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Das Glück des Zauberers
Das Glück des Zauberers
Autor: Sten Nadolny
Hardcover: 320 Seiten
Erschienen am 1. September 2017
Verlag: Piper
Inhalt
Pahroc hat die 100 Jahre bereits überschritten, als für ihn ein großer
Wunsch in Erfüllung geht: Seine vier Monate alte Enkelin Mathilda zeigt als
erste seiner Nachkommen die Begabung fürs Zaubern, indem sie ihm mit der
„langen Hand“ die Brille von der Nase fegt. Er beginnt, Briefe an sie zu
schreiben, die ihr als Packen übergeben werden sollen, wenn sie erwachsen ist.
Darin erteilt er ihr Ratschläge rund ums Zaubern und erzählt dabei seine eigene
Lebensgeschichte. In zwölf Briefen blickt der Leser durch Pahrocs Augen auf das
20. Jahrhundert zurück, in welchem ihm die Zauberei in so mancher verzwickter
Lage half und ihn heimlich Großes hat tun lassen.
Meinung
Das Buch beginnt mit einem Begleitbrief von Rejlander, die sich als
Pahrocs Nachlassverwalterin vorstellt und an zwei Freunde schreibt, denen sie
das Zustandekommen seiner Briefsammlung und seine Pläne für die Übergabe an
Mathilda irgendwann nach ihrem achtzehnten Geburtstag erklärt. Nach dieser
Einstimmung war ich neugierig, selbst einen Blick auf die Briefe werfen zu
dürfen und tauchte ein in die Aufzeichnungen des Zauberers.
Mir hat die Idee, dass ein Großvater Briefe mit Ratschlägen an seine
Enkelin schreibt, sehr gefallen. Besonders interessant wird es durch den Aspekt
des Zauberns. Erst mit fortschreitendem Alter kann man bestimmte Zauber
überhaupt erlernen, weshalb Pahroc diese nach der Erlernbarkeit ordnet und
erzählt, welche Erfahrungen er selbst damit gemacht hat. Pahroc blickt auf
diverse Ereignisse des 20. Jahrhunderts zurück, sowohl solche, welche die ganze
Bevölkerung miterlebt hat als auch einzelne Sternstunden, bei denen er als
Zauberer ganz nah dran war und sie sogar manchmal entscheidend beeinflusst hat.
Mit Pahroc hat er einen klugen Erzähler geschaffen, der oft mit einem
zwinkernden Auge von seinen Erlebnissen berichtet, aber auch ernste Töne
anschlägt und Warnungen ausspricht. Der historische Rückblick wird durch den
Aspekt des Zauberns bereichert, denn dieser schafft zum einen durch Zauber wie
das Fliegen und Geld zaubern große Freiheiten im Hinblick auf den Verlauf der
Geschichte und sorgt zum anderen durch die fantastisch-fabulierende Perspektive
für Unterhaltung. Da erteilt Pahroc zum Beispiel Ratschläge zum richtigen
Umgang mit Krokodilen, denn er verwandelt sich ja selbst gern in eins. Oft
schwingen in seinen Berichten aber auch eine Gesellschaftskritik sowie
philosophische Gedanken mit, die ins Nachdenken bringen.
In seinen Briefen schildert Pahroc mehr oder weniger chronologisch sein
Leben, mal greift er auch vor oder blickt noch einmal zurück auf ein bislang ausgelassenes
Erlebnis. Auch das aktuelle Tagesgeschehen von 2012 bis Mai 2017 wird
aufgegriffen, denn in diesem Zeitraum hat er die Briefe verfasst. Durch den plaudernden
Tonfall lässt sich das Buch zügig lesen. Immer wieder stellte ich mir vor, wie
es wohl für Mathilda sein wird, diese Briefe in der Hand zu halten. Diese Frage
wird im Buch nicht explizit beantwortet, was ich gut fand, denn so blieb offen,
ob ihre Gefühle und Gedanken die gleichen waren wie meine. Was dem Leser jedoch
nicht vorgehalten wird, ist, was in der Zukunft passiert, nachdem Mathilda die
Briefe gelesen hat. Hier halt das Nachwort einen gelungenen Kniff bereit, der
mich überraschen konnte und einen nachdenklich-hoffnungsvollen Abschluss
bildet.
Fazit
In „Das Glück des Zauberers“ erzählt der Zauberer Pahroc mittels
Briefen der erwachsenen Version seiner aktuell vier Monate alten Enkelin seine
Lebensgeschichte und gibt Ratschläge zum Zaubern. Dieser Rückblick auf das 20.
Jahrhundert, bei welchem der Schwerpunkt auf den 1920er bis 1950er Jahren liegt,
wurde durch den Aspekt des Zauberns absolut bereichert. Das Buch ist eine
Mischung aus Historik, Fabulierkunst, Humor, Gesellschaftskritik und Philosophie,
die mir sehr gut gefallen hat. Solltet ihr eine Gelegenheit erhalten, wie ich einen
Blick auf Pahrocs Briefe an Mathilda zu werfen, dann ergreift sie unbedingt!