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Die Gleichung des Lebens
Autor: Norman Ohler
Hardcover: 416 Seiten
Erschienen am 7. September 2017
Verlag: Kiepenheuer & Witsch
Inhalt
Im Jahr 1747 erhält das Mathematikgenie Leonard Euler von König Friedrich
dem Zweiten einen ungewöhnlichen Auftrag. Friedrich will das Oderbruch, ein
Sumpfgebiet östlich von Berlin, trockenlegen, um dort Flüchtlinge anzusiedeln
und Kartoffeln anbauen zu lassen. Euler soll Realisierbarkeit, Dauer und Kosten
berechnen – aber nicht in der Akademie, sondern vor Ort. Die Dimension der
Aufgabe lasse sich dort erst richtig begreifen. So recht überzeugt ist Euler
nicht, doch auf Befehl des Königs macht er sich auf den Weg. Die Arbeiten am
neuen Kanal sind schon in vollem Gange und werden vom mysteriösen Tod des
leitenden Ingenieurs überschattet. Ob Euler dieses Rätsel nicht lösen könne…?
Gleichzeitig betrachten die Bewohner des Gebietes, die von der Fischerei leben,
die Entwicklungen mit Sorge. Werden sie die Pläne unterstützen oder Widerstand
leisten?
Meinung
Das ganz in grün gehaltene Cover des Buches zeigt die Sumpflandschaft
des Oderbruchs und gibt einen Vorgeschmack auf den Schauplatz der Geschichte.
Gleich zu Beginn wird ein Toter gefunden: Der Aufseher des Fischmarkts von
Wrietzen findet den französischen Ingenieur für den neues Kanal tot im Wasser
treibend. Als Todesursache wird ein Stich ins Herz festgestellt mit einer
Waffe, wie sie nur die beiden Einflussreichsten Familien der Brücher besitzen.
Beide weisen von sich, etwas mit der Sache zu tun zu haben. Doch die Zukunft
des Bruchs führt bei ihnen trotzdem zu hitzigen Diskussionen.
Nach einem ersten Einblick, was im Bruch vor sich geht, springt die
Geschichte nach Berlin und man trifft auf den Mathematiker Leonard Euler. Er
lebt für die Wissenschaft und hat es bislang aus seiner Sicht erfolgreich
vermieden, nach Sanssouci zu reisen. Doch nun muss er seine Forschung für einen
Tag pausieren und dem Ruf des Königs folgen. Euler machte für mich den Eindruck
eines leicht chaotischen Genies. Er geht an Neues kritisch heran und wird davon
angetrieben, Dinge herausfinden zu wollen. Wenn die Sprache auf den König kommt
ist er etwas mürrisch, doch im Grunde genommen ist er aufrichtig und
wissensdurstig, weshalb ich ihn mochte.
König Friedrich lernt man bei Eulers Besuch als Visionär kennen. Er hat
große Pläne und will, dass sie realisiert werden. Aufgeben ist für ihn keine
Option. In seinem Plan rund um die Trockenlegung des Oderbruchs, die Ansiedlung
von Flüchtlingen und der Nutzung des Bodens für den Anbau der frisch aus
Amerika importierten Kartoffel ist Euler ein wichtiges Rad im Getriebe, weshalb
er zur Recherche vor Ort ausgesandt wird.
Bald trifft auch Euler im Oderbruch ein und beginnt, sich umzuschauen.
Gleichzeitig versucht er, unauffällig mehr über den Tod des Ingenieurs in
Erfahrung zu bringen. Dem Autor ist es insbesondere bei allen Szenen im
Oderbruch außerordentlich gut gelungen, die Atmosphäre einzufangen. Die schwüle
Luft, das Surren der Mücken, das Schmatzen der Kutschenräder auf dem nassen
Boden… die Szenerie wurde vor meinem inneren Auge lebendig. Ebenso wurden die
Vor- und Nachteile der Trockenlegung gut dargestellt: Der Aufwand der Arbeiten
am Kanal, die Verunsicherung der Fischer und die Hoffnung der neuen Siedler.
Als Leser erhält man einen umfassenden Eindruck der Situation. Die
Handlung hätte aber noch straffer und schwungvoller erzählt sein dürfen. Viele
einzelne Szenen lassen ein umfassendes Gesamtbild entstehen, doch die
Ermittlungen zum Mordfall, der meine Neugier gleich zu Beginn weckte, geraten
immer wieder in den Hintergrund und auch die Brücher brauchen lange, bis sie
eine Entscheidung treffen und nach ihr handeln. Zum Ende hin erlebte ich
schließlich einige Überraschungen und es wurde richtig spannend – ein
gelungener Abschluss der Geschichte.
Fazit
In „Die Gleichung des Lebens“ wird Leonard Euler vom König ins
Oderbruch geschickt, um Berechnungen anzustellen. Bald ermittelt er darüber
hinaus in einem Mordfall und setzt sich mit dem Für und Wider einer
Trockenlegung auseinander. Die Handlung hätte noch straffer sein können,
während mir die Charaktere und die Darstellung der verzwickten Situation sehr
gut gefallen haben. Eine atmosphärisch dicht erzählte Geschichte, die das
Oderbruch vor meinem inneren Auge lebendig werden ließ. Historisch
interessierten Lesern kann ich das Buch klar empfehlen!