Donnerstag, 5. April 2018

[Rezension Hanna] Das Geheimnis der Muse - Jessie Burton



London, 1967: Odelle Bastien ist mit großen Hoffnungen von Trinidad nach London gekommen, doch trotz ihrer ausgezeichneten Bildung sehen potentielle Arbeitgeber meist nur ihre schwarze Hautfarbe. Sie arbeitet in einem Schuhgeschäft, bis sie endlich eine Chance erhält: Sie wird am Skelton Institute als Schreibkraft eingestellt. Bei der Hochzeitsfeier ihrer besten Freundin lernt sie Lawrence kennen, dem seine kürzlich verstorbene Mutter nur ein Gemälde vermacht hat. Doch als er dieses Odelles Arbeitgeber zeigt, sorgt das für einige Aufregung.

Andalusien, 1936: Olive ist mit ihren Eltern gerade erst von London in ein Herrenhaus in Südspanien gezogen. Ihr Vater ist als Kunsthändler ständig unterwegs, ihre Mutter psychisch angeschlagen und unberechenbar. Ihre heimliche Leidenschaft ist das Malen, denn in den Augen ihres Vaters können nur Männer Kunst schaffen. In der Haushälterin Teresa findet sie bald eine Freundin, während deren Bruder Olive von der ersten Minute an fasziniert.

Zu Beginn nimmt sich das Buch Zeit, die beiden Protagonistinnen Odelle und Olive ausführlich vorzustellen. Odelle hat es als Einwanderin aus der Karibik im London der 60er trotz der Bildung, die sie genossen hat, nicht einfach. Doch mit Marjorie Quick und der Stelle im Skelton wendet sich das Blatt für sie. Olive hingegen muss sich in einem südspanischen Dorf der 30er einleben, nachdem sie bislang vor allem in Großstädten unterwegs war. Die beiden Handlungsorte stehen im Kontrast zueinander und die Geschichte springt regelmäßig zwischen den Zeitebenen hin und her.

Der Dreh- und Angelpunkt der Geschichte ist ein Gemälde, das Odelles Freund Lawrence zum Skelton Institute bringt. Ist das etwa ein verschollenes Bild von Isaac Robles? Genau diesen lernt Olive kurz nach ihren Eintreffen in Andalusien kennen. Was ist die Geschichte des Bildes, und wie verbindet es die Schicksale von Odelle und Olive? Meine Neugier war geweckt. Auf beiden Zeitebenen taucht man immer tiefer in das Leben der Protagonistinnen ein und erfährt mehr über ihre Wünsche und Ängste. Der Autorin ist es gelungen, die beiden ganz unterschiedlichen Atmosphären einzufangen und in Kontrast zu setzen.

Odelle fühlte ich mich schnell nahe. Sie merkt schon bald, dass ihr Dinge verschwiegen werden und zeigt Entschlusskraft bei ihren Versuchen, Licht ins Dunkel zu bringen. Olive hingegen blieb für mich ein wenig rätselhaft. Mit ihrer egozentrischen Denkweise fällt es ihr schwer, die Konsequenzen ihres Handelns abzusehen. Immer tiefer verstrickt sie sich in Lügen und Geheimnisse, während es politisch brodelt. Der Bürgerkrieg steht kurz bevor, und unter diesen Bedingungen verhält sich Isaac als Objekt ihrer Begierde und Teil ihrer Geheimnisse überhaupt nicht so, wie sie es sich wünschen würde.

Die Situation spitzt sich auf beiden Zeitebenen immer weiter zu. Als Leser erhält man immer mehr Hinweise, die allmählich ein Gesamtbild entstehen lassen. Zu diesem tragen beide Handlungsstränge gleichermaßen bei, was mir gefallen hat. Ich hatte nie das Gefühl, gerade lieber in der anderen Zeit unterwegs sein zu wollen, denn beide waren auf ihre Weise interessant und wichtig, um das Geschehene und dessen Konsequenzen zu begreifen. Alle drängenden Fragen werden schließlich beantwortet und die Geschichte konnte mich bis zum Schluss immer wieder überraschen.

In „Das Geheimnis der Muse“ lernt man zwei ganz unterschiedliche Frauen kennen. Vom London der 60er, in der Odelle ihre Chance als Schreibkraft im Skelton Institute nutzen will, geht es ins schwüle Spanien der 30er kurz vor dem Bürgerkrieg, um an der Seite von Olive mehr über das rätselhafte Gemälde zu erfahren, das am Skelton für Aufregung sorgt. Ein gelungener Roman über Geheimnisse, Leidenschaft und Entschlossenheit mit starken Frauenfiguren, den ich gerne weiterempfehle.


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Das Geheimnis der Muse
Autorin: Jessie Burton
Übersetzer: Peter Knecht
Broschiert: 461 Seiten
Erschienen am 11. März 2018
Verlag: Insel Verlag
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