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Bittersüße wie Pecannüsse
Autorin: Kathy Hepinstall
Übersetzerin: Gertrud Wittich
Paperback: 320 Seiten
Erschienen am 17. November 2017
Verlag: Rowohlt Polaris
Inhalt
Willow ist das Nesthäkchen der Familie. Ihre Mutter Polly war schon
achtundfünfzig Jahre alt und ihr Vater seit acht Monaten tot, als sie zur Welt
kam. Weil Polly so viel älter ist als die Mütter von Willows Freundinnen,
überdies raucht wie ein Schlot und zu viele Margaritas trinkt lebt Willow in
ständiger Angst, dass ihre Mutter sterben könnte. Davon will Polly nichts
hören. Sie ist vollauf beschäftigt mit der Pflege ihres Gartens, wobei sie in
Südstaaten-Manier mit Platzpatronen und Elektroschocker Eichhörnchen vertreibt
und mit ihren Zaun-Nachbarn ständig im Clinch liegt. Warum sie in ihrer Jugend
aus Louisiana geflohen ist verrät sie nicht. Als Willow Hinweise auf eine alte
Liebe findet ist sie entschlossen, mehr über die Vergangenheit ihrer Mutter
herauszufinden.
Meinung
Das Buchcover ziert ein Pecannuss-Baum, wie er in Pollys Garten steht.
Ich war gespannt auf die bittersüße Geschichte, die mir der Titel versprach.
Gleich zu Beginn erklärt Willow, warum die Angst um ihre Mutter bei ihr stets
präsent ist – Polly ist so viel älter als die anderen Mütter, dass sie in der
Schule sogar behauptet, sie wäre die älteste Mutter auf der Welt. Es könnte zum
Beispiel der Bär – in der Familie wird das Wort Krebs nicht in den Mund
genommen – kommen und sie erwischen. Ihr Vater ist kurz nach ihrer Zeugung
gestorben und ihre beiden Geschwister sind längst erwachsen und ausgezogen,
sodass sie das Gefühl hat, die Geschichte ihrer Familie verpasst zu haben. Willow
denkt sich gern Geschichten aus und neigt zu Übertreibungen, was sie in so
manche verzwickte Situation bringt.
Die rund 300 Seiten decken einen Zeitraum von mehreren Jahren ab.
Willow ist elf Jahre alt, als sie von ihrem Bruder den Tipp erhält, nach alten
Briefen zu suchen, die Hinweise auf die Vorfälle in Pollys Jugend geben.
Gemeinsam mit ihrem besten Freund Dalton macht sie sich auf die Suche und wird
prompt erwischt – alles, was ihr bleibt, ist ein Vorname und eine
Absendeadresse in Louisiana. Ich hatte erwartet, dass Willow hier intensiver
nachforscht, doch die Suche nach Antworten kommt nur schleppend voran und gerät
immer wieder in den Hintergrund.
Stattdessen lernt man insbesondere Polly besser kennen. Sie ist ein
echter Südstaaten-Charakter und stolz darauf. Es gibt viele amüsante Szenen, in
denen sie zum Beispiel mit Willow über den Elektroschocker gegen Eichhörnchen
streitet oder die Nachbarskinder verflucht, die ihr gegenüber keinerlei Respekt
zeigen. Mit ihrer schroffen Art wurde sie mir bald sympathisch. Ihre
drastischen Handlungen gingen mir manchmal etwas zu weit, bringen aber auch sie
selbst ins Nachdenken.
Die gelegentlichen Besuche von Willows Geschwistern Shed und Lisa geben
Einblicke, wie das Familienleben vor Jahren ausgesehen hat. Doch einen echten
Zugang findet Willow zu beiden nicht und ich konnte gut verstehen, warum sie
immer wieder das Gefühl hat, eine Außenstehende zu sein. Immerhin hat sie ihren
besten Freund Dalton, der ihr jederzeit bereitwillig seine Hilfe anbietet. Doch
mit den Jahren müssen sich die beiden Fragen, ob sie nur Freundschaft verbindet
oder da mehr ist.
Die verschiedenen Szenen konnten mich unterhalten, liefern aber leider
keinerlei Antworten auf die Fragen nach Pollys Vergangenheit. Als es zu einer
von Willow gefürchteten Entwicklung kommt wird der Ton schließlich ernster. Der
Geschichte gelingt es trotzdem, nicht zu dramatisch zu werden. Der letzte Teil
hat mir schließlich am Besten gefallen, denn endlich wird das große Geheimnis
auf einen Schlag gelüftet und ich erhielt ordentlich Stoff zum Nachdenken. Es
kommt zu berührenden, aber auch skurrilen Szenen, die ein schöner Abschluss
sind und das offen lassen, auf das ich vom Buch auch keine Antwort haben
wollte.
Fazit
In „Bittersüß wie Pecannüsse“ lebt Willow in ständiger Angst, dass ihre
Mutter Polly bald sterben könnte. Über mehrere Jahre hinweg werden oft amüsante
und skurrile, aber auch nachdenklich stimmende Episoden erzählt, in denen es um
Pollys Philosophie als Südstaaten-Lady, die Familie und Willows Erwachsenwerden
geht. Willows Suche nach Antworten bezüglich Pollys Geheimnis hat leider nicht
so viel Platz eingenommen hat wie erwartet. Die ungewöhnlichen Charaktere haben
mich mir ihren nicht alltäglichen Weltansichten unterhalten können. Dafür
vergebe ich vier Sterne.