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Mittwoch, 1. November 2017

[Rezension Ingrid] Ich treffe dich zwischen den Zeilen von Stephanie Butland


Im Roman „Ich treffe dich zwischen den Zeilen“ von Stephanie Butland kommen sich die Protagonistin Loveday und der Illusionist Nathan durch ihre Vorträge beim Poetry-Slamen näher. Den Ausdruck ihrer Gefühle, den sie nur in dieser Form der Lyrik finden, lässt den jeweils anderen tiefer in ihre Seele blicken und bringt Verletzungen aus der Vergangenheit ans Tageslicht. Die Ausdrucksform gibt ihnen aber auch die Möglichkeit das auszusprechen, was sie sich im Alltagsleben nicht zu sagen trauen. Nicht nur auf dem Cover fliegen die Blätter eines Buchs wie fliegende Gedanken, sondern auch auf den Kapitelanfängen.

Loveday ist Mitte zwanzig und arbeitet seit zehn Jahren im Antiquariat Brodie in York/England, zunächst als Aushilfe, später als Vollzeitkraft. Eines Tages findet sie auf ihrem Weg zur Arbeit ein gebrauchtes Buch. In der Buchhandlung meldet sich auf ihren Aushang hin Nathan, der das Buch verloren hat. Er ist Leiter eines regelmäßig stattfindenden Poetry-Slams und lädt Loveday dazu ein. Obwohl sie zunächst ablehnt, gibt sie ihrer Neugierde schließlich nach, denn im Stillen hat auch sie bereits einige Gedichte geschrieben. Gemeinsam mit Loveday‘s Chef Archie gelingt es Nathan den Schutzschild, den sie um sich errichtet hat, einzureißen. 

Als Leser merkte ich von Beginn an, dass Loveday eine zu tiefst verletzte Persönlichkeit ist und es dazu ein erklärendes Ereignis aus ihrer Kindheit geben muss. Sie liebt ihre Arbeit, lebt aber zurückgezogen und vertieft sich in die Geschichten der Bücher, die sie liest. Äußerlich fällt sie durch ihr Nasenpiercing und ihre Schrifttatoos auf.

Die Geschichte wird auf drei Zeitebenen von Loveday selbst erzählt. Neben der Gegenwart gibt es Abschnitte, die im Jahr 1999 spielen und mit „Krimi“ überschrieben sind. Dadurch lässt sich leicht ahnen, dass das hier zu Beginn geschilderte Familienleben von Loveday und ihren Eltern unsanft gestört werden wird. Weitere Teile des Buchs spielen in einer Vergangenheit, die erst drei Jahre zurück liegt. Darin schildert die Protagonistin ihre gescheiterte erste Liebesbeziehung. Loveday zeigt also nicht nur aufgrund der Erlebnisse in ihrer Kindheit ein abwehrendes Verhalten, sondern ebenfalls aufgrund des Ausgangs ihrer ersten Schritte in Richtung feste Beziehung. Sie hat ein tiefes Misstrauen zu ihrer Umwelt entwickelt.

Mit und mit erfuhr ich als Leser, wodurch ihr Verhalten erklärt werden kann. Stephanie Butland entwirft eine sehr berührende Erzählung, die aufzeigt, dass seelische Leiden in früher Kindheit nicht nur durch Fürsorge geheilt werden können. Loveday ist aufgrund fehlender anderer Gelegenheiten sehr mit sich selbst beschäftigt. Obwohl sie sich vieler ihrer Fehler bewusst ist, gelingt es ihr nicht, über ihren Schatten zu springen. Die Protagonistin ist aufgrund ihres argwöhnischen Verhaltens nicht unbedingt liebenswert, doch die Figuren des kauzigen, warmherzigen Antiquitätenhändlers Archie und der dandyhafte, selbstbewusste Nathan, gleichen das aus. Das uneingeschränkte Schuldeingeständnis der Mutter hat mich überrascht und hat sicher das Leben ihrer Tochter nachhaltig beeinflusst.

„Ich treffe dich zwischen den Zeilen“ ist ein einfühlsam geschriebener Roman, der die Kraft der Worte wiederspiegelt. Besonders hat es mich gefreut, dass die Autorin, die selbst an Poetry-Slams teilnimmt, einige Texte in ihren Roman einbindet. Gerne empfehle ich das Buch weiter.



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Titel: Ich treffe dich zwischen den Zeilen
Autorin: Stephanie Butland
Übersetzerin: Maria Hochsieder
Erscheinungsdatum: 02.10.2017
Verlag: Knaur (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Taschenbuch mit Klappen (Rezensionsexemplar)