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Blaupause
Blaupause
Autorin: Theresia Enzensberger
Hardcover: 256 Seiten
Erschienen am 12. Juli 2017
Verlag: Hanser
Inhalt
Weimar im Jahr 1921: Luise Schilling ist die Tochter einer
großbürgerlichen Familie aus Berlin, die es sich in den Kopf gesetzt hat,
Architektin zu werden. Mit Mühe hat sie ihre Eltern überzeugt, sie am Bauhaus
studieren zu lassen. Dort muss sie feststellen, dass ihre Ambitionen von
einigen Männern belächelt werden. Um dem geheimnisvollen Jakob näher zu kommen,
in den sie sich verliebt hat, schließt sie sich der Gruppe rund um den
einflussreichen Johannes Itten an, die Anhänger des Mazdaznan, einer religiösen
Lehre, sind. Wie wird sich Luise am Bauhaus schlagen?
Meinung
Ich war vor einiger Zeit in Weimar und habe mich dort mit dem Bauhaus
auseinandergesetzt. Deshalb war meine Neugier schnell geweckt, als ich las,
dass dieses Buch den Leser mit in die 1920er Jahre nach Weimar nimmt und an der
Seite einer Studentin das Bauhaus erkunden lässt. Das Cover zeigt ein
nachkoloriertes Bauhaus-Foto, auf dem die Studenten unbeschwert in die Kamera
schauen. So muss sich auch die fiktive Protagonistin Luise gefühlt haben, als
sie endlich ihrer traditionell denkenden Familie entkommen ist und in Weimar
den Vorkurs beginnt.
Luise hat das Ziel, Architektin zu werden, doch bald lenken andere
Dinge sie von ihren Bemühungen ab. Als sie sich verliebt, schließt sie sich den
berüchtigten „Kuttenträgern“ rund um Johannes Itten an. Dieser hat zwar keine
allzu hohe Meinung von ihren Fähigkeiten und auf die Rituale rund um das
praktizierte Mazdaznan hat sie wenig Lust, doch so kann sie Jakob nahe sein.
Letzterer zeigt Interesse, lässt sie jedoch zappeln.
Luise wirkte auf mich oft wie eine Mitläuferin, die in ihrem Wunsch,
dazuzugehören, beinahe sich selbst verleugnet. Doch im entscheidenden Moment
findet sie dann doch wieder zu sich selbst zurück. Sie rebelliert nie
energisch, sondern sucht sich still ihren Weg, zum Beispiel indem sie in einer
Werkstatt arbeitet, für die sie nicht vorgesehen ist, die Pläne ihres Bruders
für sie kommentarlos ignoriert und mit dem Direktor Walter Gropius über ihre
Ideen spricht. Doch nicht alles führt zum Erfolg, ihre Entscheidungen ziehen
auch Entbehrungen und Enttäuschungen nach sich.
Während der Zeit in Weimar, in Dessau und auch bei Ausflügen nach
Berlin erlebt man als Leser die verschiedensten Facetten der Weimarer Republik.
Luise begegnet überzeugten Kommunisten, einem Studenten aus Palästina,
Sympathisanten des nationalistischen Gedankenguts und gänzlich Unpolitischen
und erlebt eine Welt zwischen Großbürgertum und Armut, Emanzipation und
Diskriminierung, Tradition und Aufbruch, Fleiß und Exzess.
Der Autorin vermittelte mir ein umfassendes Bild der politischen und
gesellschaftlichen Entwicklungen. Ich hatte aber teils den Eindruck, dass sie
den Anspruch verfolgt, auf den 250 Seiten alles möglichst vollumfänglich
darzustellen. Ich hätte mir stattdessen noch mehr Einblicke ins Bauhaus wie
ausführlichere Begegnungen mit historischen Persönlichkeiten wie Klee oder
Kandinsky gewünscht. Mit dem titelgebenden Abschluss von Luises Bauhaus-Zeit
konnte die Autorin mich auf den letzten Seiten überraschen. Anhand einiger
Dokumente erfährt man schließlich in aller Kürze, wie es Luise in den
Jahrzehnten danach ergangen ist.
Fazit
In „Blaupause“ erlebt der Leser an der Seite der fiktiven Luise die
Bauhaus-Zeit in Weimar und Dessau. Sie trifft auf so manche historische Persönlichkeit
und ihr Wunsch nach Zugehörigkeit und Unterhaltung ist oft größer als ihr Wille
zum Erfolg in einer Umgebung, die so manche Vorurteile gegen Frauen hat. Man
erfährt viel über die politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen. Ich
hätte mir aber noch tiefere Einblicke in das Arbeiten am Bauhaus gewünscht. Das
Buch bietet eine interessante Perspektive auf die Zeit der Weimarer Republik,
für die ich sehr gute vier Sterne vergebe.