenkasten ein Briefkuvert mit geheimnisvollem Inhalt. Diese Begebenheit ist
der Beginn einer Reihe von ungewöhnlichen Verkettungen. Holda und ihre Freundin
verstricken sich eher versehentlich in unangenehme Situationen mit kriminellen
Folgen.
Ingrid Noll weiß, wovon sie in diesem Roman schreibt. Einige
Male habe ich mich gefragt, wie viel Ingrid in Holda steckt, denn nicht nur das
Alter ist identisch. Die Autorin lebte in den 1950ern ebenfalls in Bad
Godesberg. Ihre Erfahrungen aus dieser Zeit sind sicher in die Schilderungen
eingeflossen. Als Rheinländerin war es mir ein ganz besonderer Genuss immer
wieder Sätze in Mundart zu lesen, denn auch ich bin mit diesem Slang
aufgewachsen. Überhaupt verhielten sich viele Personen so, wie ich es aus
meiner Kindheit in den 1960er her kenne und so kann ich sagen, dass ich mich
rundum wohl im Umfeld der Geschichte gefühlt habe.
Holda ist ein eine junge Frau, die aus ihrem Leben mehr
machen möchte, als in der heimischen Bäckerei zu verkaufen. Sie ist strebsam
und fleißig und hält sich im Allgemeinen an Regeln und Vereinbarungen. In dem
für sie typischen sarkastisch lakonischen Erzählstil lässt die Autorin ihre
Protagonistin das Geschehen in der Ich-Form schildern. Es brachte mich zum
Schmunzeln, wie Holda ihre Contenance verteidigte. Wieder einmal gelingt es
Ingrid Noll einige schrullige Charaktere zu schaffen, wie die lebenslustige
Karin, die standesbewusste Gräfin oder den disziplinierten Regierungsrat.
Bereits auf den ersten Seiten vertraut Holda dem Leser an,
dass sie den Pfad der Tugend in ihren jungen Jahren auch mal verlassen hat. Ab
diesem Zeitpunkt wartete ich gespannt darauf, worin ihre kriminelle Aktivität
denn bestehen würde. Auch diesmal schafft es die Autorin mit einem
Augenzwinkern mir zu vermitteln, dass so ein Gesetzesübertritt ungewollt, aber
kaum ungewöhnlich ist. Der Vergleich zwischen dem Heute und Gestern erdet den
Roman in der Realität. Die Intrigen sind zwar bitterböse, reihen sich aber in
den damaligen Alltag ein.
Wer die Romane von Ingrid Noll mag, der wird auch mit
„Halali“ bestens unterhalten werden wie ich. Mir hat vor allem gefallen, dass
die Autorin diesmal mit dem zeitlichen Vergleich mal einen ganz anderen Handlungsrahmen
für ihre Erzählung geschaffen hat. Sehr gerne gebe ich für dieses Buch eine
Leseempfehlung.