Moritz und seine Freundin Kristin freuen sich auf ihr erstes Kind, der
Entbindungstermin steht kurz bevor. Doch dann steht Moritz‘ bester Freund
Raffael vor der Tür, den er seit sechzehn Jahren nicht gesehen hat. Es gab eine
Zeit, da waren sie als Motz und Raf unzertrennlich. Sie beide, und Jo. Doch dann
ist etwas passiert. War es von Beginn an eine unausweichliche Konsequenz? Oder doch
nur eine zufällige Entwicklung? Und was heißt das heute für sie?
Die dunklen Farben des Covers machten mich neugierig, welche
Geheimnisse ich wohl entdecken werde, wenn ich einen Blick hinter die
abgebildeten Farne und zwischen die Buchdeckel werfe. Gleich zu Beginn wird
Moritz‘ Leben von einem Moment auf den nächsten auf den Kopf gestellt, als sein
bester Freund nach sechzehn Jahren als Übernachtungsgast vor der Tür steht.
Im Folgenden springt das Buch in die Vergangenheit und erzählt aus der
Perspektive von Moritz‘ Mutter Marie, wie die Freundschaft der beiden begonnen
hat. Marie ist mit ihren beiden Kindern von Wien aufs Land nach Hallein
gezogen, es war zu wenig Platz in der engen Stadtwohnung. Ihr Mann Alexander
hat dort ein Haus von seinen Großeltern geerbt. Hier soll sie auf ihn warten,
bis er mit dem Medizinstudium fertig ist. Sie ist eine Fremde - genau wie
Sabrina, Raffaels Mutter. Und doch sind die beiden ganz verschieden. Moritz und
Raf scheinen sich hingegen gefunden zu haben. Doch da gibt es immer wieder
Momente, die Marie ins Grübeln bringen, wie gut die Freundschaft für Moritz
ist.
Zurück in der Gegenwart lernt man eine weitere Beteiligte kennen: Johanna
lebt in Florenz und muss feststellen, dass Raf gegangen ist. Sie setzt alles
daran, ihn wiederzufinden, wie sie es schon oft getan hat. Indem der Roman regelmäßig
zwischen der Gegenwart und Vergangenheit sowie den Perspektiven von Moritz,
Marie und Johanna wechselt taucht man als Leser immer tiefer ins Geschehen ein
und begreift Stück für Stück, was eigentlich vor sich geht. Das ist zunächst
weder dem Leser noch Moritz klar, als Raffael so urplötzlich in sein Leben
eindringt. Der Autorin gelingt es, mich durch die von ihr gewählten Worte zu
fesseln und die Geschichte gleichzeitig so geschickt zu erzählen, dass ich auf
der Suche nach Antworten unbedingt weiterlesen wollte.
Dunkelgrün fast schwarz ist die Aura, die Raffael umgibt, als er sich
bei Moritz einnistet. Denn Moritz sieht bei jedem Menschen Farben, die ihn
umgeben. Ein wohlgehütetes Geheimnis, das er Raf damals verraten hat. Mit
seinem Verhalten und den Erinnerungen, die er mit sich bringt, reißt er bei Moritz
alte Wunden auf. Wie Johanna ins Bild passt, gilt es herausfinden. Am Ende
steht ein Begreifen, das viele unterschiedliche Gefühle auslöst und die Frage
aufwirft, inwiefern späte Erkenntnis hilft oder schadet. Ein gelungener
Abschluss für dieses ungewöhnliche Buch.
Der Autorin Mareike Fallwicks ist mit „Dunkelgrün fast schwarz“ ein starkes
literarisches Debüt gelungen. Die Geschichte von Motz, Raf und Jo ist alles
andere als eine typische Dreiecksgeschichte. Mit einnehmender Sprache erzählt
sie von einer Freundschaft, die manch einer wohl als verhängnisvoll bezeichnen
würde. Ich kann jedem nur raten, sich auf diese besondere Geschichte
einzulassen und an der Seite der Charaktere die Vergangenheit zu entschlüsseln,
um die Gegenwart zu deuten.