Bereits das Cover des Buchs „Woman in Cabin 10“ von Ruth
Ware nahm mich mit in ein schauriges Setting. Der Blick durch ein
Regenschlieren getrübtes Bullauge zeigt das aufgewühlte Meer. Verbunden mit dem
Untertitel „Es ist ein Mörder auf dem Schiff. Aber niemand glaubt dir“ entstand
noch vor dem Lesen für mich eine bedrückende, aber gleichzeitig knisternde
Atmosphäre. Von Beginn an war ich gespannt, welche Rolle die Titelfigur
einnehmen wird.
Die Journalistin Laura Blacklock, von ihren Freunden kurz Lo
genannt, soll in einer Reportage über eine mehrtägige Fjord-Kreuzfahrt auf einem
kleinen luxuriösen Schiff mit nur zehn Gästekabinen berichten. In den Tagen vor
dem Beginn der Reise wird in ihrer Wohnung nachts eingebrochen. Sie stellt den
Dieb und wird von ihm eingeschlossen. Das Ereignis lässt sie in Folge schlecht
schlafen. In ihrer ersten Nacht auf dem Schiff wacht sie von einem lauten
Platschen auf. Sie hastet auf die Veranda und sieht einen blutigen Streifen auf
der Glasscheibe der Reling der Nachbarkabine. Dadurch ist sie überzeugt, dass
jemand ermordet und über Bord geworfen wurde. Nachdem sie den Vorfall angezeigt
hat, wird allerdings ihre Wahrnehmung in Frage gestellt, denn es wird niemand
vermisst. Aber Lo ist sich sicher, dass es real war, was sie gesehen und gehört
hat. Der Mörder befindet sich also weiter an Bord und jeder ist in Gefahr.
Bereits zu Beginn konstruiert Ruth Ware mit dem Einbruch in
Los Wohnung einen wohl für jeden Leser nächtlichen Alptraum. Die Ich-Erzählerin
Lo übermittelte mir ihre Angst und Nervosität in dieser Situation, so dass ich
sehr gut nachempfinden konnte, wie sie sich fühlte, als sie die besonderen
Geräusche in ihrer Kabine vernahm. Wieder war sie allein und auch ohne
jemanden, dem sie ihre Vermutungen direkt anvertrauen konnte. Sie selbst weiß
auch um diese irreale Lage, macht sich Vorwürfe und denkt darüber nach, wie sie
solche Erlebnisse vermeiden kann. Gerne hätte ich Lo ihre Schilderungen ohne in
Fragestellung abgenommen, aber Ruth Ware versieht den Charakter Lo mit einem
Hang zum Alkohol und der regelmäßigen Einnahmen von Antidepressiva. Das weckt
gewollt Misstrauen. Die Anzahl der Mitreisenden ist überschaubar, so dass sich
miträtseln lässt, wer denn für einen Mord in Frage käme, wenn es denn einen
Mord überhaupt gegeben hat.
Das Buch enthält mehrere Teile. Nach dem zweiten Teils steht
ein kurzer Austausch unter Freunden von Lo, der einige Zeit nach dem vorher
gehenden Cliffhanger abläuft und ich erfuhr, dass die Protagonistin vermisst
wird. Solche Vorgriffe baut die Autorin mehrmals ein und steigert dadurch die
Spannung nochmal, denn dadurch ließ sie mich glauben, dass Lo sich in Gefahr
vor einem potentiellen Täter auf dem Schiff befindet.
„Woman in Cabin 10“ spielt mit unterschwellig vorhandenen
Ängsten. Auch wenn die Suche nach Mordopfer und Täter sich etwas in die Länge
zieht, so ist doch die Spannung von Beginn bis zum Ende sehr hoch und wird
durch einige überraschende Wendungen und einem unerwarteten Schluss nochmal
gesteigert. Die Konstruktion des Thrillers ist gekonnt und ließ mich
mitfiebern. Gerne gebe ich dem Buch eine Empfehlung für Leser des Genres.
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Titel: Woman in Cabin 10
Autor: Ruth Ware
Übersetzer: Stefanie Ochel
Erscheinungsdatum: 27.12.2017
Verlag: dtv (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Klappenbroschur