Der Roman mit dem verwegenen Titel „Louis oder Der Ritt auf
der Schildkröte“ ist der erste aus der Feder von Michael Hugentobler. So ein
wenig lässt der Titel bereits ahnen, dass die Geschichte in Richtung Abenteuer
geht. Louis ist der Protagonist des Romans, Louis de Montesanto hat der Autor
seinen Protagonisten mit vollständigem Namen benannt. Das fiktive Leben der
Hauptfigur ist angelehnt an eine reale Person, nämlich an die des Schweizers
Louis de Rougemont. Der Titel steht in Bezug zu einem Foto, das den Louis des
Romans gemeinsam mit einer Schildkröte zwischen den Beinen zeigt, so dass
leicht der Eindruck entsteht, er würde auf ihr reiten. Aber vielleicht hat er
das ja auch.
Geboren wurde Louis als Hans Roth in einem kleinen Dorf in
den Schweizer Bergen Mitte des 19. Jahrhunderts. Sein Vater war Kutscher und
starb vier Jahre nach seiner Geburt. Im Verhältnis zu seinem Kopf war sein
Körper recht klein, so dass er physisch auffiel. Bereits als Kind wurde er verspottet
und daher verließ er seine Heimat mit dreizehn Jahren, um sein Glück in der Fremde
zu suchen. Nach einigen Monaten beim Pfarrer im Tal nahm er dort seinen
Abschied und zog durch die Gegend. Seinen Lebensunterhalt sicherte er mehrere
Jahre lang durch Gelegenheitsjobs. Als er die Schauspielerin und
Schriftstellerin Emma kennen lernt folgt er ihr nach Paris, um ihr den Haushalt
zu führen. Hier wird Hans zu Louis. Das ist jedoch erst der Beginn einer langen
Reise, die ihn nach England, Amerika, Australien und viele weitere Orte der Welt
bringt. Kurz vor der Jahrhundertwende wird er für seine Reiseerzählungen
bekannt und bei einem wichtigen Vortrag in London als Lügner tituliert.
Michael Hugentobler liebt das Reisen und lässt seine
Leidenschaft in seinen Roman einfließen. Mit Louis de Rougemont hat er ein
Vorbild für seinen Protagonisten gefunden, das wenig bekannt, aber überaus
interessant ist. Was von den Geschichten, die der reale Louis erzählte, tatsächlich
wahr ist, bleibt rätselhaft. Für seinen eigenen Louis erfindet der Autor einen
ganz eigenen Ablauf der Erlebnisse, die heldenhaft, verträumt, versponnen und
manchmal auch grotesk sind. Unterbrochen werden die Schilderungen durch einen
Sprung in die 1960er Jahre in der eine Australierin, offensichtlich auf den Spuren
von Hans Roth, die Szene betritt. Diese rätselhafte Gestalt nimmt im Laufe der
Erzählung immer mehr Konturen an. Neben unerwarteten Wendungen im Leben von
Louis sorgt sie für einen geheimnisvollen Touch der Erzählung.
Der Roman zeigt auf, dass die Menschen sich immer schon für
tollkühne, aberwitzige Geschichten besonders interessiert haben, wenn sie gut erzählt
und präsentiert wurden. Dazu reichte das Printmedium der Zeitschrift oder
Zeitung bereits aus, unterstützt von Mund-zu-Mund-Propaganda. Auch die
damaligen Konsequenzen ähneln den heutigen, denn sobald ein vermeintliche Lüge
aufgedeckt wird, echauffieren sich die Gutgläubigen, wenden sich im besten Fall
ab und im schlechteren sorgen sie für weitere Häme des Betroffenen.
„Louis oder der Ritt auf der Schildkröte“ ist das wagemutige Abenteuer eines verwegenen Helden, der seinen Träumen nachgegangen ist und sich
dabei gelegentlich in ihnen verstrickt hat. Der Roman erzählt von der Liebe,
dem Leben eines Freigeistes, nicht ohne dabei die Schattenseiten der
Unabhängigkeit zu vergessen. Ich empfehle den Roman allen Leser, die sich
gedanklich gerne auf ereignisreiche Reisen begeben.
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Titel: Louis oder Der Ritt auf der Schildkröte
Autor: Michael Hugentobler
Erscheinungsdatum: 09.03.2018
Verlag: dtv (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Lesefahne